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Nahrungsmittelverkehr
reichten, um den Mißständen, die namentlich bei
einigen in wirtschaftlicher und gesundheitlicher
Hinscht besonders wichtigen Lebensmitteln und
Gebrauchsgegenständen aufgetreten waren, zu be-
egnen und daß diese eine gesonderte gesetzliche
Hehandmung erforderten. *
I. Es sind daher im Laufe der Jahre noch einige
Gesetze erlassen worden, die mehr oder weniger
eine Ergänzung des NMGesetzes darstellen.
Zum Teil sind diese Gesetze schon wieder durch
neue abgelöst worden; in Kraft geblieben sind:
a) Gesetz, betr. den Verkehr mit
blei= und zinkhaltigen Gegenstän-
den, vom 25. 6. 87 (Röl 273), gewöhnlich
„Blei= und Zinkgesetz“" genannt. Das Gesetz ver-
folgt lediglich den Zweck, Gesundheitsbeschädi-
zungen zu verhüten, die dadurch leicht eintreten
önnen, daß Lebensmittel durch Berührung mit
blei= und zinkhaltigen Gegenständen giftige Eigen-
schaften annehmen, oder daß diese Metalle durch
Gebrauchsgegenstände unmittelbar in den mensch-
lichen Organismus gelangen. Diese Gefahr liegt
hinsichtlich des Bleis und Zinks, namentlich aber
des Bleis, gegenüber anderen Metallen in erhöh-
tem Maße vor und rechtfertigt daher besondere
gesetzliche Maßnahmen. Die Zahl der in Betracht
kommenden Gebrauchsgegenstände ist im Ver-
gleich zu den im § 5 Nr. 4 des MM vorgesehenen
Gegenständen erheblich vermehrt worden. Außer
für Spielwaren, Eß-= Trink= und Kochgeschirr
sind hinsichtlich ihres Blei gehaltes Vorschriften
gegeben über Flüssigkeitsmaße, Bierdruckvor-
richtungen, Siphons für kohlensäurehaltige Ge-
tränke, Teile von Kindersaugflaschen (Mctallteile
und Mundstücke), Saugringe und Warzenhütchen,
Kautschukschläuche zu Leitungen für Bier, Wein
und Essig, Geschirre und Gefäße zur Verfertigung
und Aufbewahrung von Getränken und Frucht-
säften, Packungen von Schnupf= und Kautabak
sowie Käse und schließlich über Mühlsteine, die zur
Verfertigung von Lebensmitteln dienen. Wegen
der geringeren Schädlichkeit des Zinks gegen-
über der des Bleis untersagt das Gesetz die Ver-
wendung jenes Metalls nur bei der Herstellung
einiger Gegenstände, die für die eines besonderen.
Schutzes bedürftigen Säuglinge bestimmt sind,
nämlich von Saugflaschen und Warzenhütchen.
b) Gesetz, betr. die Verwendung
gesundheitsschädlicher Farben bei
der Herstellung von Nahrungs-
mitteln, Genußmitteln und Ge-
brauchsgegenständen, vom b. 7. 87
(REGl 277), meist als „Farbengesetz“ bezeichnet.
Auch dieses Gesetz bezweckt ausschließlich die Ver-
hütung der Gefährdung menschlicher Gesundheit.
Es verbietet die Verwendung der darin näher be-
zeichneten gesundheitsschädlichen Farben zur Her-
stellung von Lebensmitteln ausnahmslos, stellt
aber bei Gebrauchsgegenstnden je nach der Art,
wie sie mit dem menschlichen Körper in Berüh-
rung kommen und Gesundheitsschädigungen ver-
ursachen können, weniger strenge Anforderungen.
In den Geltungsbereich des Gesetzes sind außer
den Lebensmitteln hauptsächlich die folgenden
Gebrauchsgegenstände einbezogen: Gesäße und
Umhüllungen für Lebensmittel, kosmetische Mittel,
Spielwaren, Taveten, Möbelstoffe, Teppiche, Be-
kleidungsgegenstände und Schreibmaterialien.
Besondere Vorschriften über die Beaufsichti-
gung des Verkehrs mit den in ihnen genannten
Gegenständen sieht weder das Farbengesetz, noch
das Blei= und Zinkgesetz vor; es gelten daher für
diese Gegenstände die Kontrollvorschriften des
NMesetzes.
c) Gesetz, betr. den Verkehr mit
Butter, Käse, Schmalz und deren
Ersatzmitteln, vom 15. 6. 97 (RB
475), kurz „Margarinegesetz“. Mit dem Auf-
schwunge der Margarineindustrie hielt eine Ver-
mehrung der Verfälschungen von Butter mit Mar-
gorine und der Unterschiebungen von Butter durch
argarine gleichen Schritt. Diesem Mißstande
zu steuern, erwies sich ein R v. 12. 7. 87 nicht
als ausreichend; an seine Stelle trat daher das
obige zweite „Margarinegesetz“. Dieses geht in
seinen Vorschriften viel weiter als das erste. Wäh-
rend dieses den Verkehr mit Butter und Margarine
im wesentlichen nur in der Weise regelte, daß es
einer Täuschung der Käufer durch Kennzeichnung
der Margarine und deren Verkaufsstellen sowie
durch Verbot der gewerbsmäßigen Vermischung
von Margarine und Butter vorzubeugen suchte,
im übrigen, insbesondere hinsichtlich des Aufsichts-
rechts der Pol Behörden, es aber bei den Bestint-
mungen des NMesetzes beließ, wurden im neuen
Margarinegesetze auch Vorschriften über den
Verkehr mit Margarinekäse und Kunstspeisefett
gegeben und auch sonst das frühere Gesetz erheb-
lich erweitert. So wurde vorgeschrieben, daß Ge-
fäße und Umhüllungen für Margarine, Margarine-
käse und Kunstspeisefett in einer genau festgesetz-
ten Weise zu kennzeichnen sind (§ 2) und daß diese
Erzeugnisse nicht zugleich mit Butter und Käse
in denselben Räumen — abgesehen von solchen in
kleineren Orten — hergestellt, aufbewahrt, ver-
packt und feilgehalten werden dürfen (§ 4). Der
Nachweis der Verfälschungen von Butter mit
Margarine wurde dadurch erleichtert, daß im § 6
der Zusatz eines unschädlichen und leicht erkenn-
baren Zusatzes zu Margarine und Margarinekäse
vorgeschrieben wurde. Zur besseren Durchfüh-
rung der Kontrolle wurde eine Anmeldepflicht der
Margarine-, Margarinekäse- und Kunstspeisefett-
fabriken eingeführt (§8 7) und die durch das NM-
Gesetz festgesetzten Befugnisse der Pol Beamten
dahin erweitert, daß diesen das Recht des je der-
zeitigen Eintritts in die Räume zur Herstel-
lung von Margarine und Kunstspeisefett gegeben
wurde. Von der durch das Margarinegesetz erteil-
ten Ermächtigung zum Erlaß von Ausführungs-
bestimmungen hat der BR Gebrauch gemacht, in-
dem er Vorschriften über den Zusatz von Sesamöl
zur Erkennung von Margarine und Margarine-
käse, die Kennzeichnung der Gefäße, den Fett= und
Wassergehalt der Butter sowie über die Unter-
suchung der dem Margarinegesetz unterstellten
Fette erlassen hat.
4) Durch das Schlachtvieh-und Fleisch-
beschaugesetz vom 3. 6. 00 (R Bl 547)
ist der gesundheitspolizeiliche Verkehr mit Fleisch
geregelt worden. Es schreibt vor, daß die Taug-
lichkeit des Schlachtviehs zum menschlichen Ge-
nusse durch eine vor und nach der Schlachtung aus-
zuführende Untersuchung festgestellt werden muß
und daß auch alles aus dem Auslande eingehende
Fleisch, einschließlich tierischer Fetie, erst nach einer
Prüfung auf Genußfähigkeit in den freien Ver-
kehr gebracht werden darf. Um eine solche Prir-