Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Gemeindemitglieder (Bayern, Sachsen) 53 
  
unterstützung, Einleitung eines Entmündigungs- 
oder Konkursverfahrens (siehe GemO a 13, 
Pf. Gem O a 11). Krankenunterstützung, Not- 
standshilfe, Erziehungsbeiträge, Anstaltspflege 
gebrechlicher Angehöriger und erstattete Unter- 
stützungen schaden nach dem Gv. 4. 4. 10 dem 
Anspruche nicht. 
Auch ohne daß ein Anspruch vorliegt, kann 
die Gem jedem Befähigten das Böürgerrecht auf 
Ansuchen verleihen. 
Die Gem kann von jedem ausfgenommenen 
Bürger eine Aufnahmsgebühr erheben 
und die Wirksamkeit der Verleihung des Bürger- 
rechts von der Bezahlung dieser Gebühr ab- 
hängig machen. Die Gebühr ist durch das Gesetz 
nach oben begrenzt; der Höchstsatz ist für die Gem 
mit mehr als 20 000 Einwohnern 171,43 Mk. 
Für Landesfremde können die Gebührensätze bis 
zum Doppelten erhöht werden. Gewisse befähigte 
Personen sind zum Erwerbe des Bürgerrechtes 
und zur Zahlung der Aufnahmsgebühr auf Auf- 
forderung verpflichtet, nämlich diejenigen, 
welche seit 5 Jahren in der Gem wohnen und 
während dieser Zeit mit direkten Steuern im jähr- 
lichen Gesamtbetrage von 6,86 Mk. in den Gem 
mit über 20 000 Einwohnern und von 5,14 Mk. 
in kleineren Gemeinden angelegt waren. Von 
dieser Verpflichtung gibt es aber Ausnahmen 
(val. a 17 II GemO). Auch haben gemäß a 13 
Gew O Gewerbetreibende, wenn sie zum Bürger- 
rechtserwerbe gezwungen werden, keine Auf- 
nahmsgebühr zu entrichten, es sei denn, daß sie 
neben der Gewerbesteuer noch mit einer anderen 
Steuer von entsprechender Größe angelegt sind. 
Das Bürgerrecht geht mit dem Verluste der 
Befähigung zum Erwerbe des Bürgerrechts ver- 
loren, falls nicht einer der Fälle gegeben ist, die 
trotz mangelnder Befähigung Bürgerrechtserwerb 
zulassen (s. oben). Insbesondere geht also das 
Bürgerrecht in der Regel durch Aenderung des 
Wohnortes verloren. — Ein Verzicht auf das 
Bürgerrecht ist unzulässig. 
II. In der Pfralz ist derjenige kraft Gesetzes 
Bürger, der in der Gem „heimatberechtigt“ ist, 
wenn er befähigt ist (s. oben). Das Bürger- 
recht erlischt aber nicht mit dem Wegfalle seiner 
Voraussetzungen, sondern nur mit dem Verlust 
der Heimat. Doch ruht die Ausübung des Bürger- 
rechts, solange der Bürger nicht in der Gem 
wohnt, nicht mehr in ihr mit einer direkten Steuer 
angelegt ist, nicht mehr selbständig ist. Personen, 
die in einer rechtsrheinischen Gem beheimatet 
sind, haben in der Pfalz hinsichtlich des Bürger- 
rechts Anspruch und Pflicht (unter Entrichtung 
der Heimatgebühr) unter den gleichen Voraus- 
setzungen, unter welchen sie Anspruch und Pflicht 
nach rechtsrheinischem Rechte besitzen. 
Streitigkeiten über den Besitz des 
Bürgerrechtes, also auch über die Gültigkeit der 
Verleihung, das Vorhandensein ihrer Voraus- 
setzungen, dann über das Recht und die Pflicht 
zur Erwerbung des Bürgerrechts, über den Ver- 
lust desselben, sowie über die aus dem Bürgerrecht 
sich ableitenden Rechte und Pflichten sind Ver- 
waltungsrechtssachen. 
III. Das Ehrenbürgerrecht kann voll- 
jährigen, selbsrändigen Männern verliehen werden; 
es begründet jedoch weder die Rechte noch die 
  
  
Der Ausdruck „Forensen“ ist den Gesetzen 
fremd, a 25 (18 Pf?GO) legt Personen, die 
in der Gem begütert sind, ohne in ihr zu wohnen, 
die Pflicht auf einen bevollmächtigten Einwoh- 
ner zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aufzu- 
stellen, wenn es die Gem verlangt. 
Kutzer. 
Sachsen 
Der Kreis der Gem Mitglieder deckt sich nicht 
mit dem der Einwohner. Er ist teils weiter, teils 
enger. Es gehören zu ihm 1) alle physischen Per- 
sonen, die selbständig sind und außerdem entweder 
im Stadtbezirke wesentlich wohnhaft sind oder ein 
Grundstück besitzen oder ein selbständiges Gewerbe 
betreiben. Mitglieder des Königshauses werden 
Gem Mitglieder von Städten nur durch den 
Besitz von Grundstücken. Ueber den Begriff der 
„Selbständigkeit“ gibt das Gesetz keine Auskunft. 
Nach O G 11. 7. 03 (Jahrb 4, 335) ist als selb- 
ständig anzusehen jede vollgeschäftsfähige Person 
(i. S,. des BG) die über sich frei verfügen kann. 
Daß sie in einem auf längere Zeit berechneten 
Arbeitsverhältnis steht, wird nicht verlangt. 
Ebensowenig braucht sie einen eigenen Hausstand 
zu haben (auch „Schlafburschen“ können selbstän- 
dig sein). Das Erfordernis des „Wohnsitzes“ er- 
fährt durch den Zusatz „wesentlich" nach O- 
14. 1. 04 (Jahrb 5, 171) keine Verschärfung, ver- 
trägt sich also mit dem Vorhandensein noch an- 
derer Wohnsitze derselben Person. Unter dem „Be- 
sitzer" eines Grundstückes verstehen die Gem-O 
den Eigentümer. 2) Die juristischen Personen, 
die im Gem Bezirke Sitz oder Niederlassung haben; 
ausgenommen sind der Staatsfiskus sowie ge- 
meinnützige Stiftungen und Vereine, sofern sie 
weder ein Gewerbe betreiben noch ansässig sind. 
Die Mitglieder der Land Gem (mit Ausnahme 
Angehöriger des Kgl Hauses und juristischer Per- 
sonen) haben sich beim Einzug in die Gem oder 
sobald sie zu letzterer in das Verhältnis der Mit- 
gliedschaft treten, beim Gem Vorstand zu melden 
und sind von diesem zu verpflichten. 
In den Städten sondert sich aus dem Kreise 
der Gem Mitglieder eine engere Gruppe Gem An- 
gehöriger aus: die Bürgerschaft. Die Auf- 
nahme als Bürger erfolgt durch besonderen Akt. 
Der Aufzunehmende gelobt mittels Handschlags, 
die ihm als Bürger obliegenden Pflichten zu er- 
füllen, der Obrigkeit gehorsam zu sein und der 
Stadt Bestes nach Kräften zu fördern. Darauf 
erteilt ihm der Stadtrat das Bürgerrecht und 
händigt ihm hierüber eine Urkunde (den Bürger- 
brief) aus. Mitglieder des Königshauses sind von 
dem Bürgergelöbnisse entbunden. An Sporteln. 
dürfen höchstens 3 Mk. (ausschließlich barer Ver- 
läge) erhoben werden. Oeffentliche Beamte, 
Gceistliche und Lehrer, die das Bürgerrecht er- 
werben müssen (s. unten), sind von Sporteln 
und Auslagen befreit. Sind mit dem Bürger- 
rechte besondere nutzbare Berechtigungen verbun- 
den, so hat der Ausfzunehmende die Wahl zwischen 
Verzicht auf diese Berechtigungen und der Zah- 
lung eincs statutarisch festzustellenden Einkaufs- 
geldes. 
Der Erwerb des Bürgerrechtes ist freiwillig 
oder notwendig. Berechtigt zum Erwerbe 
Pflichten der Bürger (a 24 GemO, a17 PfGO).C sind alle Gen Mitglieder, die sächsische Staats-
	        
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