Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Mecklenburg 
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welchem dem Landesherrn die grundherrlichen 
Rechte zustehen, sind es die Großhz. Aemter, 
die Forstinspektionen und Oberförstereien. Im 
Anschluß an die allgemeine Vererbpachtung (oben 
§ 2 III 1) sind im schwerinschen Domanium seit 
dem Jahre 1869, im strelitzschen Domanium seit 
dem Jahre 1864 organisierte Gemeinden 
mit einer beschränkten Selbstverwaltung unter 
Aufsicht der Großhz. Aemter geschaffen worden. 
b) In der Ritterschaft stehen die obrig- 
keitlichen und ortspolizeilichen Befugnisse den 
Gutsherren kraft eigenen auf ihrem Grund- 
eigentum beruhenden Rechts zu, unter Oberauf= 
sicht des Min Inn. Zur Erfüllung ihrer obrigkeit- 
lichen Verpflichtungen können sie in der Form 
des sog. fiskalischen Prozesses nach Maßgabe der 
Bestimmungen der ZP0 angehalten werden. 
Wegen Zuwiderhandlungen gegen diese Verpflich- 
tungen findet gegen sie ein besonderes, einem 
Disziplinarverfahren ähnliches Strafverfahren vor 
den Strafkammern der Landgerichte statt. Zur 
Ausübung der ortspolizeilichen Befugnisse der 
Gutsobrigkeiten sind seit 1879 ritterschaftliche 
Polizeiämter errichtet, von denen sich die 
Gutsherren vertreten lassen müssen, soweit sie 
in der Ausübung der ihnen zustehenden Pol Straf- 
gewalt gesetzlich behindert sind, während sie im 
übrigen zwar berechtigt aber nicht verpflichtet sind, 
allgemein oder für einzelne Fälle ihre Pol Straf- 
gewalt auf ein PolAmt zu übertragen. 
c) Die den Städten zustehenden Selbst- 
verwaltungs= und obrigkeitlichen Befugnisse wer- 
den unter Oberaufsicht des Min Inn von den 
Magistraten ausgeübt, welchen Bürgervertre- 
tungen in sehr verschiedener Zusammensetzung 
und mit sehr verschieden gearteten Befugnissen zur 
Seite stehen. Eine besondere Stellung nimmt 
Rostock ein, welches nach den Erbverträgen von 
1573 und 1788 in bezug auf die innere Verwal- 
tung, soweit die städtische Gerichtsbarkeit reicht, 
keinerlei landesherrlichen Aufsichtsrechten unter- 
steht. Nur im Falle eines Mißbrauchs der obrig- 
keitlichen Gewalt ist der Landesherr berechtigt 
einzuschreiten loben § 2 I). Für den Austrag 
von Streitigkeiten zwischen der Stadt Rostock und 
der Landesherrschaft über ihre in besonderen Ver- 
trägen und Privilegien gegründeten Rechte ist 
durch eine Vereinbarung von 1892 1) eine be- 
sondere Kompromißinstanz geschaffen worden. 
d) Die obrigkeitlichen Befugnisse in den Klo- 
sterbesitzungen (§2a. E.) werden von den 
ständischen Klosterämtern ausgeübt. 
III. Die Trennung der Rechtspflege von 
der Verwaltung ist erst infolge der Gerichtsorgani- 
sation von 1879 durchgeführt worden. Allgemeine 
Bestimmungen über die Grenzen zwischen Justiz- 
und Verwachen fehlen ebenso wie allgemeine 
Bestimmungen über Administrativjustiz, wie es 
auch besondere Verwerichte nicht gibt. Streitig- 
keiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs zwi- 
schen den Gerichten und Verw Behörden werden 
  
1) Die Bereinbarung v. 22./23. 3. 92 (abgedruckt im 
Reg Bl 1892 Nr. 19) sieht für die Austragung von Streitig- 
keiten zwischen der Landesherrschaft und der Stadt Rostock 
über die für diese in ihren besonderen Berträgen und Pri- 
vilegien gegründeten Rechte eine kompromissarische Ent- 
scheidung durch eines der drei M.-Schwerinschen Land- 
gerichte vor. 
  
durch einen beiden Großherzogtümern gemein- 
samen „Gerichtshof zur Entscheidung von Kompe- 
tenzkonflikten“ zu Rostock entschieden. Die ordent- 
liche streitige Gerichtsbarkeit wird durch 43 Amts- 
grrichte in M.--Schwerin und 9 Amtsgerichte in 
. Strelitz, die Landgerichte in Schwerin, Güst- 
row, Rostock und Neustrelitz und das gemeinsame 
Oberlandesgericht in Rostock ausgeübt. Für beide 
Großherzogtümer besteht ein Schwurgericht bei 
dem Landgericht in Güstrow. Gewerbe= und 
Kaufmannsgerichte sind vorhanden in Rostock, 
Schwerin und Wismar. 
Wegen des Begnadigungsrechtes der Stadt 
Rostock 1 Bd. I S 378, 379. 
Auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbar- 
keit (# Bd. 1 S. 8541 sind die dem Vormund- 
schafts= und dem Nachlaßgericht obliegenden Ver- 
richtungen auf Grund des Vorbehalts in a 147 
des EG zum B# für die Hof= und Marstall- 
diener den Hofstaatsgerichten, für die Städte 
und deren Gebiet den Magistraten, für das 
Gebiet der Landesklöster den „Klosteramtsge- 
richten“ 1) übertragen mit Ausnahme bestimm- 
ter Personenkategorien (Beamte, Geistliche, Offi- 
ziere, Eigentümer ritterschaftlicher Landgüter), 
welche den Amtsgerichten unterstellt sind. Im 
Gebiete der Ritterschaft sind die Gutsherren zu- 
ständig in Vormundschaftssachen mit bestimmten 
Ausnahmen sowie für die Verrichtungen des Nach- 
laßgerichts, soweit sie die Fürsorge für die Siche- 
rung des Nachlasses mit Einschluß der Nachlaß- 
pflegschaft betreffen, falls das Mündelvermögen 
oder der Nachlaß den Betrag von 1500 Mk. nicht 
überschreitet und es sich nicht um Personen han- 
delt, die auch von der städtischen Gerichtsbarkeit 
ausgenommen sein würden. Doch können die 
Gutsherren auf ihre Zuständigkeit in dieser Ange- 
legenheit verzichten, die in diesem Falle auf das 
Amtsgericht übergeht. 
IV. Kirche und Unterricht. 
1. Ueber die evangelisch-lutherische 
Landeskirche vgl. I 1, 2. 
Den Angehörigen der reformierten und 
römisch-katholischen Kirche ist in 
beiden Großherzogtümern seit 1903 die öffentliche 
Religionsübung zugestanden vorbehaltlich der 
nach Landesrecht dem Landesherrn diesen beiden 
Kirchengemeinschaften gegenüber zustehenden 
Hoheitsrechte. 
Zur Ordnung und Leitung der israeliti- 
schen Religionsgemeinschaft ist in M.-Schwerin 
ein israelitischer Oberrat errichtet, welcher aus 
zwei landesherrlichen Kommissarien, einem lan- 
desherrlich bestellten Oberrabbiner und fünf von 
der Gemeinde gewählten Mitgliedern besteht. 
Für die israelitischen Gemeinden in M.-Strelitz 
sind landesherrliche Aufsichtsbeamte bestellt. 
2. Eine staatlich anerkannte Körperschaft des 
öffentlichen Rechts ist die im Jahr 1419 gegründete 
Landesuniversität zu Rostock, bis 1827 
unter dem Konpatronat der Stadt Rostock, seit- 
dem unter dem alleinigen Patronat des Groß- 
1) Durch die Klosteramtsgerichte üben die drei Landes- 
klöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz (s. 12 a. E.) die ihnen 
noch verbliebene freiwillige Gerichtsbarkeit aus. Unter dem 
Vorsitz des Klosterhauptmanns oder der Provisoren fungiert 
der Klostersyndikus, der zum Richteramt befähigt sein muß, 
als Richter.
	        
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