Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Militärwesen (C. Militärrechtspflege) 
  
Frist nur das Rechtsmittel einzulegen braucht und 
sich später für den Umfang seiner Anfechtung Ur- 
teil und Protokoll nutzbar machen kann. Für dieje 
Benachteiligung des Gerichtsherrn besteht kein 
erkennbarer Grund. Die Rechtsmittelerklärungen 
des Gerichtsherrn werden durch den Kriegsgerichts- 
rat usw. zu den Akten beurkundet. Die herrschende 
Meinung, die Beurkundung dürfte nach Ablauf 
der 7 tägigen Frist nachgeholt, nur die Erklärungen 
des Geuchtsherrn müßten innerhalb der Frist ab- 
gegeben werden, benachteiligt den Angeklagten in 
den Fällen, in denen die Formvorschriften auf 
seiten des Gerichtsherrn nicht beachtet worden. 
ind. 
Das Reichsmilitärgericht muß (wenn es nicht 
selbst entscheidet, was sehr selten ist) bei Aufhebung 
eines Urteils die Sache an dasselbe Oberkriegs- 
gericht zurückverweisen, das in der Sache ent- 
schieden hat (Bindung an die rechtliche und militär- 
dienstliche Beurteilung). Die Uebertragung der 
neuen Urteilsfindung an ein anderes Oberkriegs- 
gericht ist eine wichtige Forderung an den zu- 
uftigen Gesetzgeber (s. Militärrechtl. Studien, 
Festschrift 116 ff). ç 
5. Wegen der Bestätigung der urteile 
s. oben § 5 1 und nachfolgend unter 6, 8. 
6. Das Feld- und Bordverfahren 
hat Besonderheiten (Wegfall der Rechtsmittel, 
Rechtskraft der Urteile und Vollstreckbuarkeit durch 
die Bestätigung, die hier neben der staatsrechtlichen 
auch besondere sachliche Bedeutung hat. Schrift- 
liche Rechtsgutachten vor der Bestätigung. Wenn 
der Befehlshaber das Urteil aufhebt, tritt ein 
neues Gericht zusammen. 
7. Wiederaufnahme eines durch rechts- 
kräftiges Urteil geschlossenen Verfahrens ist vor- 
gesehen. Das Reichsmilitärgericht allein — ein 
großer Vorzug gegenüber der Strafprozeßord- 
nung — ist zur Entscheidung berufen. 
8. Vollstreckt werden die urteile nach 
Maßgabe der Bestätigungsorder (Milderungs- 
recht der Befehlshaber in bestimmten Grenzen), 
Strafverfügungen nach Maßgabe ihres Inhalts. 
Einzelheiten ##s 450 ff. Die bedingte Be- 
6 nadigung (Hist der Militärstrafrechtspflege 
eider noch unbekannt. Damit gehen auch die Sol- 
daten der Aussicht auf bedingte Strafaussetzung 
verlustig, die wegen der vor dem Diensteintritt 
begangenen strafbaren Handlungen militärgericht- 
lich abgeurteilt werden (uvgl. Handwörterbuch des 
MilRechts S 95). 
9. Entschädigung der im Wiederauf- 
nahmeverfahren freigesprochenen Personen und 
füv unschuldige Verhaftung und Bestrafung ist ge- 
ichert. 
10. Die Kosten des Verfahrens und der 
durch die Militärbehörden bewirkten Strafvoll- 
streckung fallen — ein bedeutsamer und etwas zu 
weit gehender Grundsatz — der Militärjustizver- 
waltung zur Last. 
  
Literatur: Kommentare zur MSt# von Steng. 
lein 1901, Weigel 1899, v. Koppmann 1901, 
Pechwell 1899, Sturm und Walde 1899, Sei- 
denspinner 1900, Schlayer 1904 (Militärstrafrecht), 
Elsner v. Gronow u. Sohl, Militärstrafrecht 1906, 
Lerz u. Ernst 1908, Romen u. Rissom 1010. 
Systeme sind äußerst zahlreich. Nachweisungen bei Romen 
eind Rissom, daselost umfassende Literaturangaben, auch zu 
  
den einzelnen Abschnitten. Hervorzuheben sind aus neuerer 
Zeit: Rissom, Militärgerichtsbarkeit und Kommandoge- 
walt, Goltdurch 56, 168 ff; 58, 1 und zahlreiche Arbeiten 
in Handwörterbuch des Militärrechts (Rastatt 1912); s. auch 
Arch für Militärrecht Bd. 1 ff. — Rechtsprechung: 
Entsch des Reichsmilitärgerichts Bd. 1—15; Prüfungs- 
ergebnisse des Reichsmilitärgerichts Nr. I—XXI; Bespre- 
chungen der Entsch: Beling, Z3 Sti#t 24, 245; Gerland, 
GerS 69, 194—58 und Krit. B3Schr. 45, 429; Ditzen. 
Goltdrch 52, 217; Rissom, Ger S 73, 3056; 75, 471 und 
Arch MilRecht 1 S 221, 297, 455; 2 S 58, 870, 455; 3 S217. 
Zur Geschichte der Mil erichtsbarkelt s. u. a. Dan- 
gelmaiter, Goltdülrch 32, S440; derselbe, Geschichte 
des Mil Strafrechts, 1891: Molitor, Kriegsgerichte u. 
Militärstrafen im 19. Jahrh. 1885; v. Bonin, Die Ent- 
wicklung des deutschen Kriegsgerichtswesens, 1912.— Einige 
prozeßstatistische Aufschiüsse gibt die Kriminalstatistik 
für das deutsche Heer und die Kaiserliche Marine (seit 1901 
aufgestellt, in den Bierteljahrsheften der Stat. des D. N. 
veröff.), bearb. von Diet, Die Militärstrafrechtspflege im 
Lichte der Krim.-Stat., 1908 und an anderen Stellen: 
Nachweise der Lit. unter „Kriminalstatistik“ im Handwör- 
terbuch des Militärrechts. Dies. 
III. Militärische Ehrengerichte 
1. Seschichtliche Entwicklung und Quellen. s 2. Recht- 
liche Natur der Vorschriften. #J 3. Zweck, Zuständigkeit und 
Organisation der Ehrengerichte. 3 4. Ehrenrat. z 5. Ehren- 
gerichtliches Verfahren. ## 6. Rechtliche Natur der Ehren- 
gerichte. 
s 1. Geschichtliche Eutwicklung und Quell 
I. In Preußen ist den Offizierkorps baz 
Recht über den Lebenswandel ihrer Mitglieder 
vom Standpunkte der Ehre eines Offiziers zu 
wachen und gegen Verfehlungen einzuschreiten 
zum ersten Male durch die Kgl V wegen Be- 
strafung der Offiziere v. 3. 8. 1808 (GS 1806 
bis 1810, 272) übertragen worden. In Ausübung 
dieses Rechtes wird das Offizierkorps als „Ehren- 
gericht" bezeichnet. Die Landwehr O v. 21. 11. 
1815 (GS 1816, 77) führte die Einrichtung der 
Ehrengerichte (Eg.) in allerdings etwas anderer 
orm auch bei der Landwehr ein. Durch die 
ab O v. 15. 2. 1828 (Friccius, Pr. Mil G 1, 175) 
und einige spätere erläuternde oder ergänzende 
Orders wurde das Verfahren bei den Eg. geregelt 
Eine erschöpfende Neuordnung des Gegenstandes 
brachte die Kgl V über die Eg. v. 20. 7. 42 ver- 
öffentlicht durch die Kab O v. 18. 7. 44 (68# 299) 
Mit der V über die Eg. der Offiziere im preuß. 
Heere v. 2. 5. 74 (als Dienstvorschrift veröffent- 
licht) erließ der König von Preußen neue Be- 
stimmungen über die Eg. Diese sowie die Be- 
stimmungen der unter dem 1. 1. 97 erlassenen 
Ergänzungsorder gelten noch, allerdings mit 
einigen wesentlichen Aenderungen, die durch 
Kab-O v. 15. 7. 10 angeordnet worden sind. Ver- 
öffentlicht sind diese Bestimmungen im Kom- 
vendium für Militärrecht“ (s. Literatur). 
ür die Sanitätsoffiziere des 
Heeres sind Eg. durch die Allech V v. 9.6 *N 
(A#l 161) geschaffen worden, an denen gleich- 
falls durch Kab O v. 15. 7. 10 einige wesentliche 
Aenderungen vorgenommen sind. Vgl. das „Kom- 
pendium“ und 7J Militärärzte S 840. k 
 
	        
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