Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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III. Alle diese Institute, deren Statuten übrigens 
durch zahlreiche Nachträge und Zusätze vielfach 
geändert sind, gewähren den ihnen angehören- 
den Grundbesitzern Amortisationsdarlehen bis zu 
einem bestimmten Taxwert des zu verpfändenden 
Gutes und zwar der Regel nach in Pfandbriefen, 
deren Verwertung sie dem Schuldner überlassen, 
einige aber auch in barem Gelde (so die hannover- 
schen Institute). Die von den preußischen Land- 
schaften ausgegebenen Pfandbriefe waren ur- 
sprünglich Hypothekeninstrumente, welche zwar 
auf den Inhaber lauteten, aber einzeln nach Num- 
mer und Betrag auf das beliehene Gut einge- 
tragen waren, im Texte den Namen des Gutes 
enthielten und also ein unmittelbares Schuldver- 
hältnis zwischen dem Pfandbriefbesitzer und dem 
Eigentümer des bepfandbrieften Gutes herstellten. 
Diese sog. alten Pfandbriefe werden nicht 
mehr ausgegeben. An ihre Stelle ist allgemein das 
System der „neuen“ Pfandbriefe getreten. 
Bei diesen erhält der Gläubiger in dem Pfand- 
briefe nicht ein auf ein bestimmtes Gut lautendes 
Hypothekeninstrument, sondern eine Schuldver- 
schreibung der Landschaft, für deren Sicherheit die 
Gesamtheit der der Landschaft zustehenden Hypo- 
thekenforderungen und das sonstige landschaftliche 
Vermögen haftet. Durch entsprechende Einrich- 
tungen ist dafür gesorgt, daß die Landschaft nicht 
mehr Pfandbriefe ausgibt, als sie an Hypotheken- 
forderungen in Besitz hat. Zur vermehrten Sicher- 
heit der Pfandbriefe dient einmal die fortschrei- 
tende Amortisation — da hierdurch die Bonität 
des nicht getilgten Teils der Hypothek wächst — 
dann die bei den meisten Landschaften vorhan- 
denen eigentümlichen Fonds, Reservefonds usw., 
endlich die bei den meisten alten Landschaften 
geltende Generalgarantie, d. h. die subsidiäre Haft- 
barkeit aller der Landschaft zugehörigen Grund- 
besitzer, auch derjenigen, welche keine Pfandbriefe 
aufgenommen haben. Diese Generalgarantie fällt 
bei den neueren Landschaften fort, dafür ist bei 
mehreren der Schuldner verpflichtet, im Be- 
darfsfalle Nachschüsse bis zu einem bestimmten 
Prozentsatze seiner Schuld zu entrichten. 
Die alten Landschaften waren nur für den 
ständischen Grundbesitz, d. h. die mit Ritterguts- 
qualität versehenen Güter bestimmt. Sie haben 
aber im Laufe der Zeit sämtlich ihren Geschäfts- 
betrieb auf die übrigen ländlichen Besitzungen, 
namentlich den bäuerlichen Besitz aus- 
gedehnt, und zwar entweder direkt durch In- 
korporation dieser Besitzungen und Herabsetzung 
des beleihbaren Mindestwertes (Ostpreußen) oder 
durch Gründung selbständiger, unter Mitverwal- 
tung der alten Landschaften stehender, bäuerlicher 
Landschaften (Westpreußen, Brandenburg, Pom- 
mern) oder endlich in der Weise, daß die Landschaft 
auch für die bäuerlichen Besitzungen den Pfand- 
briefskredit vermittelt, ohne aber die Besitzer als 
gleichberechtigt in den eigentlichen Verband aufzu- 
nehmen (Schlesien). Die Posener und die übrigen 
neuen Landschaften haben von vornherein die 
bäuerlichen Besitzungen in den Kreis der beitritts- 
berechtigten Grundstücke mit aufgenommen. Die 
derzeitigen Grenzen des von den einzelnen Land- 
schaften beleihbaren Minimalwerts bewegen sich 
zwischen 75 und 100 Mk. Grundsteuerreineitrag I. 
Ein bedeutungsvoller Vorzug ist die den landschaftlichen 
Pfandbriefen gesetzlich zustchende Mündoelsicherheit 
Landwirtschaft (B. Kreditwesen [Landschaften!) 
  
  
(a 74 Nr. 3 Ac z. BGB). Durch das BGn und die Neben- 
gesetze sind die Vorrechte der Landschaften nicht berührt 
worden (vgl. a 167 EG z. BGB), wie auch sonst bie Reichs- 
gesetzgebung den Besonderheiten des Pfandbriefkredits 
Rechnung getragen hat (val. z. B. 1 1115 Abs 2 BGB). 
Nur der 12 Abs 2 des EG z. R über die Zwangsversteige- 
rung v. 24. 3. 99 enthält eine (unwesentliche) Einschränkung. 
IV. Die unter Ziff. II aufgezählten Landschaften 
haben eine öffentlichrechtliche Stellung. 
Ihre VerwOrgane haben den Charakter öffentlicher 
Behörden, ihre Beamten sind mittelbare Staats- 
beamte und als solche dem Disziplinar Gv. 21.7. 52 
unterworfen. Ihnen sind gewisse staatliche Funktio- 
nen übertragen, so die Ausstellung von Unschädlich- 
keitsattesten bei landschaftlich beliehenen Gütern 
(G v. 3. 3. 50 5 1; G v. 27. 6. 61 § 2) und die 
Festsetzung von Lehenstaxen. Die den älteren 
Landschaften nach ihren Reglements zustehenden 
Befugnisse in bezug auf die Zwangsvollstreckung 
und Zwangsverwaltung der bepfandbrieften Güter 
sind durch die neuere Gesetzgebung größtenteils 
aufrecht erhalten und auch den neueren Instituten 
zugänglich gemacht, und zwar durch das preußische 
Gv. 3. 8. 97, das durch das A# zum R, betr. 
Aenderungen der 8P, v. 22. 9. 99 a 5 und 
durch das AS zum R über die Zwangsver- 
steigerung v. 23. 9. 99 a 12 in einigen Einzelheiten 
geändert ist. 
Nach diesem Gesetze, das allen bis 1. 1. 00 begrünbeten 
öffentlichen Landschaften zugute kommt, kann für eine Land- 
schaft mit landesherrlicher Genehmigung durch die Satzung 
bestimmt werden, daß der Anstalt das Recht der Zwangsvoll- 
streckung in das bewegliche Vermögen und der Zwangsver- 
waltung zusteht, daß ein von ihr gestellter Antrag auf Zwangs- 
versteigerung den vollstreckbaren Schuldtitel ersetzt und daß 
sie im Falle der Devastation an Stelle des Gerichts den Arrest 
in das bewegliche Bermögen des Schuldners oder die 
Zwangsverwaltung in das Grundstück vollzichen kann. 
Ferner kann im Statute bestimmt werden, daß aus den von 
dem Syndikus ausgenommenen urkunden die gerichtliche 
Zwangsvollstreckung stattfindet. 
Die Verfassung der Landschaften beruht 
auf einer streng durchgeführten Selbstverwaltung, 
die Beamten und Organe werden, abgesehen von 
den Syndizis und dem Bureaupersonal, nur aus 
den Kreisen der Grundbesitzer entnommen, von 
den Kreditverbänden gewählt und vom Könige 
resp. dem zuständigen Min Landw (AE v. 10. 4. 74, 
GS 310) bestätigt. Nur bei der Posener Landschaft 
werden die Direktionsbeamten staatlich ernannt. 
An der Spitze der Institute steht eine kollegialische 
Behörde unter dem Namen „General-Landschafts- 
direktion", Haupt-Ritterschaftsdirektion. Diese lei- 
tet, unter der oberen Aufsicht des königlichen Kom- 
missarius (regelmäßig der Oberpräsident der be- 
treffenden Provinz) die Verwaltung des Instituts. 
Ihre Mitglieder heißen Landschaftsräte, Ritter- 
schaftsräte, in Schlesien Landesälteste. Bei den 
meisten älteren Landschaften, so besonders in Schle- 
sien, Pommern, Brandenburg, Westpreußen zer- 
fällt die Gesamtlandschaft in Unterverbände — 
FJürstentumslandschaften, Landschaftsdepartements 
— an deren Spitze Landschaftsdirektionen (Ritter- 
schaftsdirektionen) stehen, welche mit mehr oder 
minder großer Selbständigkeit gegenüber der Haupt- 
direktion die eigentliche Geschäftsführung be- 
sorgen. Bei der Posener und ostpreußischen 
Landschaft besteht eine solche Einteilung nicht 
und ist die Verwaltung zentralisiert, ebenso
	        
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