Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Notenbanken (A. Reichsgebiet) 
  
Zwar hatte die in Precußen im Jahre 1846 aus der 
ehemaligen Kal Bank (einer reinen Staatsbank) erwachsene, 
im Jahre 1856 mit unbeschränktem Notenrecht ausgestattete 
„Preußische Bank“, neben welcher die auf je 1 Million Taler 
Noten beschränkten 9 Privat N. in den älteren preußischen 
Provinzen kaum in Betracht kamen, tatsächlich die Funktio- 
nen einer Zentral N. für ganz Deutschland in mancher Hin- 
sicht übernommen. Indessen waren auch in den kleineren 
Staaten zahlreiche Notenprivilegien, häufig nur auf die 
Ausbeutung der Nachbarstaaten berechnet, erteilt, und die 
Verfassung wie der Geschäftsbetrieb der N. waren nach den 
allewerschiedensten Grundsätzen geregelt. Die Bersuche der 
größeren Staaten, z. B. Preußens, sich durch Berbote gegen 
das massenhafte Eindringen der lästigen fremden Noten zu 
schützen, hatten keinen durchgreifenden Erfolg gehabt. So 
hatte sich der Umlauf der ungedeckten Noten in Deutschland 
Ende 1870 auf 448 159 000 Mk. vermehrt, und die große 
Zahl der in den verschiedensten Abschnitten zirkulierenden, 
oft nur schwer einbringlichen und doch nicht leicht abzuweh- 
renden Banknoten gab dem Verkehr sort und fort zu den 
berechtigtsten Beschwerden Veranlassung. 
Gleichzeitig mit der Vorbereitung der Papier- 
geldreform wurde daher schon durch ein in seiner 
Wirksamkeit allmählich bis zum 31. 12. 75 ver- 
längertes Rö v. 27. 3. 70 (BGBl 51) der Kreis 
der Banknoten-Privilegien geschlossen. Das Münz- 
Gv. 9. 7. 73 (R#Bl 233) verordnete am Schlusse 
(a 18), daß bis zum 1. 1. 76 sämtliche nicht auf 
Reichswährung lautenden Noten der Banken ein- 
zuziehen seien, und daß von da ab nur solche 
Banknoten im Umlauf bleiben oder ausgegeben 
werden dürfen, welche auf Reichswährung in Be- 
trägen von nicht weniger als 100 Mk. lauten. 
(Wegen der Befugnis der Reichsbank zur 
Ausgabe von Noten zu Mk. 50. und Mk. 20 zu- 
solge R# v. 20. 2. 06, Röl 318, Reichsbank.) 
Das R v. 21. 12. 74 (REl 193) enthielt 
weitere, die Einziehung der kleineren Noten- 
abschnitte und der nicht aus Reichswährung lau- 
tenden Noten sichernde Anordnungen. Die Aus- 
führung der so vorbereiteten, erst nach Vollendung 
der Reform des Münzwesens [/I in Angriff ge- 
nommenen Reform des Banknotenwesens bildet 
den Inhalt des Bankgesetzes v. 14. 3. 75 
(Rl 177). 
Aenderungen enthalten die aus Anlaß der Ver- 
längerung des Privilegiums der Reichsbank erlas- 
senen G v. 18. 12. 89 (RGBl 201), v. 7. 6. 99 
(RG.l 311) und v. 1. ö. 09 (Rnl 515); a 7 882, 
3 des G v. 7. 6. 99 und a 5 Ziff V des G v. 1. 
6. 09 beziehen sich auf die Privatnotenbanken. 
2. Grundzüge des bestehenden Systems. 
I. Das Bankgesetz beruht auf einer Vermittelung 
zwischen dem System einer Zentralnoten- 
bank und der in den bestehenden Verhältnissen 
wurzelnden Bankenvielheit und ebenso 
zwischen den Freunden und den Geg- 
nern der (metallisch ungedeckten) Banknoten 
bezw. der Kontingentierung der Banknotenaus- 
gabe. Eine Reihe von Bestimmungen bekunden 
die Absicht, zunächst für 15 Jahre einen von den 
erheblichsten Uebelständen befreiten Ueber- 
gangszustand zu schaffen, um sodann auf 
Grund der gemachten Erfahrungen eine ein- 
heitliche Regelung herbeizuführen. 
An der Spitze steht der Grundsatz, daß die Be- 
fugnis zur Banknotenausgabe nur durch 
Reichsgesetz erworben oder über den zur 
Zeit des Erlasses des Bankgesetzes zulässigen Be- 
  
trag hinaus erweitert werden kann (mit einer 
Ausnahme für Bayern — +& 47 Abs 3). Ein An- 
trag der Landesregierung (wie noch 
nach dem G v. 27. 3. 70) ist nicht erforderlich. 
Wegen Beseitigung etwaiger Widerspruchs- 
rechtel. unten 55 Ziff II Nr. 6. Die unbefugte Aus- 
gabe ist mit Geldstrafe des Zehnfachen, minde- 
stens 5000 Mk. bedroht (S# 55, 59 Nr. 3). — 
Durch das Bankgesetz selbst ist eine „Reich s- 
bank"'M unter Aufsicht und Leitung des Reichs 
stehend, mit wesentlich öffentlichen Aufgaben 
unter enger Verknüpfung mit den Reichseinrich- 
tungen errichtet. Die im Gesetze (5 61) in Aus- 
sicht genommene Umwandlung der Preußischen 
Bank in die Reichsbank ist durch Vertrag mit der 
preußischen Regierung bewirkt worden. Die 
übrigen 32 N. („Privat-Notenbanken“) 
ließ das Gesetz zwar einst weilen bestehen 
(s. das Verzeichnis in der Anlage zum § 9 des 
BankG), unterwarf sie aber ebenso wie die 
Reichsbank gewissen, auf die Notenausgabe über- 
haupt bezüglichen Anordnungen, von denen die 
wichtigste in der sog. indirekten Kontingen- 
tierung (§ 9,10 — s. unten § 3g) besteht, und nö- 
tigte sie überdies, sich einer Anzahl von (in der 
Hauptsache auch für die Reichsbank geltenden) 
Beschränkungen sowohl hinsichtlich der Ausübung 
des Notenrechts als hinsichtlich ihres sonstigen 
Geschäftsbetriebes zu unterwerfen, wenn sie sich 
nicht auf das Gebiet ihres Heimatsstaates (des 
konzessionierenden Bundesstaates) eingeengt sehen 
wollten. Ueberdies sind sie neben dem bestehenden 
Aufsichtsrecht ihrer Landesregierungen der Auf- 
sicht des Reichskanzlers unterstellt (Bank G § 48). 
Seitdem haben 28 Banken teils auf ihr Noten- 
recht verzichtet, teils dasselbe durch Zeitablauf 
verloren, teils ganz liquidiert; zu den ersteren 
gehört die Braunschweigische Bank, die einzige, 
welche sich den bedingt fakultativen Vorschriften 
des Bankgesetzes nicht unterworfen hatte (Bek 
des RK v. 14. 4. 06). Es bestehen außer der 
Reichsbank nur noch 4 Privat-Noten- 
banken, nämlich die Bayerische, Säch- 
sische, Württembergische und Ba- 
dische Notenbank. 
II. Aufsicht. Neben der landesherr- 
lichen Aufsicht, die sich oft in der (statutenmäßi- 
gen) Bestellung eines ständigen Staats- 
kommissars äußpert, unterstehen die Privat N. 
der Aufsicht des Reichskanzlers. Er kann 
sich nötigenfalls durch kommissarische 
Einsichtnahme von den Büchern, Ge- 
schäftslokalen und Kassenbeständen die Ueber- 
zeugung verschaffen, daß die Bedingungen und 
Beschränkungen der Notenausgabe innegehalten. 
oder die Voraussetzungen der Befreiung von den 
bankgesetzlichen Beschränkungen erfüllt werden 
und die Wochen= und Jahresübersichten, sowie die 
behufs der Steuerberechnung abgegebenen Nach- 
weise der wirklichen Sachlage entsprechen (Bank G 
#§ 48). — Eine gewisse Aufsicht übt auch der 
Bundesrat. Jede Abänderung der 
Bestimmungen des Grundgesetzes, Statuts oder 
Privilegiums bedarf nämlich der Genehmigung 
des BRR auf Antrag der beteiligten Landesregie- 
rung, sofern sie das Grundkapital, den Reserve- 
fonds, den Geschäftskreis oder die Deckung der 
auszugebenden Noten oder die Dauer der 
Befugnis zur Notenausgabe zum 
 
	        
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