Landwirtschaft (B. Kreditwesen: Sachsen)
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ändert und dient, soweit er mehr beträgt als der
Zins der Restschuld, zur Tilgung (über Ermäßi-
gungen und Erhöhungen dieser Sätze s. a 6 II—V).
Zur Sicherung ist Hypothek auf land= oder forst-
wirtschaftlich benutzbarem Grundbesitz an erster
Stelle und innerhalb der ersten Werthälfte zu er-
richten (a 7). Die Kulturrente kann auch als ab-
lösbare Reallast übernommen und unter denselben
Sicherungen im Hypothekenbuch eingetragen wer-
den. Bei Besitzveränderungen haftet dann der
Erwerber für Rückstände. Ablösung binnen 6 Mo-
naten kann gefordert werden in den Fällen des
a 5 Ziff. 1, 2 und wenn ohne Einwilligung der
Anstaltsverwaltung und ohne gerichtliche Fest-
stellung der Unschädlichkeit vom belasteten Besitze
Ein Grundstüc oder Realrecht abgetrennt worden
ist (a 8).
Gemeinden können Darlehen ohne Sicherheits-
bestellung erhalten. Be= und Entwässerungsge-
nossenschaften (Wasser-G v. 27. 3. 07) sowie Unter-
nehmungen auf Grund des Flurbereinigungs G
IVI oder des a 55 Abs 2 der diesrh. Gem O (a 40
d. pf. GmO) haben in der Regel das Darlehen in
28 Jahren mittels jährlicher Tilgungszuschläge
von, mindestens 20% (neben dem Zins) abzutragen
(a 9).
Darlehnsgesuche werden von der Distriktsver-
waltungsbehörde instruiert und von der Landes-
kultur-Rentenkommission beschieden. Die Dar-
lehnsauszahlung erfolgt bei größeren Summen in
der Regel ratenweise mit dem Fortschreiten der
Arbeiten und stets erst nach bestellter Sicherheit
(a 10—12).
Das Darlehen darf nur für den Zweck ver-
wandt werden, für den es bewilligt ist. Die aus-
geführte Anlage ist in gutem Stande zu erhalten.
Bei nicht planmäßiger Verwendung der Darlehns-
gelder kann die Kommission die Auszahlung weiterer
Teilbeträge einstellen oder von Bedingungen ab-
hängig machen. Der Anspruch auf noch nicht aus-
bezahlte Teilbeträge kann nur mit dem Grund-
stücke, auf welchem das Unternehmen ausge führt
werden soll, veräußert werden (a 13). Besondere
Vorschriften enthält das Gesetz (a 14—22) für
Darlehensgewährung zu Kleinwohnungsbauten;
als solche werden in der Regel nur Bauten erachtet,
in denen die selbständigen Einzelwohnungen nicht
mehr als 3 Zimmer nebst Küche und Zubehör
umfassen.
Die Kulturrenten werden durch die Rentämter
eingehoben, welchen das Vollstreckungsrecht zusteht
(a 23).
Der Schuldner kann nach vorgängiger drei-
monatlicher Kündigung das Darlehen bezw. die
Realrente früher ganz oder teilweise, bar oder in
Rentenscheinen zum Nennwerte zurückzahlen bezw.
ablösen (a 24—27). Berechnungstabellen für
Tilgung von Restschulden und Ablösung von Kul-
turrenten s. GBBl 1883, 237; 1886, 195.
Ueber Gebühren (Gebührenfreiheit !) und Kosten
a 31. Soweit die Kulturrenten und Rückzahlungen,
sowie der Reservefonds zur Verzinsung und Til-
gung der ausgegebenen Rentenscheine nicht zu-
reichen, sowie für die Kosten der Anstaltsverwal-
tung sind die erforderlichen Zuschüsse aus der
Staatskasse zu leisten (a 31).
Ende 1907 belief sich der Betrag der ausge-
gebenen Landeskultur-Rentenscheine auf 22722500
Mark (Rückzahlungen, Verlosungen, 468 400 Mk.),
der Jahresbedarf für neue Darlehen beträgt z. Z.
rund 7½ Mill. Mk. Die Anstalt hat namentlich
auf landwirtschaftliche Bodenverbesserungen, unter
Mitwirkung der Kulturtechniker, günstig eingewirkt.
Literatur: Voal die vom Staats-Min Inn heraus-
gegebenen Denkschriften über die Landwirtschaft in Bayern,
München 1890, 1897, 1903, und das landw. Jahrb. f.
Bayern 1911 S. 515 ff.; Erläuterungen zu dem Gesete
von 1884 von Haag, Windstosser (1884).
M. v. Seydel- J. Graßzmann.
3. Sachsen (Landeskulturrentenbank)
Seit 1861 besteht eine staatliche L., die unter
Staatsgarantie Anlagekapital zu Unternehmungen
für Landeskulturzwecke beschafft und darleiht.
Diese Zwecke sind zur Zeit: die Ausführung von
genossenschaftlichen Wasserlaufsberichtigungen (#
v. 15. 8. 55, jetzt Wassergesetz v. 12. 3. 09) und
von Entwässerungs= und Bewässerungsanlagen
für landwirtschaftlich benutzte Grundstücke, die
Ausführung oder der Umbau der im öffentlichen
Interesse nötigen Anlagen zu Entwässerung (Be-
schleusung) von Orten und Ortsteilen und die
erste Herstellung bauplanmäßiger Straßen inner-
halb der Ortschaften. (JAgrargesetzgebung (Sach-
sen) § 3 II u. IIII
Der Darleiher hat eine — früher nach 5 —
jetzt nach 4 8200 des Anlagekapitals festzustellende
Jahresrente, die auf die Dauer von 38 (früher 41)
Jahren in ½jährlichen Raten zahlbar ist, als
Reallast seines Grundstücks zu übernehmen und
im Grundbuche eintragen zu lassen. Die Bank
gewährt hiergegen das Anlagekapital in Höhe des
— früher zwanzigfachen — jetzt 21 3/fachen Ren-
tenbetrags in — früher 4% igen — jetzt 3½90igen
Schuldscheinen und, soweit zur Erfüllung nötig,
in bar. Die Landeskultur-Rentenscheine sind auf
den Inhaber gestellte Obligationen der L., in
denen der Kapitalbetrag (6000 Mk., 1500 Mk. und
300 Mk.), das Versprechen der Rückzahlung nach
der, aller 6 Monate erfolgenden Auslosung, die
halbjährlich am 30. Juni und 31. Dezember er-
folgende Zinszahlung und die Staatsgarantie
ausgedrückt sind. Dem Rentenpflichtigen steht
frei, nach halbjähriger Kündigung die Renten durch
Barzahlung oder Einzahlung von Landeskultur-
Rentenscheinen zu tilgen oder zu mindern. Der
Bank steht ein Kündigungsrecht nicht zu.
Die Verwaltung der L. erfolgt durch die Ver-
waltung der Landrentenbank in Dresden (s. Ab-
lösung der Reallasten in Sachsen § 6).
Quellen: G die Errichtung einer L. betr. v. 26.
11. 61; Ergänzungs= und Abänd. G v. 1. 6. 72, v. 23. 8. 78
und 1. 5. 88: Wassergesetz f. d. Kar. Sachsen v. 12. III. 09.
Kiteratur: Künzel, Sächs. Landeskulturgesetze,
1872; v. d. Mosel, Handwörterbuch d. sächs. Verw Rechts.
Die Landrentenbank in Sachsen, 1883, Festschrift; v. Langs-
dorff, Die Landwirtschaft im Kgr. Sachsen 1889 S. 88.
N. Kraft.
4. Hessen (Landeskreditkasse)
Die L. ist durch G#v. 15. 10. 90 errichtet und
an die Stelle der seit 1880 bestehenden Landes-
kulturrentenbank getreten. Durch G v. 6. 8. 02