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innerhalb des lipp. Gesamthauses sind, abgesehen
von 2 Deklaration v. 10. 5. 53 betr. Sanktion
der Ehen, durch ein Hausgesetz nicht geregelt.
Gemeinsamer Stammvater aller lippischen
Linien war Graf Simon VI. (gest. 1613). Von
seinem ältesten Sohne Simon VII. stammten die
in Detmold regierende, seit 1789 fürstliche Linie,
die 1905 ausstarb, und die gräflichen Nebenlinien
Lippe-Biesterfeld und Lippe-Weißenfeld. Sein
jüngster Sohn Philipp erbte einen Teil der Graf-
t Schaumburg (seitdem Schaumburg-L. (VI,
klich 1807). Das Sukzessionsrecht der ältesten
Nebenlinie L.-Biesterfeld, wegen Unebenbürtig-
keit von den jüngeren Nebenlinien angefochten, ist
durch den Dresdener Schiedsspruch v. 22. 6. 97
(lipp. GS#22, 199 f) und durch den Leipziger
Schiedsspruch v. 25. 10. 05 (lipp. GS 24 271f)
anerkannt.
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Der Fürst ist Träger der Staatshoheit. Er be-
ruft und schließt den Landtag und hat das Auf-
lösungsrecht. Er verkündet die Landesgesetze mit
Zustimmung des Landtags. Er benennt die oberen
und mittleren Staatsbeamten und die Geistlichen.
In seinem Namen werden die übrigen Beamten
und die Volksschullehrer angestellt. Der Fürst ist
oberster Landesbischof und Träger des Kirchen-
regiments. Er beruft die Landessynode und läßt
sie von einem landesherrlichen Kommissar eröffnen
und schließen. Er ernennt 3 weltliche Mitglieder
für die Synode und verkündet die Kirchengesetze
mit Zustimmung der Landessynode.
II. Fideikommißverwaltung. Durch
Gv. 24. 6. 68 ist der Staatshaushalt von dem
Domanialhaushalt getrennt worden. Die zum
Domanium gehörenden Vermögensobjekte sind
ein unteilbares und in seinen wesentlichen Be-
standteilen unveräußerliches Fideikommißgut. Nach
dem G v. 12. 7. 12 werden aus den Aufkünften
jährlich 140 000 Mk. der Landkasse überwiesen;
der Fürst bezieht 500 000 Mk. für Hofhaltung und
Marstall, Jagdzwecke, bauliche Unterhaltungen,
Dotalgelder, Wittum, Apanagen; der Mehrbetrag
fällt dem Fürsten und dem Lande zu gleichen
Teilen zu. Die Verwaltung des gesamten Fidei-
kommißvermögens steht dem Fürsten ohne Mit-
wirkung des Landtags zu (G v. 10. 2. 69). Ver-
änderungen in der Substanz sind jedoch nur dann
zulässig, wenn sie der Landtag genehmigt. Dem
Landtag steht außerdem das Recht zu, die auf-
zustellenden Rechnungen zu prüfen und Bean-
standungen dem Berufungsausschuß vorzulegen.
Streitigkeiten entscheidet ein Schiedsgericht. Zur
Wahrung seiner Rechte bestellt der Landtag zwei
Vertrauensmänner, die mit beratender Stimme
von der Domanialverwaltung zu ihren wesent-
lichen Beschlußfassungen zuzuziehen sind. Die
Verwaltung des fürstl. Haus- und Familien-Ver-
mögens ist der Direktion der „Fürstlichen Fidei-
kommißverwaltung" übertragen, deren Beamten-
personal von der Staatsverwaltung getrennt ist.
Zu der kollegialisch organisierten Rentkammer ge-
hört auch die Forstabteilung. ·
z 2. Verfassung. Die Ideen der französischen
Revolution, die Aufhebung der Leibeigenschaft
(1808) und auch a 13 der Bundesakte bewog die
Fürstin Paulina, seit 1802 Vormünderin ihrer
unmündigen Söhne und Regentin, zum Erlaß der
Verf v. 8. 6. 1819, die unter Aufhebung der bis-
herigen Stände und mit Zugrundelegung des
Lippe (Landesherr und Volksvertretung)
Grundeigentums für die Volksvertretung drei
Klassen (schriftsässige Gutsbesitzer, Bürgerstand und
Bauernstand) zu je 7 Abgeordneten vorsah. Diese
Verfassung mußte jedoch zurückgezogen werden,
da die widerstreitenden Elemente (die alten Stände
und der jüngste Agnat des Fürstenhauses, der
Fürst von Schaumburg-Lippe) an der Bundes-
versammlung selbst einen Rückhalt fanden.
Erst am 6. 7. 36 wurde dem Lande eine neue
Verfassung gegeben, in der den alten Ständen
alle Rechte, die sie bis 1805 gehabt hatten, zuge-
sichert wurden, soweit sie nicht durch das neue
Gesetz geändert waren. Die Volksvertretung be-
stand künftig aus den Abgeordneten der Besitzer
landtagsfähiger Rittergüter, die ohne Unterschied
der Geburt oder sonstiger Rechte die Ritterschaft
bildeten, der Städte und der übrigen erblichen
Grundbesitzer des platten Landes, die nicht zu
dem ersten Stande gehörten und zu denen noch
die Bürger einiger größerer Ortschaften (Flecken)
geschlagen wurden. Diese drei Stände teilten
sich in zwei Kurien, von denen die erste die Ritter-
schaft, die andere die beiden anderen Stände bil-
deten. Die Ritterschaft entsandte aus ihrer Mitte
zum Landtage 5 adlige und 2 bürgerliche, die
beiden anderen Stände wählten in indirekter
Wahl je 7 Abgeordnete und Stellvertreter. Die
Abgeordneten des 2. und 3. Standes mußten ein
Grundeigentum von 3000 Rtlr. Wert nachweisen.
Ihre Wahl erfolgte auf 6 Jahre. Geschäftsführer
der Landstände war der Landsyndikus, von den
Abgeordneten gewählt und vom Landesherrn be-
stätigt. Landtage sollten alle zwei Jahre gehalten
werden. Jeder Stand wählte seinen Ausschuß-
Deputierten. Der Ausschuß-Deputierte der ersten
Kurie führte den Vorsitz in den gemeinschaftlichen
Versammlungen. Den beratschlagenden Sitzungen
wohnte eine landesherrl. Kommission bei. Im
übrigen verhandelten Regierung und Landtag
wie von altersher schriftlich miteinander. Die
Sitzungen waren nicht öffentlich. Die Deputierten
bildeten unter dem Vorsitz eines ReMitgliedes
das Landkassen-Administrations-Kollegium, das
jährlich alle landschaftlichen Kassenrechnungen
durchsah und abnahm.
Die Bewegung des Jahres 1848 räumte mit
Standesvertretung und Zweikammersystem auf.
Die Verf von 1836 wurde aufgehoben. Bis zur
Feststellung einer neuen sollte das Wahl G v.
16. 1. 49 gelten. Dies Wahlgesetz wurde 1853
aufgehoben und die Verf von 1836 unter dem
Schutze des Bundestages wiederhergestellt. Ab-
änderungen und Ergänzungen einzelner Ab-
schnitte der Verf von 1836 fanden statt durch
Gv. 8. 12. 67 (erweiterte Mitwirkung der Land-
stände bei dem Erlaß allgemeiner Landesgesetze),
v. 4. 8. 69 (Oeffentlichkeit der Sitzungen).
Die 1876 in Aussicht gestellte neue Verfassung
ist bisher nicht erlassen.
#§# 3. Bolksvertretung. Die Zusammen-
setzung des Landtags — 21 Abgeordnete —
beruht auf den G v. 3. 6. 76 und 19. 10. 12.
Wahlberechtigt ist jeder Staatsangehörige mit
vollendetem 25. Lebensjahre, auch jeder Ange-
hörige eines anderen deutschen Bundesstaates,
welcher seinen dauernden Wohnsitz während der
letzten 3 Jahre vor der Wahl in Lippe gehabt
hat; wählbar jeder Staatsangehörige, der.#das
30. Lebensjahr vollendet hat. Gewählt wird in