Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

durch die Regierungen macht internationalrechtlich 
den Beschluß. 
Eine Revision der G von beiden Teilen ge- 
meinschaftlich in regelmäßigen Zeiträumen ist 
zuweilen vereinbart: u. a. Preußen-Oesterreich Vt 
v. 9. 2. 69 a 22 von 10 zu 10 Jahren für die LG 
zwischen Schlesien und Böhmen; Sachsen-Oester- 
reich (1848, 1881) alljährlich von den beiderseitigen 
Gemeindevorständen; Begehung alle 2 Jahre für 
die G Sachsens gegen Preußen, Bayern, Sach- 
sen-Weimar, Sachsen-Altenburg und Reuß j. L. 
(Reg 1854); Baden-Frankreich (Elsaß-Lothringen) 
RheinGVt v. 5. 4. 40 a 3 (alljährlich). Würt- 
temberg hat mit den angrenzenden Staaten in 
2 oder 6 jährigen Zwischenräumen GBegehungen 
vereinbart, Hessen auch mit Bayern und Baden. 
IV. Schutz der Grenzzeichen: St GB 
# 135, 103 a, 274 Ziff. 2, 370 Ziff. 1. 
V. Grenzbehörden (Landeshoheitsbe- 
hörden): in Preußen der Reg Präsident (5 13 
V v. 30. 4. 1815, + 2 Reg Instr v. 23. 10. 1817), 
in Bayern die Kreisregierungen (Kammer des 
Innern), in höherer Instanz der Min Inn, u. U. 
im Einvernehmen mit dem Min Ausw. Angel., 
in Sachsen das Min Inn und die Amtshauptmann- 
schaften, in Württemberg das Min Inn und die 
Kreisregierungen, in Baden das Min d. großh. 
Hauses und der Ausw. Angel., in Hessen der 
Staats Min, in Elsaß-Lothringen das Min, Abt. d. 
Innern und die nachgeordneten Behörden der 
allgem. Landesverwaltung. 
+ 3. Grenzgewässer. 
I. Als Grenzlinie wird bei einem nicht 
schiffbaren Flusse die Mittellinie längs des 
Laufes angenommen. Bei schiffbaren Flüssen hat 
das Streben gleichmäßiger Ausnutzbarkeit in einer 
Zeit, die den Nutzen des Flusses mit der Schiffahrt 
identifizierte, zu der Verlegung der G in den 
„Thalweg" geführt. Seit dem Frieden von 
Luneville v. 9. 2. 1801 a VI wird diese Abgrenzung 
üblich; sie versteht sich aber keineswegs von selbst 
(zutreffend Ullmann, a. M. häufig, z. B. Ratzel, 
Politische Geographie Nr. 355), mit dem Fort- 
schreiten in der Ausnutzbarkeit der Wasserkraft 
weniger noch als zuvor (vgl. auch OV0) 6, 98). 
Der „Thalweg“ ist der für den Schiffsverkehr zu 
Tale bei niederem Wasserstande geeignetste Raum; 
er ist natürlicher Veränderung unterworfen. 
Dem trägt z. B. der Rhein.- Gt zwischen Baden und 
Frankreich v. 5. 4. 40 (Abdruck bei Schenkel, Das badische 
Wasserrecht", 1902, 725) in bemerkenswerter Weise Rech- 
nung, indem er „Zweierlei Grenzlinien“ bestimmt: der 
„Talweg“ zur Scheidung der Hoheitsrechte, dessen Lage 
alljährlich im Oktober gemeinschaftlich neu festzustellen und 
längs der User durch Inschriften mit dem Jahre der Unter- 
suchung zu bezeichnen ist: hier liegt die G für „die Anwen- 
dung der Zivil. und Kriminalgesetze sowie die Ausübung 
aller Zweige der öffentlichen Verwaltung“ (a 4) — die 
„Banngrenge" zur Scheidung des staatlichen und kommuna- 
len Eigentums, gobildel durch eine Reihe zusammenhängen- 
der, in ihrer Lage unveränderlicher Linien (a 1, 6, 9). Diese 
Reaclung ist ein Notbehelf, um den Nachteil der Veränder- 
lichkeit der Talwegsgrenze auszugleichen. 
Daß die G aus politischen Gründen zuweilen 
an das eine Ufer gelegt wird, wiewohl es für die 
Regel nicht zweckentsprechend sein wird, zeigt z. B. 
der Aueschluß Deutsch-Südwestafrikas von dem 
Oranjofluß als Südgrenze (Abk. v. 1. 7. 90 a 1II). 
Veränderungen des Flußlaufes 
Landesgrenze (Gewässer) 
  
707 
— — — — — — — 
—— — — 
— F — — A—3 
bedeuten für die Regel nicht deshalb schon eine 
Verschiebung, sondern eine Verdunkelung der G. 
Es empfiehlt sich jedoch eine GAenderung (Ge- 
bietsaustausch), die dem neuen Laufe folgt. Nach 
dem Vt zwischen Oesterreich und der Schweiz v. 
30. 12. 92 über die Regulierung des Rheins vor 
der Einmündung in den Bodensee (Fußacher 
Durchstich) ist trotz (loder wegen) der erheblichen 
Aenderung des Flußbettes an der G— Mitte des 
alten Rheinstromes — nichts geändert worden. 
Seen an der Gbieten zwar einen erwünschten 
Besitz, aber bei ihren unregelmäßigen Uferlinien 
eine nicht klare natürliche Begrenzung. Für den 
Genfer See ist eine Mittellinie durch Schiedsver- 
trag schon von 1564 festgelegt; wegen des Boden- 
sees vgl. oben I S 484. Göz 13, Walz 11, 
neuestens für die G durch den Kiwusee in Ost- 
8 Vt mit Belgien v. 11. 8. 10 (RGBl 11, 
77). 
Auf den Inseln verläuft die G in der un- 
mittelbaren Fortsetzung der GLinien im Wasser 
(vgl. noch a 4 des Anhangs z. Abgrenzungs Vt 
zwischen Kamerun und Franz.-Kongo v. 18. 4. 08, 
KBl 417). 
Bei Brücken ist die Mitte als G anzusehen 
(z. B. Vt zwischen Preußen und Rußland v. 21./9. 
1. 1881, Sten. Ber. Herrenhaus 1911, Nr. 27). 
II. Mit der Steigerung im Verwerten der 
Wasserkraft über Schiffahrt und Fischerei hinaus 
namentlich zur Triebkraft für Wasserwerke, hat sich 
ein Widerstreit in den Interessen der benachbarten 
Staaten herausgestellt, und zwar nicht minder 
bei Grenzflüssen als im GGebiete bei 
Durchgangsflüssen, und ohne Rücksicht 
auf ihre Schiffbarkeit. Schmälerung oder gar Ent- 
ziehung der Wassernutzung hat “me#i in der 
Schweiz wiederholt zu Konflikten zwischen den 
einzelnen Kantonen geführt (z. B. zwischen Schaff- 
hausen und Zürich: Hotelindustrie contra Wasser- 
nutzung für industrielle Zwecke). Aber auch für 
deutsche Staaten sind Schwierigkeiten (Thüringen, 
vgl. Vt zwischen Weimar und Meiningen v. 8. 1. 
1912, a 16) und Streitfälle nicht ausgeblieben; so 
infolge Einführung von Abwässern (Ralilange!) 
auf Seite des oberliegenden Staates. 
Zwei Streitfälle haben ein allgemeines 
politisches und wirtschaftlich ein nicht geringes 
Interesse erlangt: 
1) Die Donauversinkungen: Auf der Strecke 
von Immendingen (Baden) bis Tuttlingen Württem-. 
bergo) schwindet in den trockenen Monaten regelmäßig das 
Wasser: wirtschaftliche Verluste, gesundheitliche Uebel- 
stände. Von Tuttlingen abwärts erhält das Flußbett neue 
Zuflüsse. Bei Fridingen aber (kurz vor dem Austritt der 
Donau aus Württemberg ins Vadische) wiederholt sich der 
Vorgang des Wasserverschwindens. Untersuchungen durch 
Versalzung und Färbung haben ein Abziehen der Donau 
D südwärts in das gesällreichere rheinische Cberflächengebiet 
ergeben, wo sie dem Flüßchen Aach (Baden) zuströmt, das 
unweit Radolfgell in den Bodensce (Untersee) mündet. In- 
solge dleses Wasserzuwachses hat sich an der Aach einc be- 
trächtliche Industrie entwickelt. Der Versuch oder der 
Wunsch, durch Verbauen der Gebirgespalten und Höhlen 
den Abfluß zu hemmen, sließ auf den Widerspruch der In- 
teressenten in Baden. Seit Jahren wiederholte Verhand- 
lungen zwischen den Regierungen haben noch zu keinem 
Zicele ge führt. 
Kartenstizze in der Beilage zum Staatsanzeiger für 
Würtiemberg v. 27. 4. 08 und bei Endriß, Grundlegende 
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