Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Lurussteuern — Mädchenschulwesen (höheres) 803 
  
VI. Elsaß-Lothringen. Lustbarkeits= die Mädchen vom vollendeten 6. bis zum vollen- 
St kommen als Armen St auf der Grundlage deten 16. Lebenssjahr unterrichtlich beschäftigt und 
der G v. 7. Frimaire an V, 8. Thermidor an V in dessen Lehrplan neben den üblichen Schul- 
sowie eines Dekretes v. 9. 12. 1809 und zahlreicher fächern die beiden neueren Fremdsprachen ver- 
Einzelanweisungen vor. Die z. Z. vom Armenamt treten sind. Als Aufgabe der so gestalteten höheren 
Straßburg erhobenen St treffen öffentliche, ein= MSch wurden ausdrücklich die Vermittlung einer 
trittspreispflichtige Schaustellungen mit 100, des allgemeinen Bildung bezeichnet. Tenden- 
Eintrittspreises; vgl. Anweisung für die Erhebung zen auf Vorbildung zum Erwerbsleben in irgend 
von Armen St (Armenverwaltung der Stadt einer Form traten damals wenigstens nicht als 
Straßburg). Programm auf. 
Die Denkschrift des Vereins fand bei den deut- 
Siteratur: Val. bei „Gemeindesteuern“ oben S 124 f., schen Negierungen recht verschiedene Aufnahme. 
ferner: Art. LSt, Hunde St im HÖWtaats W, im Wörterb. Am meisten entgegenkommend zeigte sich die 
der Volkew., im OWpr Verw“, ebenda auch Lustbarkeits st. badische Regierung. Sie organisierte das 
Ueber Hunde St Schubert, Finanzlrch 28, 281. Ueber höhere M. aus Grund der Weimarer Beschlüsse 
Lustbarkeits St die Vorlage des Hamburger Senats an die und ordnete es dem übrigen höheren Schulwesen 
Bürgerschaft v. 5. 4. 11 (danach ein G v. 8. 12. 11 mit organisch ein. Der badischen folgte das Königreich 
reichen Materialien. Periodische Mitteilungen: Kommu# Sachsen, das die höheren MSch dem Gesetz für 
nales Jahrbuch, Mitteilungen der Zentralstelle des deutschen die höheren Schulen von 1876 unterstellte. Aehn- 
Städtetages. Altmann. lich verfuhren andere Staaten. 
Auch die preußische Regierung, die den 
Volksschulcharakter der höheren MSch hatte ge- 
wahrt wissen wollen, wurde durch die tatsächliche 
Mädchenhandel Entwicklung der Schulen, die der großen Mehrzahl 
ESittenpolizei nach städtisch waren und sind (der Staat unterhielt 
und unterhält auch jetzt nur fünf vollständig or- 
ganisierte Anstalten (Berlin 2, Posen 1, Trier 1, 
Droyßig 1)), 6u einer Ordnung der cha 
durch den Erl v. 31. 5. 94 geführt. Dieser Erla 
Mädchenschulwesen (höheres) stellte jedoch die neun jährige Schule als Typus 
auf und ließ höchstens sogenannte „wahlfreie 
* 1. Geschichtliches. — I. Preußen. 12. Crganisation. Kurse“ für das zehnte Jahr zu. Die Verhältnisse 
z 3. Lehrkörper. # 4. Verwaltungerechtliche Stellung. der Lehrerkollegien wurden ebenfalls gegenüber 
5l5. Innerer Betrieb. # 6. Kordukation. — den anderen Staaten in einer mindere Anforde- 
II. Andere deutsche Staaten. 1 7. rungen stellenden Wcise geregelt. Gegen diese 
Bestimmungen erhob sich von vornherein Wider- 
# 1. Geschichtliches. Das höhere M. in Deutsch= spruch, sowohl bei den Schulen als bei den Stadt- 
land ist aus privaten Veranstaltungen entstanden. verwaltungen, die mit Recht die Gefahr einer 
Nachdem August Herrmann Francke in Halle, an= Zurückbildung des schon Erreichten fürchteten. 
geregt durch Féônelon, eine auch die humanistischen Mittlerweile war in die Entwicklung des M. 
Disziplinen mit umfassende Anstalt von nur kurzer ein neues Moment eingetreten: die Frauen- 
Lebensdauer gegründet hatte, treten im 18. Jahrr bewegung mit ihrer Forderung, daß den 
hundert häufiger Schulen auf, die der weiblichen, Mädchen die für sie geeigneten Berufe er- 
Ingend eine weitergehende literarisch-ästhetische schlossen werden, besonders die durch akademische 
Bildung geben wollen. Der Staat kümmert sich Studien zugänglichen. Im Jahre 1887 hatte die 
aber nur ganz vereinzelt um die Förderung dieser Führerin der Frauenbewegung, Helene Lange, in 
Bestrebungen. Eine Verbreitung der Ueber- einer Aufsehen erregenden Broschüre („Die höhere 
zeugung, daß auch die weibliche Jugend weiter= Mädchenschule und ihre Bestimmung“) die be- 
reichende Geistesbildung besitzen müsse, wenn man stehenden Zustände einer scharfen Rritik unter- 
von der Frau und Mutter eine wirksame Erfüllung zogen. Als die Bestimmungen von 1894 dieser 
ihrer Aufgaben erwarte, findet erst mittelbar Kritik in keinem prinzipiellen Punkte Rechnung 
unter dem Einflusse der von unseren Klassikern trugen, eröffnete die Frauenbewegung eine plan- 
heraufgeführten Lebens= und Weltanschauung mäßige, auch von einzelnen weiterblickenden 
statt. Dazu kommen die Erfahrungen beim Zu- Männern unterstützte Propaganda für eine Um- 
sammenbruch Preußens: Ernst Moritz Arndt und gestaltung des M. Im Jahre 1893, in demselben. 
Fichte haben, jeder von anderen Voraussetzungen Jahre, in dem in Karlsruhe mit Genehmigung der 
aus, auf die große Rolle einer besseren Frauen= badischen Regierung das erste vollständige Mäd- 
bildung im nationalen Leben hingewiesen. Die chengymnasium errichtet wurde, eröffnete Helene 
Folge war die Errichtung einzelner öffentlicher Lange in Berlin die Gymnasialkurse für Frauen. 
höherer MSch. Aber erst die um die Mitte des Zu Beginn dieses Jahrhunderts folgte man man- 
19. Jahrhunderts einsetzenden Bestrebungen zur cherorts (Hannover, Frankfurt a. M., Köln, Mün- 
Vermehrung der allgemeinen Volksbildung, be-chen, Stuttgart, Hamburg) diesem Beispiele. 
sonders nach den Kriegen von 1864, 1866 und Hierdurch und durch die guten Erfahrungen mit 
1870, brachten ein dichteres Netz von höheren den Abiturientinnen trat eine starke Umbildung 
Mch zuwege. Durch den 1872 in Weimar der zunächst dieser Neuerung ablehnend gegenüber- 
gegründeten „Deutschen Verein für das höhere stehenden öffentlichen Meinung ein. 
Mödchenschulwesen“ wurde eine größere Einheit- Im Jahre 1899 beschloß der preußische Kultus- 
lichkeit angebahnt. Die allgemeine Tendenz geht! Min, eine Reform in modernem Sinne anzu- 
seit jener Zeit auf ein 10 klassiges System, das bahnen. Die umfangreichen und schwierigen Ar- 
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