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Lotterie
Gegen das Spiel in ausländischen L., die Be-
förderung dieses Spiels, den Vertrieb der Lose
solcher L. und dessen Beförderung ist anstelle
älterer Strafbestimmungen das G v.
25. 3. 04 erlassen, das sich von dem preußischen
v. 29. 8. 04 hauptsächlich dadurch unterscheidet,
daß es zwar begrifflich nicht das „pfortgesetzte
Delikt“ ausschaltet, aber die Strafe auf ein Viel-
faches, das zehn- bis hundertfache, der Preise der
vertriebenen oder angebotenen Lose bemißt.
6"b. Privatlotterien. Neben dem Schutze vor
unerlaubter Konkurrenz durch Strafgesetze bedarf
die Staats L. auch der Rücksichtnahme bei Zulassung
von Privatlotterien, und zwar kommen als
Konkurrenz nicht bloß die Geld-, sondern, wenn
auch erst in zweiter Linie, auch die Sach L., Aus-
spielungen, größeren Umfangs in Betracht. Doch
ist die Genehmigung der Ausspielungen in Preu-
ßen der innern Verwaltung allein, für die ein-
zelne Provinz dem Oberpräsidenten, für mehrere
Provinzen dem Min Inn, ohne Beteiligung der
Finanzverwaltung übertragen. Dagegen be-
dürfen Privatgeld L. der Genehmigung des Kö-
nigs auf Antrag der Min Inn und der Finanzen,
und es sind zum Schutze der Staats L. gegen eine
Übermäßige Beeinträchtigung wie auch des Publi-
kums gegen Uebervorteilung von den Ministern
Normativbedingungen für die Zulassung aufge-
stellt worden (Erl v. 5. 9. O4, MBli V 242), durch
die insbesondere die Einschränkung des Bedarfs
auf tunlichst enge Grenzen, die Verhütung von
irreführenden Ankündigungen, von Abweichungen
von den genehmigten Bedingungen, von Preis-
treibereien, von Unregelmäßigkeiten beim Ver-
trieb der Lose bei den Ziehungen sowie die Be-
schränkung des Losevertriebs und der Ziehungen
auf die für den Verkauf der Lose der Staats.
am wenigsten nachteiligen Zeiten sichergestellt
werden soll. Doch ist die preußische Praxis in der
Zulassung von Privat L. ziemlich weitherzig.
In den mit den andern Staaten abgeschlossenen
L. Verträgen haben diese Staaten die Verpflich-
tung übernommen, Geld= und solche L., bei denen
sich die Unternehmer verpflichten, anstelle der
Sachgewinne einen Geldbetrag zu gewähren, mit
im einzelnen verschieden weit gehenden Ausnah-
men nur im Einverständnis mit der preußischen
Regierung zuzulassen; in einzelnen Verträgen
sind auch die Sach L. an die Zustimmung Preußens
gebunden, wenn durch sie das jährliche Spielkapital
der gesamten zugelassenen Privat L. einen ge-
wissen Betrag auf den Kopf der Bevölkerung
übersteigt.
Der Wunsch, die Unternehmergewinne und
damit das Spielkapital bei den Privat L. möglichst
niedrig zu halten, unlautere Elemente als Unter-
nehmer und Vertriebsorgane fern zu halten und
auch im übrigen einen größeren Einfluß auf die
Privat L. zu erlangen, daneben aber auch, eine
Fürsorge für in Not geratene L. Einnehmer und
Hinterbliebene solcher anzubahnen, hat die preu-
ßische Finanzverwaltung auch bestimmt, die Bil-
dung einer „Lose-Vertriebs-Gesell-
schaft Königlich Preußischer Lot-
terie-Einnehmer “ zur Uebernahme von
Privat L. zuzulassen, deren Satzungen eine Einwir-
kung und Kontrolle der General L.Direktion und
die Verwendung eines Teiles der Ueberschüsse
für Wohlfahrtszwecke gewährleisten.
In der Zulassung von Privatlotterien ist man
scheinend in Sachsen strenger als in Preußen.
z 9. Die Lotteriebestenernng. Eine lediglich
die L. treffende Steuer ist nur der — sich in Höhe
und Einrichtung vollkommen von den andern
Reichsstempelabgaben unterscheidende und sich
inhaltlich als selbständige L. Steuer darstellende —
Reichsstempel auf Lotterielose
(#s 28—36 und Tarifnummer 5 des Reichs-
stempel G v. 15. 7. 09, RG# Bl 833). Er charakteri-
siert sich als eine vom Veranstalter der L., bei
außerdeutschen L. von demjenigen, der Lose einer
solchen einführt oder empfängt, vorzulegende
Steuer auf den Einsatz und beträgt 20 v. H., bei
außerdeutschen L. 25 v. H. des Preises des Loses.
Die Abgabe ist seit ihrer Einführung durch das
Reichsstempel G v. 1. 7. 81 (5 v. H.) mehr und
mehr gesteigert worden (27. 4. 94, 14. 6. 00).
Von dem reinen Losepreis ohne Stempel beläuft
sich die Abgabe also, wenn letztere auf den
Losepreis geschlagen wird, 1629 v. H. für in-
ländische und 20 v. H. für ausländische Lose. Für
inländische Privat L. hat der Veranstalter die
Stempelabgabe für die gesamte planmäßige An-
zahl der Lese oder sonstigen Ausweise über Spiel-
einlagen im voraus zu entrichten; vorher darf ohne
Genehmigung der zuständigen Steuerstelle mit
dem Losabsatze nicht begonnen werden, und es
kann diese Genehmigung von vorgängiger Sicher-
stellung der Abgabe abhängig gemacht werden.
Ausländische Lose und Spielausweise sind, bevor
mit dem Vertriebe begonnen wird, spätestens aber
binnen drei Tagen nach der Einführung und dem
Empfange zu versteuern. Ein Anspruch auf Rück-
erstattung wegen Nichtabsatzes der Lose ist aus-
geschlossen; nur wenn die Ausspielung der L.
überhaupt nicht zustande kommt, kann die oberste
Landesfinanzbehörde die Rückerstattung zuge-
stehen. Die Stempelsteuer für die Lose der
Staats L. deutscher Staaten wird dagegen durch
die L. Verwaltung eingezogen und in einer Summe
für die Gesamtzahl nur der abgesetzten Lose an
die Reichskasse abgeführt. Eine Abstempelung der
einzelnen Lose findet nur bei Privat L. statt.
Die Bruttoeinnahme des Reiches aus dem Losestempel
ist für 1913 veranschlagt von Staats L. auf 39 500 000, aus
Privat. auf 16 441 731 Mk.; wäre nicht darauf zu rech-
nen gewesen, daß die preußisch-süddeutsche L. nicht sogleich
ihre Lose würde vollständig absetzen können, so wäre die
Einnahme um 4 162 333 Mk. höher zu veranschlagen gewesen.
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Literatur: Außer den erwähnten Gesetzen und Ver-
ordnungen und den für jede L. von den Berwaltungen der
preußisch-süddeutschen, sächsischen und hamburgischen Staats-
L. veröffentlichten Plänen und für die preußisch-süddeutsche
der. Geschäftsanweisung für die Kol Preußischen Lotterie-Ein-
nehmer“ v. 1.3.12: — Ben der, Das L. Recht, 1841; Ende-
mann, Beiträge zur Geschichte der L. und zum heutigen
L.Rechte, 1882; Schäffle, Grundsätze der Steuerpolitik,
1880, S 547 und Die Steuern 2, 438, 1892; v. Scheel,
Die Erwerbseinkünfte des Staates in Schönberg 3, 75;
Roscher, Versuch eirer Theorie der Finanzregalien in
Abhandl. der #gl sächs. Gesellsch. der Wissensch. 21, 1884
S 178; Roscher-Gerlach, Suostem der Finanzwissen-
schaft, 1901, 1, 166; Eheberg, Finanzu issenschaft. 1912
S 103; v. Heckel, Lehrbuch der Finanzwissenschaft,
1911, 2, 326; Rönne 4. 778,; Marcinowski, Die
preuß. Staats L. vor dem Forum der Landesvertretung in
Finanz Arch 1 2, 100 (hierzu weiter Schanz, Der L. Etat