Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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8 2. Organisation nud Berhaältnis zur Volks- 
schule. Der MinE v. 15. 10. 72 verlangte für M. 
mindestens 5 aufsteigende Klassen, gestattete jedoch, 
daß die Oberklassen einer sechsklassigen V Sch nach 
dem Lehrplan der M. arbeiteten. Vgl. 5 4 a. E. 
Auch die Bestimmungen über die Neu- 
ordnung der M. v. 3. 2. 10 (u. BBl S 343—408) 
wollen an die bisherige Entwicklung anknüpfen 
und schließen als Lehrziel die Vorbereitung auf 
höhere Schulen nicht aus. Andererseits betonen 
sie, daß Schulen, die bisher ausschließlich nach dem 
Plan derjenigen höheren Schulen gearbeitet ha- 
ben, für die sie vorbereiten, den wirklichen Be- 
dürfnissen des Mittelstandes besser durch Annahme 
des neuen Plans der M. (mit kleinen Abwei- 
chungen und unter Einrichtung von Abteilungs- 
unterricht z. B. in den fremden Sprachen) dienten. 
Die M. darf sich auf der VSch dergestalt aufbauen, 
daß sie die Unterstufe mit ihr gemeinsam hat. Es 
gelten demgemäß auch Anstalten, die nur Mittel- 
und Oberstufe umfassen, als selbständige M. 
Mittelschule 
  
(.3 Bl 1912, 258). Neun Jahre alten befähigten 
VSchnindern, die das Lehrziel der Unterstufe der 
M. gut erreicht haben, soll dann gestattet sein ohne 
Prüfung (versuchsweise) in die Mittelstufe (6. 
Nlasse) einer M. überzutreten. 
Eine voll ausgestaltete M. (bis zum Mai 1913 wa- 
ren als solche 53 Knaben= und 52 Mädchen M. aner- 
kannt) umfaßt 9 aufsteigende Jahreskurse in der 
Regel in 9 gesonderten Klassen (je 3 für jede Stufe). 
Bei geringer Schülerzahl können einerseits Kna= 
ben und Mädchen, andererseits 2 Jahrgänge (aber 
höchstens 40 Kinder) in einer Klasse vereinigt wer- 
den. Sonst ist 50 die höchst-zulässige Besuchsziffer 
für die Klassen der Unter= und Mittelstufe, 45 für 
die der Oberstufe. Die kleinste M. würde also aus 
3 Klassen (mit je 2 Jahrgängen) bestehen. 
z 3. Stundenpläue und Lehrplan. a) Durch- 
schnittlich sollen 5 Stunden täglich (in der neunten 
Klasse 18, in der ersten 32, bei Mädchen 30 Stun- 
den, wöchentlich) erteilt werden. Bei Teilnahme 
an unverbindlichen Fächern (Handarbeit, 2. Fremd- 
sprache) ist von der 6C. Klasse ab eine Steigerung 
um weitere 2 Stunden wöchentlich und, ohne 
Erhöhung der Gesamtstundenzahl, eine Aenderung 
des Plans der Oberstufse mit Rücksicht auf den 
späteren kaufmännischen, gewerblichen, landwirt- 
schaftlichen Beruf der Schüler gestattet. Für M., 
die auch auf höhere Schulen vorbereiten, lehnt 
sich der Unterrichtsplan der 6.—1. Klasse an den 
der betr. höheren Schulen, und zwar a) der 
Sexta bis Untertertia des humanistischen Gym- 
nasiums, b) der Sexta bis Obertertia des Gym- 
nasiums und Realgymnasiums mit gemeinsamem 
Unterbau und c) der Real= und Oberrealschule 
bezw. d) der Klasse 7—3 der höheren Mädchen- 
schule an. Für Gruppe a) ist Latein, von Klasse 3 
ab Griechisch, von Klasse 2 ab Französisch, für die 
indern Gruppen ist Französisch und außerdem 
(von Klasse 3 ab) für Gruppe b) Latein, für c) 
und d) Englisch aufzunehmen. 
d# De-Lehrplan umsaßt: Religion (ministerielle 
Gene bun ung bedarf die Einführung neuer Unterrichts- 
buc, 1.::5. 1896, 595). Die Kirche leitet den Unterricht, 
  
  
U 3Bl 183, 653. Die Frage, ob Dissidentenkinder zur Teil- 
nahme anzuhalten sind, entscheidet das Min von Fall zu 
Fall, (U. Bl 1893, 355). Deutsch (als Ziel wird u. a. 
„einige Bekanntschaft mit der vaterländischen Litcratur“ 
çgenannt) (Einführung neuer Lehrbücher bedarf ministerieller 
Genehmigung, U 3Bl 1894, 7471: von Kl. 5 ab eine Fremd. 
sprache, und zwar Englisch (für Knabenschulen die 
Renell oder Französisch (auten Schülern darf mit 
Genehmigung der Regierung die Möglichkeit geboten wer- 
den, in Kl. 3—1 unverbindlich die 2. fremde Sprache auch 
zu treiben)z; Heimatkunde in Kl. 7 und 6 bezw. 
Erdkunbde (von Kl. 5 ab) (in Kl. 1 sollen auch die Grund- 
lagen des Wirtschaftslebens Deutschlands, sein Verkehr mit 
anderen Ländern und Erdteilen behandelt werden); Ge- 
schichte (von Kl. 5 ab, mit „ausgiebiger Berücksichtigung 
der Kulturgeschichte“, „Mindestmaß von Zahlen und Namen“) 
(in Kl. 1 soll auf die wirtschaftliche und geistige Entwicklung 
Deutschlands seit 1648, Deutschlands Weltstellung, des 
Reicheo und Preußens Verfassung und Verwaltung, die 
soziale Gesetzgebung eingegangen werden); Mathema- 
tik, und zwar Rechnen (in Kl. 1: Zinseszinsrechnung nach 
Tabellen, Staatsvapiere Aktien, Scheckverkehr, Wechsel, 
das einsachste von den Potenzen und Wurzeln, einfache 
Gleichungen 2. Grades mit einer Unbekannten), Raumlehre 
von Kl. 5 ab (Kl. 1: Begriff der trigonometrischen Funk- 
tionen, Sinussatz und Cosinussatz, trigonometrische Berech- 
nung des recht- und des schiefwinkligen Dreiecks mittels 
vierstelliger Taseln, Berechnung von Kantenlängen, Cber- 
slachen und Inhalten sowie Zeichnung einfacher siereometri- 
scher Gebilde), Buchführung. Naturkunde (von Kl. 6 
ab) (Kl. 1 u. a.: Pflanzen= und Tier-Geographic, Ge- 
sundheitslehre, wichtige Stücke aus der Lehre von der 
Strom-Elektrizität, leichtere Erscheinungen aus der organi- 
schen Chemie und der Nahrungsmittel-Lehre unter Berück. 
sichtigung der heimischen Industrie, Technologie und Chemie 
der Küche für Madchen); Schönschreiben in Kl. 8—4; 
Zeichnen („malendes“ Zeichnen als Hilfsmittel 
für andere Unterrichtsgegenstände in Kl. 9 und 8, selb- 
ständiges Gevdächtnis-Zeichnen in Kl. 7 und 6, 
Zeichnen nach dem Gegenstand in Kl. 5 und 4: flache For- 
men und von Kl. 3 ab Körper. Linecar-Zeichnen 
von Kl. 5 ab); Singen in nl. 9—2, Turnen. End- 
lich wird empfohlen Beschäftigung mit der 
Hand: a) Handarbeit, und zwar für Knaben (Modellieren, 
Papp., Holz= und Mctall-Arbeiten nach Wahl, womöglich 
im Zusammenhang mit gecigneten Unterrichtsfächern, von 
der Mittelstufe an in besonderen Stunden und womöclich 
durch Beschästigung in der Gartenpflege, für Mädchen 
Nadelarbeit); b) Hauswirtschaft für Madchen (Hausarbeit, 
Kochen und Nahrungsmittellehre, Behandlung der Wäsche); 
c) Gartenarbeit für Knaben und Madchen. 
#s# 4. Berechtigungen. Es können zugelassen 
werden: 
1. diejenigen Knaben, die eine stufige 
M. oder eine selbständige M. ohne Unterstufe er- 
folgreich bis zum Schluß besucht haben: a) zur 
Ablegung der Prüfung für Einjährig-Freiwillige 
vor Vollendung des 17. Lebensjahres, wenn sie sich 
am Unterricht in einer zweiten fremden Sprache 
beteiligt haben; b) als Anwärter zum mittleren 
Post= und Telegraphendienst;c) in die Vorklassen 
bezw., nach Erwerb der Berechtigung einjährig zu 
dienen, in die 5. Klasse der höheren Maschinen- 
bauschulen, d) in die 2. Klasse der Präparandenan- 
stalten;e) zum Besuch der staatlichen Gärtner- 
lehranstalten; k) zum städtischen Bureaudienst. 
2. diejenigen Mädchen, die das Zeugnis über 
den erfolgreichen Besuch der obersten Klasse einer 
vollentwickelten Mädchen M. besitzen, sobald sie 
ihre technische Ausbildung vollendet haben, zur 
Prüfung für Handarbeits-, Turn= und Haus- 
wirtschafts-Lehrerinnen (VSchA #ll, 260). 
Der Besuch der gehobenen Küassen, die einer 
VSch an- oder eingegliedert sind und nach dem 
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