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und Bedürfnis auf andere Artikel ausgedehnt
werden. Dazu ist jedoch ein Antrag der Gemeinde-
behörde — in Preußen des Gemeindevorstands —
und eine darauf hin ergehende Anordnung der
VerwBehörde erforderlich (GewO # 66 Abs 2).
Zustänvig ist in Preußen der Bez.-Ausschuß (Zust G
5128), in Bayern die Distrikts VerwBehörde, in München
der Magistrat, im Kar. Sachsen die untere VerwBehörde,
in Württemberg und Baden der Bezirksrat, in Hessen das
Kreisamt und die Bürgermeisterei, in Elsaß-Lothringen der
Kreisdirektor.
Im Wege der Ausdehnung können auch geistige
Getränke, jedoch nicht zum Genuß auf der Stelle,
und größeres Vieh zu Gegenständen des Wochen-
M. Verkehrs erklärt werden.
Auf Jahrmärkten dürfen neben den
Artikeln des Wochen M. Verkehrs Verzehrungs-
gegenstände und Fabrikate aller Art feilgehalten
werden. Hierunter fallen auch geistige Getränke,
doch besteht die Einschränkung, daß das Feilhalten
solcher zum Genuß auf der Stelle nur auf Grund
einer besonderen Genehmigung der Ortspolizei-
behörde zugelassen ist (GewO §# 67), die dabei nach
freiem Ermessen und etwaigen Anweisungen der
Aufsichtsbehörde entscheidet.
III. Zur Regelung des M. Verkehrs im einzelnen
dient die Marktordnung, die von der Orts-
polizeibehörde im Einverständnisse mit der Ge-
meindebehörde, in Preußen dem Gemeindevor-
stand, zu erlassen ist (GewO # 69). Der Form
der Pol Verordnung bedarf es hierzu nicht, obschon
Uebertretungen der M.Ordnung mit Geldstrafe
bis 30 Mk. und im Unvermögensfalle mit Haft
bis zu 8 Tagen zu bestrafen sind (GewO #s 149
Ziff. 6); erforderlich ist aber ihre Veröffentlichung.
Aenderungen der M. Ordnung bedürfen, auch
wenn es sich um rein polizeiliche Bestimmungen
derselben handelt, ebenfalls der Zustimmung der
Gemeindebehörde (OVG v. 23. 11. 91 Bd. 22
S 335). In die M. Ordnung gehören Bestim-
mungen über
1. Marktplatz.
Der M. kann nicht nur auf öffentlichen Plätzen oder öffent-
lichen Straßen, sondern auch auf Privatgrundstücken, unbe-
bauten und bebauten, stattfinden, die vom Eigentümer zu
dem Zwecke zur Verfügung gestellt werden und dann wäh-
rend der Dauer des M. den M. Besuchern wie öffentliche
Plätze zugänglich sein müssen. Unter den bebauten Privat-
grundstücken, die dem M. Verkehr dienen, haben die in größe-
rren Städten meist auf Kosten der Gemeinde hergestellten
M.Hallen erhebliche Bedeutung für die Versorgung der
Bevölkerung mit Nahrungsmitteln erlangt. — Auch über
die Art der Benutzung des M. Raumes kann in der M. Ord-
nung Bestimmung getroffen werden, insbesondere dahin,
daß für gleichartige Gegenstände bestimmte Plätze angewie-
sen werden (GewO 60).
2. Marktzeit.
Während der M.Tag von der höheren VerwBehörde be-
stimmt wird (s. oben 1), setzt die M. Ordnung die Stunden
fest, in denen sich der M. Verkehr abspielt. Ein Verkehr außer-
halb dieser M. Stunden ist nicht mehr M. Verkehr und hat
auf die Vorrechte des M. (s. unten §s 3) keinen Anspruch. Zu-
lässig ist eine Teilung der M. Zeit in der Weise, daß ein Teil
für den Großhandel. d. b. den Absatz-der M. Waren an Händ-
ler und Widerverkäufer, der Rest für den unmittelbaren
Absatz an die Verbraucher bestimmt wird.
3. Ordnung auf dem Markte.
Es kann bestimmt werden, daß das Feilhalten der M.=
Waren von festen Stellen (Ständen, Buden) aus erfolgen
müsse und an diesen der Name des Verkäufers anzubringen
sei (KG# 23.C29). Daß das Feilbieten gleichartiger Waren
an bestimmten Plätzen vorgeschrieben werden kann, ist be-
reits unter Ziff. 1 erwähnt. Das Feilbieten im Umhertragen
kann ganz verboten (KuG 6. 10. 82 — Reger 13, 130 — und
17. 5. 09 — Reger 30, 222) oder auf bestimmte Waren oder
bestimmte Stunden beschränkt werden; gleiche Anordnungen
können für das Ausrufen von Waren getroffen werden
(GewO 1 69). Der Warenverkauf im Auktionswege kann
verboten werden (Erl pr. Min f. H. u. Gew. v. 13. 5. 05).
Die M. Ordnung kann ferner Bestimmung über gewerbs-
mäßige Tätigkeiten auf dem M. treffen, die dem M. Verkehr
nicht angehören. Das Feilbieten von Waren, die nicht
Gegenstand des M. Verkehrs sind, das Aussuchen von Waren-
bestellungen, das Anbieten von Dienstleistungen, das Dar-
bieten von Lustbarkeiten am M. Platz während der M.—eit
kann verboten oder Beschränkungen unterworfen werden.
l 3. Bevorrechtete Stellung kraft Reichsrechts
für den Verkehr auf ordnungsmäßig genehmigtem
(*2 I) Markt.
I. Die Pol Behörde darf gegen den M. Verkehr
als solchen aus verkehrspolizeilichen Gründen nicht
einschreiten. Selbst wenn sich herausstellt, daß
unter dem M. Verkehr auf dem durch die M. Ord-
nung zur Verfügung gestellten M. Platze andere
Verkehrsinteressen leiden, kann die PolBehörde
die Benutzung dieses Platzes für den M. Verkehr
nicht einseitig untersagen oder beschränken, sondern
ist dabei an die Zustimmung der Gemeindebehörde
behufs Herbeiführung einer Aenderung der M.=
Ordnung gebunden. Im übrigen sind die polizei-
lichen Funktionen auch auf dem M. auszuüben,
z. B. die Kontrolle der verwendeten Maße und
Gewichte, die Ueberwachung der feilgehaltenen
Lebensmittel usw.
II. Marktfreiheit.
1. Der M. Verkehr steht selbständig neben dem
stehenden Gewerbebetrieb und dem Gewerbebe-
trieb im Umherziehen und ist den Beschränkungen,
die für diese Arten des Gewerbebetriebs vorge-
sehen sind, nicht unterworfen. Das Feilhalten der
M. Artikel auf dem M. kann ohne die für einen
stehenden Gewerbebetrieb in GewO §& 14 vorge-
schriebene Anmeldung erfolgen; sie erfordert für
den von auswärts kommenden M. Besucher nicht
den Besitz eines Wandergewerbescheins INl und für
den Einheimischen bei Einführung der Beschrän-
kungen des § 42 b für den örtlichen Wanderhandel
nicht den Besitz der in diesem Fall vorgesehenen
Erlaubnis [UHandels Ziff. 11. Ebensowenig
finden die Bestimmungen über die Sonntagsruhe
(GewO §§ 105a ff) und den Ladenschluß (§§ 139eff)
auf den M. Verkehr Anwendung, wennschon die
Behörden bei Festsetzung der Dauer der M. Zeit
auf diese Vorschriften Rücksicht nehmen sollen
(Pr. Ausf. Unw zur GewO v. 1. 5. 04 Ziff. 87):
Für den M. Verkehr gilt vielmehr der Grundsatz
der M. Freiheit. Der Besuch von Messen, Jahr-
und Wochen M. — bestimmt GewO # #4 Abs 1—
sowie der Kauf und Verkauf auf denselben steht
einem jeden mit gleichen Befugnissen frei. Hier-
nach ist jede Bevorzugung eines Ortsansässigen
oder Landesangehörigen grundsätzlich ausgeschlos-
sen, und grundsätzlich sollen auch Ausländer (#l der
M,Freiheit teilhaftig sein. Für Staatsangehörige
Oesterreich-Ungarns, Rußlands, Serbiens und
Rumäniens ist in den mit diesen Staaten ge-
schlossenen Handelsverträgen (Mihre Gleichstellung
muit den Inländern beim Besuch von Messen und