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gestellt wird. Vielmehr entfalten die M. hierüber
hinaus eine insbesondere literarische Tätigkeit, in-
dem sie für wissenschaftliche Bearbeitung der
Sammlungsgegenstände Sorge tragen, indem sie
ferner die notwendige Verbindung mit wissen-
schaftlichen Vereinen, Ausstellungen und Fach-
blättern, auch mit Privatsammlern suchen und
pflegen und indem sie seitens ihrer höheren Beam-
ten Reisen zu Studienzwecken und zur Teilnahme
an Versteigerungen unternehmen lassen. Die
Zwecke der M. als Volksbildungsstätten werden
ebenfalls nicht ausschließlich dadurch erreicht, daß
sie den Laien durch die Vorführung der toten
Sammlungsgegenstände ein möglichst treues Bild
der Entwicklung von Kunst und Kultur der Ver-
gangenheit und Gegenwart zu geben suchen, son-
dern auch hier gehen die M. neuerdings weiter.
In der richtigen Erkenntnis, daß das gesprochene
Wort allein lebendig wirkt, werden allgemein ver-
ständliche Vorträge in den neuerdings fast überall
mit den M. verbundenen Hörsälen abgehalten
und Führungen durch die Sammlungen veran-
staltet. Ferner werden einzelne Gegenstände der
Kunst oder des Kunstgewerbes leihweise an tech-
nische Lehranstalten abgegeben und schließlich, wie
das beim Berliner Kunstgewerbe M. in besonderem
Maße geschehen ist, bei den M. wohl auch Biblio-
theken und Unterrichtsanstalten eingerichtet, um
(namentlich dem gewerbetreibenden) Publikum
die Hilfsmittel der Kunst und Wissenschaft zu-
gänglich zu machen und Gelegenheit zur Erwer-
bung künstlerischer und wissenschaftlicher Fachbil-
dung zu geben.
s# 2. Geschichtliche Entwicklung. Schon im
Altertum (in Griechenland besonders von der Zeit
der Diadochen an) wurden wertvolle Kunstwerke
gesammelt. Aber diese Kunstsammlungen waren
zufälliger Entstehung und es fehlte jede
einheitliche Anordnung. Dabei blieb es auch in
der Folgezeit. Als dann seit den Zeiten der
Renaissance infolge kunstliebender Bestrebungen
in den Schlössern weltlicher und geistlicher Fürsten
und Herren ausgedehntere Sammlungen entstan-
den, trat ebenfalls kaum ein Fortschritt ein. Denn-
die größeren Kunstwerke wurden dazu verwandt,
die Villen und Gärten zu schmücken, die kleineren
den Kuriositätenkabinetten der Fürsten oder den
Bibliotheken der Gelehrten einverleibt. Zudem
waren die Sammlungen reine Privatsammlungen.
Die Entwicklung von M. im heutigen Sinne
ging erst im Laufe des 19. Jahrhunderts vor sich.
Mit der allmählich wieder erwachenden Wert-
schätzung der alten Kunst brach sich der Gedanke
Bahn, daß die edelsten Kunstwerke der Allge-
meinheit gehörten, und daß daher die Schätze
der Sammlungen den Zwecken der Oeffent-
lichkeit und der Volksbildung zu widmen
seien. Dieser Gedanke wurde mächtig gefördert,
als im Anschluß an die französische Revolution
seitens der Nationalversammlung aller bisherige
königliche Privatbesitz an Kunstwerken in Frank-
reich als Nationaleigentum erklärt und 1791 der
Louvre zum öffentlichen Zentral-N. umgewan-
delt wurde. Entsprechend der neuen Auffassung
erklärten auch Friedrich Wilhelm 1III. von Preußen.
(bereits 1797) und Ludwig I. von Bayern ihren
großen Hausbesitz an Kunstschätzen und Samm-
lungen als Staatseigentum, ohne doch selbst auf-
zuhören, im öffentlichen Interesse aus eigenen
Museen
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Mitteln weiter zu sammeln. Das erste Beispiel
privater Opferwilligkeit für die Allgemeinheit gab
sodann 1815 der Frankfurter Handelsherr Städel,
indem er seine Sammlung von Bildern und Kunst-
egenständen in Form eines Kunstinstituts der
Fnkfarter Bürgerschaft vermachte. — Das
Streben, die nunmehr öffentlichen Sammlungen
auch nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten sy-
stematisch zu ordnen, sie in ununter-
brochenem Zusammenhang mit der Kunstwissen-
schaft zu erhalten und dementsprechend ihre Lei-
tung aus der Hand von Dilettanten in die von
Kunstgelehrten zu legen, ist erst eine Entwicklung
der letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts. Von
dieser Zeit an datiert daher die allgemeine Aus-
bildung von M. Wissenschaft und M. Wesen.
Von den vielerlei Arten der M., die jetzt be-
stehen, bedürfen besonderer Erwähnung die Kunst-
gewerbem.: sie sind mit der aufblühenden Pflege
es Kunstgewerbes als besonderen Unterrichts-
gegenstandes teils als selbständige, teils als mit
den Kunstgewerbeschulen zusammenhängende In-
stitute gegründet worden. — Durch staatliche
Initiative ins Leben gerufen wurden ferner die
Sammlungen, die jetzt bei fast allen Universitäten
(in Berlin z. B. das M. für Meereskunde, M. für
Naturkunde, zvologisches M., botanisches M.,
mineralogisch-petrographisches M., geologisch-palä-
ontologisches M.; in Kiel u. a. das schleswig-
holsteinische M. vaterländischer Altertümer, Regl
v. 14. 5. 78, U BBl 332) und anderen Lehranstalten
(z. B. bei der technischen Hochschule in Charlotten-
burg das Architektur N. und Beuth-Schinkel M.)
bestehen. Erstreben diese M. auch nicht Vollstän-
digkeit in Gattungen und Arten, sondern wollen
sie den Studierenden nur einige besonders in-
struktive Repräsentanten und Beispiele bieten, so
sind sie doch teilweise, besonders auf naturwissen-
schaftlichem Gebiete, von hohem Wert.
Das Streben, M. anzulegen, ist jetzt sehr aus-
gedehnt; es gibt M. der Staaten, Provinzen,
Kreise, Städte und Dörfer, auch geistliche M.
Daneben wirken, teilweise mit Staatszuschüssen,
eine Reihe von Stiftungen, wissenschaftlichen
Vereinen und Kunstgesellschaften, welche z. T. mit
juristischer Persönlichkeit ausgestattet, zur Begrün-
dung einiger hervorragender deutscher Samm-
lungen geführt haben.
s# 3. Museen der einzelnen Staalen. In der
Regel sind die M. Staatsanstalten, die vom
Staate auch verwaltet werden. Nicht selten hat
jedoch die geschichtliche Entwicklung dahin geführt,
daß sie Privatbesitz fürstlicher Häuser (so das
Hohenzollern M. in Berlin, verwaltet vom Ober-
hofmarschallamt, und die Sammlung auf der
Feste Koburg) oder Kronsideikommißgut (so z. T.
in Bayern und Sachsen) geblieben sind. Trotz-
dem ist auch im letzteren Falle häufig Staatsver-
waltung eingeführt worden; ebenso häufig aber
ist die Verwaltung den Beamten der fürstlichen
Häuser unterstellt und nur in bezug auf die öffent-
liche Benutzung eine Gleichstellung mit den Staats-
sammlungen herbeigeführt worden. In einigen
deutschen Kleinstaaten hat der Streit über den
rechtlichen Charakter des Domanialgutes [Jl eine
klare Feststellung des Eigentums an den Samm-
lungen gehindert; meist gelten letztere dort als
Privatbesitz der Fürsten oder als Fideikommißgut
der fürstlichen Häuser.
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