62 Gemeinde (III.
Organisation)
gange durch Stimmzettel von weißem Papier
ohne Kennzeichen. Ueber die Gültigkeit der
Stimmzettel entscheidet vorläufig der Wahl-
vorstand. Alle Stimmzettel sind dem Wahlpro-
tokoll beizufügen und bis zur rechtskräftigen Ent-
scheidung über etwaige Einsprüche aufzubewahren.
Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der gültigen
Stimmen erhalten hat. Für eine etwa erforder-
liche zweite Abstimmung werden die 2 resp. von
mehr als 2 Meistgewählten mit gleicher Stimmen-
zahl diejenigen auf die engere Wahl gebracht, die
das vom Vorsitzenden zu ziehende Los bestimmt.
Jetzt sind auch solche Stimmzettel ungültig, die
den Namen eines nicht zur engeren Wahl Stehen-
den enthalten, und als gewählt ist zu betrachten,
wer die meisten Stimmen erhalten hat; bei Stim-
mengleichheit entscheidet das Los. Die Gewählten
müssen sich auf Aufforderung des Vorsitzenden
binnen einer Woche über die Annahme der Wahl
erklären, widrigenfalls angenommen wird, daß
sie sie ablehnen.
Sie bedürfen sodann der Bestätigung,
die für Land Gem und die rh. Städte unter 10 000
Einwohnern der Ausfsichtsbehörde und für die grö-
ßeren rh. Städte dem Könige zusteht. Die Bestäti-
gung kann für die Land Gem und zwar selbst dann,
wenn es sich lediglich um formelle Verfahrens-
mängel handelt, nur unter Zustimmung des
Kreisausschusses versagt werden, die ev. durch den
Reg Präsidenten ergänzt werden kann. Gegen
die Versagung steht dem Wahlkörper binnen 2
Wochen die Beschwerde an den dann endgültig
entscheidenden Bezirksausschuß (LV v. 30. 7. 83
* 121 Abs 3), bezw. in H-N. und Hoh. den Reg Prä-
sidenten zu. Wird die Bestätigung versagt, so
findet eine Neuwahl statt. Wird auch diese nicht
bestätigt, oder kommt sie überhaupt nicht zustande,
so ernennt der Landrat unter Zustimmung des
Kreisausschusses einen Stellvertreter und zwar
in Ha. für die volle Amtsperiode, in den übrigen
Provinzen auf solange, bis eine erneute Wahl
die Bestätigung erlangt hat. In den rh. Städten
steht in diesen Fällen und auch dann, wenn die
St WV den nach der ersten Wahl nicht Bestätig-
ten wiederwählt, dem Könige bezw. dem Reg-
Präsidenten das Recht zu, seinerseits eine geeig-
nete Persönlichkeit, jedoch höchstens auf 12 Jahre,
zu ernennen. Die Gewählten werden vor ihrem
Amtsantritt vereidigt und zwar in den Land Gem
durch den Landrat (O.: oder in seinem Auftrage
durch den Amtsvorsteher bezw. Distriktskommis-
sar), in den rh. Städten die Beigeordneten durch
den BM und dieser durch den Reg Präsidenten
oder dessen Stellvertreter.
Der Einzelvorstand und seine Schöffen bezw.
Beigeordneten bilden kein Kollegium, vielmehr
ist es allein der erstere, der an der Spitze der Ver-
waltung steht und von den letzteren lediglich in
seinen Amtsgeschäften unterstützt, im Behinde-
rungsfalle aber vertreten wird. Nach LGO Rh.,
W. und Ha. ist dies die einzig zulässige Organisa-
tionsform überhaupt. In O. und S.-H. lann dage-
gen durch Ortsstatut auch ein aus Gem Vorsteher
und Schöffen zusammengesetzter kollegiali-
scher Gem Vorstand einge führt werden, und in
H-N. und Hoh. ist ein solcher „Gemeinderat" für
Gem von mehr als 500 bezw. 300 Einwohnern
sogar gesetzlich vorgeschrieben, während er in den
kleineren Gem gleichfalls durch Ortsstatut einge-
führt werden kann. In letzterem Falle besteht
der GemRat aus dem BM, einem Beigeordneten
als dessen Stellvertreter und 2 Schöffen, während
im gesetzlich vorgeschriebenen Gem Rat die Zahl
der Schöffen 3 (H-N.: in Gem von nicht mehr als
2500 Einwohnern; Hoh.: in den Land Gem)
bezw. 5 (H-N.: in den größeren Gem; Hoh.: in
den Städten) betragen muß. Von der Bildung
des gesetzlich vorgeschriebenen Gem Rats kann
übrigens mit Zustimmung des Kreisausschusses
abgesehen werden, wenn die Gem Vertretung nach
zweimaliger, mit einem Zwischenraum von 8
Tagen vorgenommener Beratung darauf anträgt.
Dem kollegialischen Gem Vorstande können in O.
und S-H. durch Ortsstatut bestimmte Befugnisse
des sonst berufenen Gem Vorstehers übertragen
werden. In H-N. und Hoh. ist das durch Gesetz
geschehen. Seine Beschlüsse werden nach Stim-
menmehrheit und unter Teilnahme von minde-
stens 3 Mitgliedern gefaßt, wobei im Falle der
Stimmengleichheit der Vorsitzende den Ausschlag
gibt. Ueber die Vertretung des Letzteren hat in
O. und S-H. das Ortsstatut Bestimmungen zu
treffen, in H-N. und Hoh. entscheidet die Reihen-
folge des Dienst= und ev. des Lebensalters. In-
teressenkollision wird für vorliegend angesehen,
wenn ein Verhandlungsgegenstand ein Mitglied
selbst oder in O. und S-H. dessen Verwandte und
Verschwägerte in auf= und absteigender Linie oder
bis zum 3. Grade der Seitenlinie, in H-N. und
Hoh. seine Ehefrau, seine Schwester, oder solche
Verwandte und Verschwägerte betrifft, die mit
ihm zugleich nicht dem GemRate angehören dür-
fen. In allen diesen Fällen darf das betr. Mit-
glied bei der Beratung und Entscheidung nicht
mitwirken. Ist das Kollegium aus diesem Grunde
oder in einer zweiten über denselben Gegenstand
einberufenen Sitzung abermals beschlußunfähig,
so entscheidet der Gem Vorsteher allein. Alle in
hat der BM in H-N. und Hoh. auch zu beschließen,
wenn die Beschlußfassung durch den Gemat
einen nachteiligen Zeitverlust verursachen würde,
doch muß er dann dem Gemat in der nächsten
Sitzung behufs Bestätigung oder anderweiter
Beschlußfassung Bericht erstatten. In diesen bei-
den Provinzen ist ferner vorgesehen, daß der
BM in allen Fällen, in denen ein Beschluß des
Gem Rates das Gem Wohl oder -Interesse erheb-
lich verletzt, die Ausführung des Beschlusses aus-
setzt und beim Beharren des Kollegiums die
Entscheidung des Kreisausschusses einholt. Ver-
schieden hiervon ist die formelle Beanstan-
dung von Beschlüssen, die die Befugnisse des
Kollegiums überschreiten oder die Gesetze ver-
letzen. Sie erfolgt mit aufschicbender Wirkung
unter Angabe der Gründe im Wege der Verfü-
gung, die mit der Klage im Verwtreitverfahren
anfechtbar ist. Zur Beanstandung aus diesen
beiden Gründen ist der Gem Vorsteher in allen
Provinzen verpflichtet, eventuell kann er dazu
von der Aufsichtsbehörde angehalten werden.
Aus anderen Gründen eine Beanstandung von Be-
schlüssen herbeizuführen, ist die Aufsichtsbehörde
nicht befugt. Doch hat sie zu beschließen — und
zwar ist der Kreisausschuß zuständig — wenn
sonst Meinungsverschiedenheiten
zwischen dem Gem Vorsteher und dem kollegiali=
schen Gem Vorstande entstehen und vor sie ge-
bracht werden (ZustG## 29 und 33). Daß der