Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Gemeinde (III. Organisation) 
  
dung von Abstimmungsbezirken, Erledigung von Ablehnungs- 
gründen, Mindestzahl der Abstimmenden, Vorlage der Akten, 
Prüfung, Anfechtung der Wahl. 
b) In den übrigen Gem gelten die Vorschriften 
der GemO (s. a) am Schluß). Bei den Wahlen 
entscheidet im allgemeinen relative Stimmen- 
mehrheit. Die Reihenfolge der Gewählten bemißt 
sich nach der Stimmenzahl, bei gleicher Stimmen- 
zahl nach dem Alter, eventuell dem Lose. 
V. Staatliche Einwirkung. Die 
vunmittelbaren" Städte müssen mindestens ein 
rechtskundiges Magistratsmitglied anstellen, die 
Übrigen Städte und Märkte entweder ein rechts- 
kundiges Magistratsmitglied oder einen Beamten 
(oder Bürgermeister), der die Prüfung für den 
mittleren Verwdienst bestanden hat. Die Bürger- 
meister, rechtskundigen Magistratsräte, die Bei- 
geordneten und Adjunkten bedürfen der Bestäti- 
ng, die nur unter Angabe von Gründen ver- 
agt werden darf. Bei Pensionierung unwider- 
ruflicher Magistratsmitglieder kann die Geneh- 
migung erforderlich sein. Vgl. a 159 1 89 und 
II Gem O. — Die Dienstzeichen der Magistrats- 
mitglieder und die Dienstkleidung der zu poli- 
zeilichen Verrichtungen verwendeten Geme- 
diensteten werden durch Verordnung bestimmt. 
7. Gemeindebeamte und Gemeindebe- 
dienstete. Das Dienstrecht der Gem Beamten ist 
sehr dürftig; ein Gem Beamtengesetz wird (1910) 
vorbereitet. Auf die besoldeten Mitglieder des 
Magistrats, der Gem Ausschüsse, des Gem Rats, 
welche dauernde Stellung erlangt haben, finden 
die Disziplinar-Bestimmungen (I für staatliche 
VerwBeamte siungemäße Anwendung. Andere 
Mitglieder der Gem Verwaltungen unterliegen 
der Disziplin durch die vorgesetzte staatliche Ve- 
hörde; sie können wegen grober Pflichtverletzungen 
bei Zustimmung der Gem Bevollmächtigten bezw. 
des Distriktsausschusses durch die Regierung ent- 
lassen werden. 
Die Gem ediensteten sind in den Städten 
Fr. d. Rh. entweder höhere oder niedere; die Unter- 
scheidung trifft die Gem Verwaltung; „die Stadt- 
und Marktschreiber“ gehören aber zu den höheren 
Bediensteten. Die höheren Gem Bediensteten 
sind vom Magistrat nach Einvernahme der Gem- 
Bevollmächtigten zu bestellen. Höhere Bedienstete, 
welche dauernd angestellt sind, unterliegen den 
Disziplinar-Bestimmungen für die staatlichen 
VerwBeamten. Je nach den Umständen ist die 
Disziplinarbehörde der Bürgermeister oder die 
kollegiale Gem Verwaltung oder die Kreisregie- 
rung; Beschwerde, unter Umständen weitere 
Beschwerde ist zulässig. Einstweilige Dienstes- 
enthebung ist in bestimmten Fällen vorgesehen. 
Die Gem Bediensteten werden nach dem Gesetz 
regelmäßig in widerruflicher Weise angestellt; 
sie erhalten angemessene Besoldung. In den 
Städten r. d. Rh. ist mit Zustimmung der Gem- 
Bevollmächtigten unwiderrufliche Anstellung zu- 
lässig, ebenso die Einräumung von Pensionsrech- 
ten. « 
Sonstige Bestimmungen über Besoldung und 
Versorgung fehlen. In einer Anzahl von Städten 
sind Pensionskassen als Gem Anstalten errichtet. 
#8. Staatsaufsicht. Man unterscheidet die 
eigentlichen Gemeindeangelegen- 
heiten, innerhalb deren die Gem tun kann, 
was ihr nicht ausdrücklich verbeten ist und den 
  
„üÜbertragenen Wirkungskreis“, innerhalb dessen 
sie den Weisungen der vorgesetzten Staatsbehörde 
zu folgen hat. Zum übertragenen Wirkungskreis 
gehören nach der Gem O die Polizeiverwaltung, 
dann die Teilnahme an der allgemeinen Staats- 
verwaltung, Rechtspflege, Finanzverwaltung. Die 
Grenzen beider Wirkungskreise sind nicht überall 
scharfe. Verboten ist den Gem, „die gesetzlichen 
Schranken ihrer Befugnisse zum Nachteile des 
Staates zu überschreiten“, d. h. zu handeln, wo 
der Staat zu handeln hat. Ein Verbot, politische 
Fragen zu erörtern, kann daraus wohl nicht abge- 
leitet werden. Das Petitionsrecht an den Landtag 
ist übrigens den Gem niemals bestritten worden. 
Erlaubt ist den Gem jegliche Fürsorge für die Gem 
und für die Gem Angehörigen, durch welche Ge- 
setze nicht verletzt werden. 
Die Staatsaufsicht — pdpgl. GemO 
à 154 ff, Pf. Gem O a 86 ff, dann Verwaltungs- 
gerichtsgesetz a 10 8 2 — im engeren Sinne 
verhütet die Verletzung öffentlicher Rechtsnormen 
durch die Gem; sie wird geübt durch Behörden des 
Staates, nicht durch höhere Selbstverwaltungs- 
körper. Zu ihrer Durchführung ist den vorgesetzten 
Staatsbehörden das Recht der Kenntnisnahme 
von der Tätigkeit der Gem Behörden, insbeson- 
dere das Recht der Amts= und Kassenvisitation 
eingeräumt. Die Staatsaufsicht greift ein ent- 
weder auf Anrufen einzelner oder von Amts 
wegen. Sie beschränkt sich auf die Beseitigung 
der Gesetzesverletzung, die auch in der Unter- 
lassung gesetzlicher Verpflichtungen bestehen kann. 
Die Verletzung des bürgerlichen Rechtes bildet 
den Gegenstand der Staatsaufsicht nur dann, 
wenn die Gem eine rechtskräftige festgestellte Ver- 
pflichtung nicht erfüllt. An die Stelle der Zwangs- 
vollstreckung wegen Geldforderungen treten näm- 
lic regelmäßig die staatsaufsichtlichen Zwangs- 
mittel. 
Gegen staatsaufsichtliche Beschlüsse der nächst- 
vorgesetzten Behörde ist die Beschwerde an die 
nächst höhere zulässig. Gegen Beschlüsse der Kreis- 
regierungen ist aber auch die Beschwerde zum 
VerwGerichtshof gegeben, um Verletzungen des 
Selbstverwaltungsrechtes und die ungesetzliche 
Auferlegung von Leistungen abzuwehren. Der 
Gerichtshof entscheidet aber nur über die Rechts- 
frage, er prüft Ermessensfragen nicht, z. B. ob 
es zweckmäßig ist, eine gesetzlich begründete 
Leistung aufzuerlegen. 
Die Aufsicht über die Tätigkeit der Gem im 
übertragenen Wirkungskreis wird zwar auch als 
Staatsaufsicht bezeichnet, ist aber im Wesen das 
Anordnungsrecht der höheren Behörde gegenüber 
der unteren. Die Erlassung allgemeiner polizei- 
licher Vorschriften kann jedoch hiebei nicht er- 
zwungen werden; in einzelnen Fällen besteht 
allerdings eine gleichzeitige oder aushilfsweise 
Zuständigkeit einer höheren Behörde. Vgl. im 
allgemeinen Polizeistrafgesetzbuch a 5; Beispiele 
mehrfacher Zuständigkeit: a 2 Z 6 (Polizeiver- 
ordnungen zu § 366 Z 10 RSte); a 2 Z 14 
(zu §&J 368 8 8 RSte); a 2 3 16 (zu §# 369 
8 3 RStEh); a 73 (Wohnungsbeschaffenheit); 
a 94 (öffentliche Reinlichkeit); a 101 (Bau- 
polizei). 
Eine Beanstandung gemeindlicher Be- 
schlüsse durch den Bürgermeister ist dem bayeri- 
schen Rechte nicht bekannt. Dieser hat die Be-
	        
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