Nachtrag (Hausarbeit)
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kung der Dezentralisation eine Verbesserung er-
fahren.
B. Bermögenõverwaltung (zu SII4f, 118f).
Die Gemeindeumlagen in Hessen
haben durch das neue G v. 8. 7. 11 (Regnl
Nr. 18) eine Neuregelung erfahren. Das Gesetz
trat am 1. 4. 13 in Kraft. Das Gesetz regelt
nur das direkte Steuerwesen. Die Befugnis zur
Erhebung indirekter Steuern ist den Gem im
Urkundenstempelgesetz, Hundesteuer= und Reichs-
zuwachssteuer-Gesetz auch in der Städte-= und
Landgemeinde-Ordnung verliehen. In der neuen
Städteordnung wurde die Autonomie der Städte
zur Entwicklung indirekter Steuern besonders be-
tont und erweitert. Die Gem erheben bei Bedarf
direkte Steuern vom Grundbesitz, Gewerbebetrieb,
Einkommen und vom Kapitalvermögen der
Steuerpflichtigen. Im Unterschied zur staatlichen
Vermögenssteuer handelt es sich um
Bruttosteuern. Von den festgestellten Ver-
mögenswerten sind im allgemeinen Schulden und
Lasten nicht abzuziehen. Der Grundsteuer
unterliegen die Gegenstände und Rechte nach
ihrem gemeinen Werte, wie er für die staatliche
Vermögenssteuer festgestellt wird. Für den wald-
und landwirtschaftlichen Grundbesitz bestehen Son-
dervorschriften. Für den Wald ist stets der Ertrag
festzustellen. Für Grundstücke, die dauernd land-
wirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt sind,
kann die Besteuerung nach einem Mittelwerte von
gemeinem und Ertragswerte eintreten.
Der Gewerbesteuer unterliegen neben
den Gewerben auch die bergbaulichen und land-
und forstwirtschaftlichen Betriebe. Als Gewerbe-
betrieb gilt auch der Geschäftsbetrieb der Erwerbs-
und Wirtschaftsgenossenschaften und rechtsfähigen
Konsumvereine. Veranlagungsmaßstab ist auch
hier der gemeine Wert, doch besteht die Mög-
lichkeit, den Ertrag zu berücksichtigen. Bei der
Gewerbesteuer ist ein beschränkter Schuldabzug
bei sogenannten Betriebsschulden möglich. Die
Gem haben die Möglichkeit, durch Ortssatzung
Sondergewerbesteuern für Warenhäuser und
Filialbetriebe zu erheben. Die Steuern können
als Zuschlag zur allgemeinen Gewerbesteuer oder
nach dem im Geschäfte erzielten Umsatz erhoben.
werden. ·
Der Steuer vom Kapitalvermögen (Kapi-
talsteuer) unterliegen die der staatlichen Ver-
mögenssteuer unterworfenen Vermögensteile, die
nicht von der Steuer vom Gewerbebetrieb erfaßt
sind. Die Steuer wird vom gemeinen Werte er-
hoben. Schulden sind nur unter zwei Voraus-
setzungen abzugsfähig. Sie können insoweit ab-
gezogen werden, als ihre Abtragung im Laufe
des Steueriahres für den Steuerpflichtigen erheb-
liche wirtschaftliche Nachteile zur Folge haben
würde oder wenn sie wegen entgegenstehender,
auf der freien Willensbestimmung des Steuer-
pflichtigen nicht beruhenden Verhältnisse über-
haupt nicht erfolgen kann.
Neben Grund-, Gewerbe= und Kapitalsteuer
haben die Gem eine Steuer vom Ein-
kommen zu erheben. Für die Gem Einkommen-
steuer gelten die Vorschriften der staatlichen Ein-
kommensteuer [7I. Der Gem Besteuerung unter-
liegen jedoch an sich auch Personen mit Einkommen
von weniger als 500 Mk. Das neue Gesetz stellt
für die Verteilung des
GemUmlagenbedarfs
nebeneinander Vermögenswert (Grundbesitz, ge-
werbliches und Kapitalvermögen) und Einkom-
men. Um einer einseitigen Ueberlastung vorzu-
beugen, müssen die Ausschlagskoeffizienten für
Vermögen und Einkommen in einem gewissen
Verhältnisse stehen. Dieses Verhältnis ist so ge-
wählt, daß nach den vorausgegangenen Feststel-
lungen das seitherige Verhältnis der Belastung
von Realsteuer und Einkommensteuer im allge-
meinen wohl bestehen bleibt. Das Einkommen
ist für die Zwecke der Gem Besteuerung im Ver-
hältnis zu den Realsteuern seither nur zum halben
Betrage herangezogen worden. Das Geses gibt
den Gem durch die Autonomie einen gewissen
Spielraum. Die Gemeinden können durch Orts-
satzung bestimmen, daß Vermögen bis 3000 Mk.
und Einkommen bis 900 Mk. von der Gem Steuer
freigelassen werden. Das gleiche gilt für Witwen,
elternlose, minderjährige und erwerbsunfähige
Personen bezüglich der Erwerbs-, Grund= und
Kapitalsteuer. Auch hinsichtlich des Kapitalver-
mögens ist eine noch weitergehende schonende Be-
handlung möglich.
Glässing.
Hausarbeit
(Hausarbeiter — Heimarbeiter — Hauzge-
werbetreiben de)
# 1. Allgemeines. 1 2. Begriff. # 3. Schutbestimmungen.
# 4. Reichsversicherung.
# 1. Allgemeines. Den in der Hausindustrie
(in ihren eigenen Wohnungen oder Werkstätten)
für Unternehmer tätigen Personen hat die breite
Oeffentlichkeit bisher nicht das Interesse entgegen-
gebracht, das sie für andere Arbeiterkategorien
an den Tag legte. Nur langsam sind deshalb die
schweren Mißstände in der Hausindustrie zur all-
seitigen Kenntnis gelangt. Der Gesetzgeber griff
dementsprechend ziemlich spät ein. Den ersten
Anstoß zum gesetzlichen Vorgehen gab 1896 der
große Konfektionsarbeiterstreik. Schon die da-
maligen Erhebungen vor dem Gewerbegericht
Berlin zeigten auf das deutlichste die ungesunden
Zustände. Die Kaiserl. V v. 31. 5. 97 für die
Kleider= und Wäschekonfektion besserte zwar die
allgemeinen Arbeitsbedingungen, kümmerte sich
aber nicht um die eigentliche H. Diese fand erst
Berücksichtigung im KinderschutzG v. 30. 3. 03
(1d. I, S 167 unter 5). Von da ab schenkte
man der H. regere Beachtung, namentlich seit
den 1906 in Berlin und Frankfurt veranstalteten
Heimarbeit Ausstellungen.
Bei der gesetzlichen Regelung der H. (Haus-
industrie) sind weitergehende Aufgaben als für
andere Industrien zu lösen. Einmal ist die Frage
der Arbeitsräume von der Wohnfrage (//I nicht
zu trennen. Sodann muß der absoluten Höhe
des Lohnes eine größere Aufmerksamkeit gewid-
met werden. Die von anderen Arbeiterkategorien
so erfolgreich durchgeführte Selbsthilfe wird den
Hausarbeitern bei den Eigentümlichkeiten der
Hausindustrie, vor allem durch die Tätigkeit in
eigenen Wohnräumen fast zurtUnmöglichkeit.
Jedenfalls ist unter dem Druck der erwähnten