Notenbanken (C. Marokkanische Staatsbank)
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der Zeichnergruppen (vgl. unten) ausgearbeitet
worden und hat unter dem 25. 2. 07 die Geneh-
migung der Generalversammlung erhalten; eine
Abänderung des Statuts ist nur möglich durch
Beschluß der Generalversammlung (34 Mehrheit,
a 58 der Algeciras-Akte) auf Vorschlag des Verw-
Rats unter Zustimmung der Zensoren und des
Oberkommissars (vgl. unten).
II. Die Bank hat das ausschließliche Recht,
Noten auf den Inhaber auszugeben (erst Ende
1910 geschehen), mit Zahlungskraft bei allen öffent-
lichen Kassen des marokkanischen Reiches. Ihr
Kassenbestand muß ½ der umlaufenden Noten
gleichkommen und zu ½ in Gold bestehen. Die
Bank ist die Finanzagentur der Regierung und
hat die zur Gesundung der Münzverhältnisse ge-
eigneten Maßnahmen zu treffen. An der Zoll-
verwaltung ist sie wesentlich beteiligt. Sie ist
frei von allen Abgaben (a 41).
III. Sitz der Staatsbank ist Tanger. Zweig-
niederlassungen bestehen in Casablanca, Mogador,
Udschda und Rabat (nach dem letzten Jahresbe-
richte, für 1911) und werden geplant für Fes,
Safi, Larasch und Marakesch.
Organisation. Die Staatsbank ist in
Form einer Aktiengesellschaft errichtet
(Kapital nach der Generalakte 15—20 Mill. Fr.,
nach dem Statut 15 400 000 Fr.) mit Namen-
Aktien zu 500 Fr. Sie unterliegt dem französischen
Rechte. Das Grundkapital ist in zwölf gleiche
Teile zerlegt, entsprechend den Mächten die auf
der Konferenz vertreten waren, mit Ausnahme
der V. St. v. Amerika (Marokko, Deutsches Reich,
Oesterreich-Ungarn, Frankreich, Großbritannien,
Italien, Spanien, Portugal, Belgien, Nieder-
lande. Rußland, Schweden, V. St. von Amerika),
und weiteren zwei Teilen für ein älteres Bank-
konsortium, das eine (von der Verwaltung durch
die Staatsbank ausgeschlossene) Anleihe von 1904
im Betrage von 62 1½ Mill. Fr. übernommen hatte.
Zur Ausübung der Rechte ihrer Zeichnergruppe
hat das Deutsche Reich das Bankhaus Mendels-
sohn u. Co., Oesterreich-Ungarn die österreichische
Bodenkreditanstalt bestimmt.
Die Verwaltung geschieht durch einen Ver-
waltungsrat (conseil d’administration),
der durch die Generalversammlung der Aktionäre
ernannt, aber von den Zeichnergruppen bestätigt
wird; er besteht aus 14 Mitgliedern, den Teilen
des ursprünglichen Grundkapitals entsprechend;
jährlich werden die Mitglieder ersetzt. Jedes Mit-
glied muß 50 Aktien zu eigen haben (a 23 Statut).
Die Generalversammlung muß jähr-
lich einmal zusammentreten (a 42 Statut). Die
Beamten der Gesellschaft sollen, soweit mög-
lich, aus den Angehörigen der an der Kapitals-
zeichnung beteiligten Mächte entnommen werden.
Zur Begutachtung von Diskontierungen und
editeröffnungen wird von dem Verwrate der
Direktion in Tanger eine Kommission aus
wenigstens 6 angesehenen Aktionären in Tanger
beigegeben. (Ein Vertreter der Staatsbank gehört
auch zu der besonderen Kommission, die alljähr-
lich in Tanger zur Schätzung der Zollwerte zu-
sammentritt sowie zu dem ständigen Zollkomitee,
das die Oberaufsicht über den Zolldienst ausübt:
à 96, 97 der Algeciras-Akte.)
Die Oberaufsicht über die Bank (ohne Ein-
mischung in ihre Verwaltung) führt ein Ober-
kommissar, den die marokkanische Regierung
im Einvernehmen mit dem Verwate ernennt
(a 42). Zur Ueberwachung der ordnungsmäßigen
Wirksamkeit der Bank sind 4 Zensoren be-
stimmt, bestellt je von der deutschen Reichsbank,
der Bank von England, der Bank von Frankreich
und der Bank von Spanien, unter Zustimmung
ihrer Regierungen immer auf vier Jahre; sie
treten wenigstens einmal alle zwei Jahre in
Tanger zusammen (a 51).
IV. In Marokko gegen die Bank angestrengte
Klagen gehören vor einen besonderen Ge-
richtshof, zusammengesetzt aus drei Konsularbeam=
ten und zwei Beisitzern, der nach französischem
Rechte verfährt. Die Berufung geht an das
Bundesgericht in Lausanne als seßte Instanz (a 45).
Das Bundesgericht ist einzige Instanz bei Streitig-
keiten über die Konzession, ferner bei Streit mit
der marokkanischen Regierung oder mit den
Aktonären (a 46).
Literatur: Urbain Jaeger, La Bandue d-
Etat du Maroc, 1911; K. Seisfert, Annalen des deut-
schen Reichs, 1912, 756; Pierre Bonuet, La Banque
dEtat du Maroc et le probleme Marocain. 1913. —
Statut und Reglement von 1907; Jahresberichte des
Berwaltungsrats (die Drucksachen der Gesellschaft sind mir
in dankenswerter Weise von der Deutschen Bank in Berlin,
3z. T. auch durch den Crédit Lyonnais in Paris zugäng-
lich gemacht worden). — Dazu die diplomatischen Akten-
stücke und Dokumente über die internationale Konferenz
in Algeciras 1905/06, herausgegeben vom österreichischen
Ministerium des Acußern (Wien, 1906/07) und die Proto-
kolle der Konferenz (nach der amtlichen französischen Ver-
öffentlicung) bei Martens, Nouveau recueil gánéral de
traités, II. Reihe, Band 34 (1907) S. 3—238.
Fleischmann.
Notverordnung
Verordnung