Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
904 
Moresnet 
  
in Preußen verfolgt. Hypotheken können sowohl 
bei dem preuß. Amtsgericht in Montjoie (GS 1900, 
S) als bei dem belgischen Hypothekenamte in 
Verviers eingetragen werden (!); für Erneuerung 
der Eintragung nach 10 Jahren muß a 2154 code 
civil gelten. Wechselproteste erfolgen nach a 173 
code de commerce (nicht durch die Post). 
Ueber das beschränkte Vereins- und Versamm- 
lungsrecht: a 291—294 code pénal. 
4. Einzelne Verwaltungszweige. 
Die Post behandelt M. als Inland (Postämter 
in Preußisch-M. und in (Belgisch)-Montzen). 
Zoll. Die Einfuhr aus den Niederlanden muß 
nach Wahl des Beziehers entweder durch die 
preußische (Valserquartier) oder die belgische 
Zollstelle (Gemmenich) verzollt werden; vgl. Vv. 
12. 11.83. Die Einfuhr aus Preußen und Bel- 
gien ist zollfrei, nicht aber auch umgekehrt. 
Steuern werden nach dem alten franzö- 
sischen Rechte für beide Staaten gemeinsam 
durch Preußen erhoben: Grund= und Gebäude- 
steuer, Personalsteuer, Patentsteuer (nach der 
Taxe wie 1815 insgesamt knapp 3000 Fr.). Die 
Gemeinde erhebt eine Einkommensteuer, Steuer 
von Lustbarkeiten, Schankwirtschaften, Hunde- 
steuer (insgesamt 13000 Fr.). Das Berg- 
werk ward nach der französischen Invasion zum 
Nationaleigentum erklärt (vgl. Spandau S 17); 
es wird von der „Société des mines et fonderies 
de zinc de la Vieille Montagne“ (jetzt Haupt- 
betriebsstätte in Mülheim a. Rh.) ausgebeutet, 
ist jedoch erschöpft und nur noch mit den Auf- 
bereitungsanstalten für Gruben, die der Gesell- 
schaft auf preußischem Gebiete gehören, im Be- 
triebe; die Gesellschaft zahlt hiefür keine beson- 
deren Abgaben (mehr), sondern nur einen Bei- 
t zu den Schul- und Kultuskosten (über ge- 
wisse Vorrechte vgl. a 31 des Grenzvertrages). 
Es ist keiner staatlichen Bergbehörde zugewiesen. 
Besondere Münzen gibt es nicht; amtlich 
wird nach Franken gerechnet. 
Für die Anwendung der deutschen Sozial- 
gesetze muß M. als Ausland gelten, natürlich 
als Grenzbezirk. 
5. Militärfrei sind nur diejenigen, deren 
Familie schon vor 1816 in Neutral-M. ansässig 
war. Im übrigen ziehen sowohl Preußen wie Bel- 
gien die eigenen Untertanen zum Dienste heran. 
6. Der Personenstand wird von dem 
Bürgermeister registriert (deutsch); das Neben- 
register wird nur bei der Staatsanwaltschaft in 
Aachen verwahrt. 
7. Kirchlich bildet Neutral--M. eine Filiale von 
Belgisch-M. (Bistum Lüttich). Die wenigen Prote- 
stanten (38) sind nach Preußisch-M. eingepfarrt. 
Ein Schulzwang besteht nicht; es gibt eine jetzt 
klassige Knabenschule und eine z. T. durch Ordens- 
schwestern geleitete 4klassige Mädchenschule. Die 
technische Schulaufsicht hat die Gemeinde einem 
belgischen Schulmanne in Brüssel anvertraut. 
#5. Ausblick. 
Der Rechtszustand des streitig gebliebenen 
Gebietes von M. zeigt einen nur mäßigen Zu- 
satz von Neubildungen zu dem erstarrten Rechts- 
stande bei Eintritt der Konadministration. Dieses 
Gemisch von alter Satzung und jüngerer Ge- 
wohnheit, beides unsicher, konnte nur zu einer 
lückenhaften, unbefriedigenden Rechtslage führen. 
Für die Justiz vgl. z. B. oben § 4 Z. 3. Für 
  
  
das Gewerberecht gilt z. B. noch das Streik- 
verbot nach code pénal a 414, 415; andrerseits 
ist ein Schutz durch militärisches Einschreiten nicht 
vorgesehen, wäre jedoch für den Notfall keineswegs 
durch den Grenzvertrag ausgeschlossen. Wirkte bis 
in die 50er Jahre der beiderseitige Anspruch auf 
das Bergwerk einer endgültigen Regelung entge- 
gen, so ist dieser Grund jetzt fortgefallen; die stei- 
gende Volkszahl in M., die ihrer Beschäftigung in 
Preußen nachgeht, drängt dagegen mehr und mehr 
nach solcher Regelung. 1872 war bereits eine ge- 
mischte Kommission zum Zwecke einer Regelung 
zusammengetreten. Wiederholt ist in den letzten 
Jahren von der preußischen Regierung erklärt wor- 
den, daß Verhandlungen mit Belgien geführt wür- 
den (z. B. Sitzung des Abgeordnetenhauses v. 11. 
5. 09, St Ber 6197). Es ist zu wünschen, daß sie 
endlich auch durchgeführt werden. 
Literatur: H. Schmetz (Bürgermeister), Ber- 
ordnungen für das neutrale Gebiet von M. (Eupen, 1900); 
Müller im urch für Landeskunde der preuß. Monarchie 
Bd. 5 (1859, S 319); Ferd. Schroeder, Das Ggrensstreitige 
Gebiet von M., 1902; Koch, Neutral-M. (in dem Bei- 
blatte zur Magdeburgischen Zeitung 1908 Nr. 27, 28, 29); 
Spandau, Zur Geschichte von Neutral-M., phil. Diss. 
Bonn 1904; Leichsenring, Neutral.-M., seine Ent- 
stehung und völkerrechtliche Natur, Diss. Erlangen 1911; 
Pandectes belges „Moresnet (territolre neutre).“ 
tome 66, 1900 Nr. 5083 Sp. 390—429; Politis, Revue 
Sénérale de drolt International public 11 (1904), 68 (Spiel-- 
bank). — Entsch d. Cbertribunals v. 16. 11. 75 (OCppenhoff#, 
Rechtsprechung 16, 728), OL# Cöln v. 9. 10. 83 (Arch f. das 
Zivil- und Strafrecht der Rheinprovinz, 74 Abt. II S 35), 
des Reichsgerichts in RK GEt 31, 259, besonders aber 38, 289 
(hier auch der Erl des Reichskanzlers an den Generalstaats- 
anwalt in Cöln v. 28. 10. 75); Urkeile des belgischen Kassa- 
tionshofs v. 17. 3. 65, 26. 9. 93 (Pasicrisie belge 309, Pan- 
dectes belges Sp. 408, 407). Sleischmann. 
Mühlen 
1 1. Begriff. 1 2. Uebersicht des Mühlenrechts. s 3. 
Reichsrecht. # 4. Preußen (Wassermühle, Schiffsmühle, 
Windmühle, Mühlenabgaben). 3 5. Bayern, Württemberg, 
Sachsen, Baden. ## 6. Hessen. 3 7. Elsaß-Lothringen. 
* 8. Mühlenumsatzsteuer, Zollbestimmungen. 
IWsst — Wassermühle; Wd Windmühle; W0 — 
Wassergesetzl. 
K1. Begriff. M. sind Werkzeuge und Maschi 
zum Zerreiben von Getreidekbrnern Dezfaschinen 
gewinnung sowie die diesem Zwecke gewidmeten 
gewerblichen Anlagen. Außerdem versteht man 
darunter auch Werkzeuge, Maschinen und Anlagen 
die im Bau der Getreide M. ähnlich und zum 
Zerreiben, Zerstoßen und Verkleinern anderer 
Gegenstände bestimmt sind, z. B. Reis-, Oel- 
Gewürz M. Früher sprach man vielfach und auch 
heute spricht man noch gelegentlich von Polier- 
Schleif-, Walk-, Papier-, Pulver-, Bohr- und 
Spinn M. Näheres, auch über Schiffs M., § 2 a. E. 
32. Uebersicht des Mühlenrechts. Die Schwie- 
rigkeit sowie die Kosten der Herstellung und In- 
standhaltung der Wis s und Wd in einer Zeit 
wenig verbreiteter technischer Kenntnisse und ge-
	        
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