Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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gung vorliegt und wenn noch eine Reihe anderer 
Voraussetzungen erfüllt sind (§ 86 VAG). 
Grundsätzlich ist Aufsichtsbehörde aller Ver- 
sicherungsunternehmungen, deren Geschäftsbetrieb 
sich über das Gebiet eines Bundesstaats hinaus er- 
streckt und aller ausländischen Versicherungsunter- 
nehmungen das klaiserliche Aufsichtsamt für Privat- 
versicherung in Berlin; alle übrigen Versicherungs- 
unternehmungen werden von Landesbehörden 
beaufsichtigt (ö2 VA-). Die Aufsicht wird nach 
Maßgabe des VAc geführt. 
#b5. Die Technik der Lebensversicherung. Der 
von dem Versicherungsnehmer dem Versicherer 
einmalig oder fortlaufend zu zahlende Betrag 
heißt Prämie ss 35 ff BVG), genauer Brutto- 
oder Tarifprämie. Sie hat zur Grundlage die 
Nettopvrämie, deren Höhe hergeleitet wird aus 
Sterblichkeitstafeln, die ihrerseits wieder auf dem 
System der großen Zahlen beruhen. (Ueber die 
gebräuchlichsten Sterblichkeitstafeln vgl. Veröffent- 
lichung. d. Vereins f. Versicherungswissenschaft 
Heft XI1 1906.) Die Nettoprämie würde aber 
auch mit Zinsen — der rechnungsmäßig ange- 
nommene Zinsfuß beträgt 3½00 — und Zinses- 
zinsen nicht ausreichen, um das zur Leistung der 
Versicherungssumme erforderliche Kapital zu bil- 
den. Infolgedessen ist es notwendig, zu der Netto- 
prämie einen Zuschlag zu erheben, der zur Be- 
streitung der Anwerbe= und Verw#losten und zur 
Deckung außerordentlicher Schäden dient. Die 
  
Lebensversicherung — Lehnrecht 
  
verlicherung. 
Nettoprämie vermehrt um diesen Zuschlag gibt . 
die Bruttoprämie. · 
Aus den verfügbaren Beträgen der Prämien 
muß der Versicherer eine Rücklage — Prämien- 
reserve — nach bestimmten Grundsätzen in 
der Weise bilden, daß sie der Höhe der zu er- 
wartenden Versicherungsansprüche gleichkommt. 
Die Verminderung der Prämienreserve im ersten 
Jahr durch Reklamekosten und Abschlußprovision 
(Zillmerei) darf den Satz von 12½ per Tausend 
der Versicherungssumme nicht überschreiten. Alle 
diese mathematisch-technischen Geschäftsunterlagen 
einer LVlnternehmung unterliegen der Nach- 
prüfung der Aufsichtsbehörde und sind von ihr 
sowohl bei der Zulassung der Unternehmung als 
auch bei jeder Aenderung des Geschäftsplaus zu 
genehmigen (#& 11, 13 VWG). 
Die Prämienreserve ist hinsichtlich der in Kraft 
stehenden Versicherungsverträge für den Schluß 
eines jeden Geschäftsjahrs getrennt nach den ein- 
zelnen Versicherungsarten zu berechnen und zu 
buchen; durch einen besonderen Sachverständigen 
ist unter der Bilanz zu bestätigen, daß die einge- 
stellte Prämienreserve richtig berechnet ist. Die 
der Berechnung der Prämienreserve entsprechen- 
den Beträge sind dem Prämienreservefonds un- 
verzüglich zuzuführen und dürfen nur in bestimm- 
ten, ganz besonders sicheren Werten angelegt wer- 
den. Der Prämienreservefonds ist gesondert von 
jedem anderen Vermögen zu verwalten und auf- 
zubewahren. Die den Fonds bildenden Bestände 
sind einzeln in ein Register einzutragen. Hiermit 
erlangen die Versicherten für den Fall des Kon- 
kurses ein Recht auf bevorzugte Befriedigung 
(§& 56—63 VMA#). Bei ausländischen Unterneh- 
mungen finden die Vorschriften über die Prämien- 
reserve nur hinsichtlich der im Inland abge- 
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sichergestellt werden, daß nur mit Genehmigung 
des Aufsichtsamts über ihn verfügt werden kann 
(§ 90 VM#). Kleineren Versicherungsvereinen 
können Befreiungen hinsichtlich der Verwaltung 
und Berechnung der Prämienreserve gewährt 
werden (§ 124 VA##). Eine Reihe von Strafvor- 
schriften soll die Beobachtung der Bestimmungen 
über die Berechnung, Buchung, Verwaltung und 
Aufbewahrung der Prämienreserve sicherstellen 
(§§ 106, 107 VAG). 
Literatur: Aus der sast unübersehbaren Literatur 
sei hier nur hingewiesen auf: Manes, Versicherungswesen, 
1905; Moldenhauer, Versicherungeswesen, 1005; 
zahlreiche Artikel im „Versicherungs-Lexikon“ (Mancs), 
1909; Broecker, Die Grundzüge der L Mechnik, 1910; 
Kosta, Ueber den Boegriff der Versicherung, 1910; Die 
Kommentare zu dem VAGvon Man-Hagen (1909), 
Rehm (1911), Könige (910), zu dem VWV von Schneider 
(1908), Josef (1908), Gerhard-Hagen= v. Knebel-Doeberitz- 
Vroecker (1908), Hager-Bruck (1910); Zeitschrift für 
die gesamte Versicherungswissenschaft Veröffent.- 
lichungen des Kaiserlichen Aussichtsamts für Privat- 
Bruck. 
Lehnrecht 
5 1. Begriff. f 2. Quellen und wissenschaftliche Behand- 
lung. 3. Lehnsallodifikation. 
IL —= Lehen; LR — Lehnrecht! 
5 1. Begriff. Lehn ist ein vertragsmäßig be- 
gründetes Rechtsverhältnis, inhalts dessen der 
LHerr (Senior) dem L Mann (Vasallen, Mann) 
einen LGegenstand, insbesondere ein Grundstück 
zur dinglichen Nutzung überläßt (leiht) und ihm 
QTreue (L Protektion) schuldet, wogegen der Va- 
sall dem Herrn ebenfalls zur LTreue und insbe- 
sondere zu ehrenvollem Dienst (Heerfahrt und 
Hoffahrt) verpflichtet ist. Das LR ist in der Zeit 
der fränkischen Monarchie aus einer Kombination 
der (auf der deutschen Gefolgschaft veruhenden, 
aber von der gallischen Klientel beeinflußten) 
Vasallität mit dem fränkischen Benesizialwesen 
hervorgegangen: zu Ende der Karolingerepoche 
wurde die Begründung des höchstpersönlichen 
Vasallenverhältnisses und die Erteilung eines 
Benefiziums insoweit für einander wesentlich, daß 
Vasallität ohne Benefizium nicht mehr vorkam. 
Durch den sich bildenden Leihezwang bei Thron- 
wie bei Mannfall wurde das L vererblich. Das 
LWesen hat sich über Frankreich, Deutschland, 
Italien, England, Spanien verbreitet, hat wenig- 
stens in einzelnen Einrichtungen für Skandina- 
vien und die slavischen Länder Bedeutung erlangt, 
und ist neben dem Pfründewesen (ll das für die 
herrschenden Klassen wichtigste und am feinsten 
juristisch ausgebildete Privatrechtsinstitut des 
Mittelalters, durchdringt aber auch das ganze 
mittelalterliche öffentliche Recht. Es wirkt, ob- 
wohl heute nur noch in Trümmern unmittelbar 
praktisch, in unserem Verfassungsrecht, Privat= 
fürstenrecht, Beamtenrecht, Berg-, Jagd-, Wasser- 
recht, Fideikommißrecht (J| usw. mannigfach fort, 
schlossenen Versicherungen Anwendung; der Prä= so daß die Kenntnis des LR, seiner Literatur und 
mienreservefonds muß überdies in einer Weise 
seiner Quellen, für tiefergehende verwaltungsrecht-
	        
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