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liche Forschung unentbehrlich ist. Eine materielle
Daͤrstellung verbietet sich allerdings in dem hier
zu gebenden Wegweiser.
Endgültig vernichtet ist das LR durch die fran-
zösische Gesetzgebung in den französisch-rechtlichen
Gebietsteilen links des Rheins (preuß. Rheinpro-
vinz, Rheinhessen, Elsaß-Lothringen).
52. Quellen und wissenschaftliche Behandlung.
I. Quellen. Das LR wurde im alten
Reich durch Kaisergesetze (namentlich Konrad II.
1037, Lothar III. 1136, Friedrich I. 1158) fort-
ebildet. Die erste und zugleich bedeutendste
iterarische Aufzeichnung deutscher LGewohnheit
ist dann das LRBuch des Sachsenspiegels (ca.
1230, Ausgabe von Homeyer 1842, 1844, 2 Bde.);
daran schließt sich das LRBuch des sog. Schwaben-
spiegels (ca. 1275, Ausgabe von Laßberg 1840)
sowie das fränkische L R des sog. Kleinen Kaiser-
rechts (14. Jahrhundert, Ausgabe von Endemann
1846), weiterhin der sächsische Richtsteig LR (Ende
des 14. Jahrhunderts, Ausgabe bei Homeyer Llc.
Bd. 1) und andere literarische Arbeiten, von denen
hier nur die Glosse zum LR des Sachsenspiegels
(in den Drucken mit der Weichbildglosse verbun-
den) wegen ihrer großen praktischen Bedeutung
genannt sein mag; endlich erging schon damals
eine Reihe von partikularen L esetzen, so die
Regelung im bayerischen Landrecht von 1346,
die esth= und livländischen Ritterrechte des 14.
und 15. Jahrhunderts.
In Italien waren inzwischen die lehnrecht-
lichen Bestimmungen ebenfalls gesammelt wor-
den, und zwar in den libri feudorum. Deren Aus-
gangspunkt ist die an das LGesetz Kaiser Konrad II.
von 1037 anschließende Arbeit der Pavenser
Rechtsschule, die sog. capitula Ugonis; diese
wurden dann von dem Mailänder Konsul Obertus
de Orto mit Mailänder und anderen oberitalieni-
schen LRStücken sowie eigenen Arbeiten in der
sog. Obertischen Rezension zwischen 1136 und
1158 zusammengefügt; vermehrt durch die Ge-
setzgebung Friedrichs I1. und wichtige literarische
Zusätze erscheint das Ganze in der Ardizonischen
Rezension (gegen Ende des 12. Jahrhunderts),
schon in zwei Bücher geteilt. Vermehrung und
Abschluß erhält schließlich das LRBuch durch den
Glossator Akkursius in der sog. akkursischen Re-
daktion der Vulgata, aus der Mitte des 13. Jahr-
hunderts; doch werden auch hinterher noch Extra-
vaganten beigefügt (Ausgabe der libri feudorum
vorläufig noch Osenbrüggen hinter dem Kriegel-
schen Corpus juris, vgl. Laspeyhres, Entstehung
der libri keudorum 1830, K. Lehmann, Das lang.
LR 1896, E. Seckel, Quellenfunde zum lang. LR
1910). Das langobardische LR unterschied sich
infolge der wechselseitigen Einwirkung, des römi-
schen, des kanonischen Rechts und der italienischen
Doktrin (vgl. z. B. Ernst Heymann jus ad rem,
Gierkefestschrift 1911), in manchen Einzelpunkten
von den deutschen L #ewohnheiten, teilte aber
durchaus deren germanische Grundlagen.
Zugleich mit dem Recht des Corpus juris wur-
den die UÜbri feuc4orum in Deutschland rezi-
piert und damit gemeines deutsches
Lehnrecht: doch erhielten sich auch abwei-
chende deutsche LGewohnheiten und vor allem
fanden vielfach partikuläre Regelungen statt.
Zusammenstellung solcher bei Lünig, Corpus juris feudalis
germanici 1727, serner Kursachsen 1764, Altenburg 1795,
Lehnrecht
Gotha 1800, Baden 1807, Bayern 1808, Waldeck 1827“
für Preußen, unter Beseitigung der Subsidlarität des
langobardischen Rechts, Kodifikation in A#s 1I, 18 448 1
bis 679, neben dem aber die lokalen und partikulären Lehn-
rechte in Kraft geblieben sind (Nachweisungen über diese bei
v. Kampt, Preußische Provinzialrechte), so daß das A#L##
mehr lehrbuchartigen Charakter hat (aufrecht erhalten durch
àa 89 Nr. 1 AS Be).
II. Wissenschaftliche Behandlung hat
das LR seit den Rechtsbüchern und der Entstehung der
Ubr! fe#dorum vielfach gefunden. Insbesondere schließt
sich an die Ubrl feudorum eine Literatur von Glossen und
namentlich von kurzen systematischen Darstellungen, summse
an (Pillius, Jacobus Columbl, Jacobus de Ardizone, Accur-
sius, Hostiensis, Odofred, Jacobus de Ravanis, Baldus,
Jacobus de Alvarotis, Cujaclus etc., vgl. dazu Seckel,
Sav. 2., Rom. Abt. Bb. 21, 250 ff). Hieran reiht sich bie
spätere Literatur in Deutschland (Zasius, Schilter, Struv,
Buri usw.), die in G. L. Böhmer (principia juris feudalls
1765 1, 1819 5) gipfelt und in den bekannten LR Lehrbüchern
von Pätz 1808, Schnaubert 1784 ff, G. M. Weber 1807 ff
nsw. fortgeführt wurde. Das in diesen Werken dargestellte,
von der Praxis durchgeführte (vol. Reichsgericht Register zu
Bd. 1—50 1 84, seither enthält die Sammlung keine lehn-
rechtlichen Entscheidungen) gemeine deutsche Lehn-
recht beruht auf dem langobardischen LR, hat aber
manche deutschen, nördlich der Alpen entstandenen Sätße
wieder zur Geltung gebracht oder ist doch durch sie gelegent-
lich beeinflußt. Parallel läuft die, namentlich im Laufe
des 19. Jahrh. entstandene Literatur zu den partikulären
deutschen Lehnrechten, für Preußen besonders Dern-
burg, Preußisches Privatrecht 1 33 365 ff; v. Rönne, Preu-
bisches Staatsrecht 3 95 sowie Crusen und Müller, Preuß.
Ac# zum BGV9 1901 S 749 ff, 857 ff; für Hannover
Grefe, Hann. R. 2 K8 39 ff; für Hessen-Nassau Klau-
hold, Kurhessisches Rechtsbuch ## 243, 280 ff; Platner,
Sachenrecht 9; für Schleswig-Holstein vel.
Neubauer, Zusammenstellung S. 80, ferner für Bayern:
P. Roth, Bayerisches Zivilrecht 2 1#5# 109 ff; für Wuürt-
temberg: Reyscher, Württemberg. Privatrecht 1 453 848
bis 394; für Sachsen: BZachariac, # bes Kal Sächsischen
LR 1823°; Otto, Recht der L Güter im Königr. Sachsen
1888; für Baden: Becker, Die allodifizierten L des
badischen Rechts, Bad. Not. Z. 3, 26 ff; für Mecklen-
burg: P. Roth, Mecklenburgisches LKR 1858 usw., ferner
insbesondere die Ergänzungsbände zu Dernburgs Bürger-
lichem Recht. Zusammenfassende Darstellungen enthalten
die Lehrbücher des deutschen Privatrechts, von denen auf
Stobbe-Lehmann 2, 2 18 174 ff, und Gerber-Cosack 38 103 ff
als zur Orientierung besonders geeignet hingewiesen sein
mag, ferner Neubauer, Zusammenstellungen des in Deutsch-
land geltenden Rechts betr. die Stammgüter. . Lehnrecht,
1879; val. auch die Art. von Franklin über L Fähigkeit, Allodi-
fikation usw., von Brockhaus über LHoheit in Holtzendorffe
R2, ferner S. Adler, Lehen im Oesterr. StaatsW#, wäh-
rend zur Geschichte des LR besonders Brunner, D. RGesch.
2 K 91 ff, sowie Grundzüge 55 20, 28, 47, 61 ffz Schröder,
D. RWGesch. 1# 24, 40, 67, Waitz, L Wesen in Bluntschli-
Braters StaatsW B 6, 357 ff sowie neuestens die Art. von
K. Lehmann in Hoops Rechtslex. d. germ. Altertumskunde,
1911 zu vergleichen sind.
3. Die Lehnsallodifikation. Seit dem 18.
Jahrhundert ergehen partikuläre Allodifikations-
gesetze, welche die L Herrlichkeit des Seniors ab-
lösen, dagegen zunächst die LSukzessionsordnung
und die Gebundenheit des L gegenüber den
LAnwärtern bestehen lassen. So ordnete Friedri
Wilhelm I. am 5. 1. 1717 und 24. 2. 1717 (C.C.M.
I. 2 Abschn. V S 59, 60) die Aufhebung der L