Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Militärwesen (G 
völkerung und ein Mitglied der Schutztruppe an- 
gehörte. 
Kiteratur: Laband 4, 258 f; Zorn2, 640 f: 
Herbst, Gesetz über die Naturleistungen für die be- 
waffnete Macht im Frieden, 1910; v. Hippel, Natural- 
leistungen für die bewaffnete Macht im Frieden, 1903; 
Matthaeus, Reichsgesetzgebung betr. die sachlichen 
Leistungen für Militärzwecke, 1889: Mohn, Die Lei- 
stungen für die bewaffnete Macht, 1908; Sassen, 
Deutsches Kolonialmilitärrecht 1911 S. 125 ff. ECassen. 
G. Mobilmachung 
* 1. Bedeutung. 1 2. Mobilmachungsplan. 1 3. Ein- 
berufung und Organisation der Feldarmee. # 4. Bildung 
der Ersatz= und Besatzungstruppen. # 5. Umgestaltung 
der Militärverwaltung. ## 6. Einfluß auf die Zivilver- 
waltung. 
1. Begriff und Bedeutung. M. ist die ge- 
samte Tätigkeit, durch die sich der Uebergang des 
Heeres von der Friedens= zur Kriegsformation 
vollzieht. Die M. ist eine plan mäßige, wenn 
sie nach den Vorschriften des M. Befehles erfolgt, 
eine modifizierte, wenn durch besondere 
Befehle Umänderungen und Ergänzungen des 
Planes angeordnet werden, eine partielle, 
wenn nur einzelne Teile des Heeres davon be- 
troffen werden. Unter M. einer einzelnen Person 
versteht man die Ausstattung derselben mit allen 
denjenigen Bedürfnissen, die zur Kriegführung 
im freien Felde erforderlich sind. 
Zu den partiellen Maßnahmen, die häufig 
eine Vorbereitung der M. darstellen, gehört die 
Komplettierung der Artillerie und Kavallerie mit 
Pferden und Mannschaften, sowie die Aufstellung 
der Trains, besonders bei den in der Nähe der 
Landesgrenzen stehenden Heeresabteilungen. Die- 
ser Mittelzustand zwischen Friedens= und Kriegs- 
fuß wird gewöhnlich als „Kriegsbereitschaft“ be- 
zeichnet. 
Die Fähigkeit zu einer schnellen M. gewährt 
nicht nur bei allen politischen Wechselfällen dem 
Staate eine große Sicherheit und Ruhe, sie verleiht 
auch bei ausbrechendem Kriege von vornherein 
eine gewisse Ueberlegenheit. Die Zeit, die zu 
einer M. nötig ist, hängt ab von der gesamten 
Organisation des Heerwesens, von der Zahl und 
Stärke der Kadres, von der Ausdehnung des Lan- 
des und seinen Transportmitteln (Militär- 
lastenl, endlich und hauptsächlich von der Voll- 
ständigkeit der Vorarbeiten. 
Die M. erfolgt durch Befehl des Kaisers, in 
Bayern auf Veranlassung des Kaisers durch den 
König von Bayern (eine Weigerung des Königs 
von Bayern ist nicht zulässig, RBa 19). Die 
M. erfolgt meist auf telegraphischen Befehl, der 
an sämtliche höhere Behörden, an die einzelnen 
garnisonierenden Truppenteile, an die Eisenbahn- 
verwaltungen und Zivilverwaltungsbehörden geht. 
Letztere haben mitzuwirken bei der Einberufung von 
Mannschaften und der Erfüllung von Kriegs- 
leistungen. Der M. Befehl bestimmt zugleich den 
Tag, der als erster M. Tag zu gelten hat. 
# 2. Der Mobilmachungsplan. Die Vorar- 
beiten, der Mobilmachungsplan, wer- 
den von den meisten Staaten geheim gehalten 
u. Mobilmachung) 
  
  
(Ausnahme: Italien 1874, England 1875). Das 
Vorhandensein eines Planes kann freilich nicht ge- 
heim sein; auch beruhen die Prinzipien desselben 
auf der gesamten Staats-= und Heeresorganisation 
und können nicht ohne weiteres von einer fremden 
Macht nachgeahmt werden. Jedoch sind die Einzel- 
heiten, die leitenden Grundsätze — „soweit sie nicht 
von jedem wissenschaftlich gebildeten Soldaten 
selbst erkannt werden können" (I'Somme de Cour- 
bieère 105), insbesondere die einzelnen Vorarbeiten 
und Zeitbestimmungen unbedingt geheim zu halten 
(„sekret" RSt B f 92; R v. 3. 7. 93). Auch 
an dieser Stelle kann daher eine spezielle Dar- 
stellung nicht erfolgen, nur Inhalt und Gang des 
Verfahrens im allgemeinen angedeutet werden. 
Der M. Plan, dessen Aufstellung unter Berück- 
sichtigung und Ausnutzung aller Verhältnisse eine 
der schwierigsten und bedeutungsvollsten Aufgaben 
der Heeresleitung ist und durch das Kriegs Min 
im Vereine mit dem Generalstabe erfolgt, be- 
stimmt Stärke und Einteilung der Feldtruppen, die 
Neuformationen, die Formationsorte, die Vertei- 
lung der Offiziere, Beamten und Mannschaften 
auf die einzelnen Truppenteile, die Art der Pferde- 
beschaffung (Vertrag oder Zwang), die Lage- 
rungsorte der Waffen, Munition usw., die Be- 
förderung von Personal und Material zu den 
Formationsorten bezw. zum Kriegsschauplatze 
(M. Fahrplan), die Errichtung der Stäbe und stell- 
vertretenden Behörden, Armierung der Festun- 
gen usw. 
Die General= oder Divisionskommandos erlassen 
auf Grund dieses Planes für ihren Befehlsbereich 
M. Instruktionen, die die Anordnungen für die 
einzelnen Truppenteile und Behörden enthalten. 
Letzte arbeiten auf Grund dieser M.Tage- 
bücher (M. Kalender) aus, die ersehen lassen, 
was an jedem Tage zu geschehen hat und wieviel 
Tage nötig sind. Alle diese Vorarbeiten müssen 
alljährlich revidiert werden. 
Im einzelnen umfaßt die M. die Ergänzung 
der Behörden und Truppenteile (mit Mannschaften 
und Pferden), die Aufstellung der besonderen Trup- 
penteile, Ersatz= und Besatzungstruppen, vertreten- 
der Behörden, die Bewaffnung und Ausrüstung, 
Aufstellung der Trains, Einrichtung des Etappen-, 
Feldpostwesens usw., Aufstellung von Depots, 
Vereinigung von Heereskörpern zu „Armeen“, 
Armierung von Festungen, Bereitstellung des Be- 
lagerungstrains usw. Unter den Beilagen des 
M. Planes ist der Mobilmachungsetat 
zu nennen. Jeder Truppenteil usw. hat einen 
solchen, bei der Feldarmee „Kriegsverpflegungs- 
etat", im übrigen „Verpflegungsetat“ genannt. 
Alle Ausgaben für Ausrüstung und Ausstattung 
werden auf den M. Etat, alle laufenden Ausgaben 
sowohl für die Feld= wie für die Besatzungsarmeen 
auf den Kriegsjahresetat übernommen. Dieser 
tritt mit dem Ersten des Monates ein, in 
dem die M. befohlen wird. Die im Kriegs- 
etat ausgeworfenen Summen haben lediglich die 
Bedeutung, daß sie für die Dotierung der Kassen 
Anhalt gewähren: für die Verpflegung usw. kann 
allein das Bedürfnis maßgebend sein (Abdruck des 
M. Etats: Frölich, Verwaltung 11 1, 174). 
Es handelt sich bei der M. im wesentlichen um 
die Verstärkung der Truppen, Ausfüllung der Ka- 
dres usw., sodann um die Organisation der Feld- 
armee, und zwar insbesondere um die Bildung
	        
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