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Gemeinde (III. Organisation)
Er besteht aus dem Gem Vorstand, einem oder
mehreren Gem Aeltesten und einer Anzahl Aus-
schufpersonen. Die Zahl der Gem Aeltesten und
Ausschußpersonen sowie etwaiger Ersatzmänner
wird statutarisch nach den örtlichen Bedürfnissen
festgesett. a)Ausschußpersonen. Hoöchst-
zahl ist 27. Die Gesamtzahl wird auf die Ansässi-
en und Unansässigen verteilt. Erstere sind nach
hen Umfange ihres Grundbesitzes oder nach der
Höhe der Staatssteuern in Hauptklassen einzu-
teilen und es ist unter Berücksichtigung der Mit-
gliederzahl jeder Klasse und des Umfanges des
Grundbesitzes oder des Steuerbetrages festzu-
setzen, wieviele Ausschußpersonen aus jeder Klasse
u wählen sind. Die unansässigen Ausschußper-
sonen sollen nicht mehr als ¼ der Gesamtzahl aus-
machen. Die Wahl der Ausschußpersonen er-
folgt direkt durch die Gem Mitglieder (1 Ge-
meindeangehörigkeit). Stimmberechtigt sind mit
Ausnahme juristischer Personen, unansässiger
Frauenspersonen und solcher, die zurzeit der
Wahl mit einem der Mängel behaftet sind, die
sie als Bürger von der Stadtverordnetenwahl
ausschließen würden (oben § 3 a), alle Gem Mit-
glieder, die sächsische Staatsangehörigkeit be-
sitzen, 25 Jahre alt sind und im Gem Bezirke ent-
weder ansässig oder seit wenigstens 2 Jahren
wohnhaft sind. Steht ein Grundstück im Eigen-
tum mehrerer Personen, so ist nur eine stimm-
berechtigt, wobei männliches Geschlecht, Wohn-
si im Orte und höheres Alter den Vorrang ver-
eiht. Ehefrauen werden durch ihre Ehemänner
vertreten, vorausgesetzt, daß diese stimmberech-
tigt sind (sie üben solchenfalls ein mehrfaches
Stimmrecht aus); entbehrt der Ehemann der
Stimmberechtigung, so ruht das Recht der Frau.
Mangels abweichender ortsstatutarischer Bestim-
mungen bilden Ansässige und Unansässige je
eine Wählerschaft, und es wählen die Ansässigen
die ansässigen, die Unansässigen die unansässigen
Ausschußpersonen. Wählbar ist jedes stimmberech-
tigte, männliche, im Gem Bezirke wohnhafte Gem-
Mitglied. Die Wahl muß angenommen werden.
Ablehnungsgründe sind nur erfülltes 60. Lebens-
jahr, dauernde gesundheitliche Behinderung, Not-
wendigkeit längerer Ortsabwesenheit, wesentliche
Beeinträchtigung des Erwerbs bei Uebernahme
des Amtes und frühere mindestens 6jährige Be-
kleidung eines Gem Amtes auf die Dauer der
nächsten 6 Jahre. Bei ungerechtfertigter Ableh-
nung Bestrafung mit 15—300 Mk. Für die Wahl
öffentlicher Beamten usw. sowie Gem Bediensteter
gilt oben ## 3 a., doch ist die Frist für Ein-
wendungen gegen das Wahlverfahren auf 14
Tage beschränkt und eine Ergänzungswahl nur
vorzunehmen, wenn die Zahl der Ausschußper-
sonen entweder unter ¾ der Gesamtzahl, oder
auf die Hälfte der Ansässigen oder Unansässigen
herabsinkt. Die Wahl erfolgt auf 6 Jahre mit
2jähriger Drittelerneuerung. ) Gemeinde-
vorstand und Gemeindeälteste.
Wählbar sind dieselben Personen wie unter a.
(Zur Wahl eines Auswärtigen als Gem Vorstandes
bedarf es also einer besonderen Dispensation,
die jedoch regelmäßig erteilt wird; zuständig ist
das Min Inn.) Wahlkörper ist der Gemeinderat.
Die Wahl erfolgt mit absoluter Stimmenmehr-
heit, nach zweimaliger erfolgloser Abstimmung
Stichwahl zwischen den Meistgewählten; ev. Ent-
— — —
scheidung durch das Los. Amtsdauer 6 Jahre,
doch kann längere Dauer beschlossen werden.
Soweit es sich nicht um Berufsbeamte und
Wahl auf länger als 6 Jahre handelt, ist Ab-
lehnung nur aus den Gründen unter d zuläs-
sig. Der Gem Vorstand und der für Ausübung
der Ortspolizei zu seiner Stellvertretung be-
stimmte Gemelteste bedarf der Bestätigung
durch den Amtshauptmann. Bei Versagung der
Bestätigung gilt f3c (an Stelle des Min tritt der
Kreishauptmann). Gem Vorstand und Gemel-
teste sind beim Amtsantritt und nach Wiederwahl
durch die Aufsichtsbehörde förmlich zu verpflich-
⅝ten. Der Gem Vorstand ist angemessen zu ent-
schädigen; ob auch einer oder mehrere Gem #el-
teste, steht im Ermessen des Gemeinderates. Das
Nähere ist statutarisch festzustellen. Ob der Gem-
Vorstand und event. auch einzelne Gen Aelteste
als Berufsbeamte anzusehen sind, bestimmt sich
wie oben #5 7, 1; dasselbe gilt bezüglich der Pen-
sionsansprüche.
b) Geschäftsführung. Berufung und
Leitung der Gemeinderatssitzungen steht dem
Gem Vorstand zu. Betrifft die Beschlußfassung
eine von ihm selbst abgelegte Rechnung, so über-
nimmt ein Gen eltester den Vorsitz. Beschluß-
fassung mit einfacher Mehrheit bei 29 Anwesen-
heit. Bei Stimmengleichheit entscheidet, sofern
es sich um Wahlen handelt, das Los, sonst die
Stimme des Vorsitzenden. Wird durch einen
Beratungsgegenstand das Privatinteresse einzel-
ner Mitglieder berührt, so haben sie sich der Teil-
nahme an der Beschlußfassung zu enthalten, wer-
den aber bei Beurteilung der Beschlußfähigkeit
mitgezählt. Beschlüsse sind zu protokollieren.
1 Durch Ortsstatut kann Oeffentlichkeit der Sitzung
vorgeschrieben werden. Aus Gründen erheblichen
öffentlichen Interesses kann das Min Inn den
Gemeinderat auflösen und über provisorische
Verwaltung der Gem auf ihre Kosten Bestimmun-
gen treffen; Neuwahl des Gemeinderats ist binnen
3 Monaten anzuordnen. Bezüglich der Disziplinar-
aufsicht über Gem Vorstand und Genelteste
gilt 87, 1.
e) Wirkungskreis. Der Gemeinderat
ist die beratende und beschlußfassende Behörde in
allen Gemeindeangelegenheiten. Die Bestellung
von Aktoren für Rechtsstreitigkeiten zwischen.
Gem und Gemeinderat liegt dem Amtshaupt-
mann ob.
2. Der Gemeindevorstand. Seine
Zuständigkeiten sind dieselben wie die des Bürger-
meisters in KlSt (oben # 7, 2) mit gewissen Ein-
schränkungen hinsichtlich der Polizeiverwaltung
und mit der weiteren Beschränkung, daß seine
Strafbefugnis nur auf Geldstrafen bis zu 30 Mk.
geht. Als Vertreter in Behinderungsfällen und
Gehilfen (in dienstlicher Unterordnung) stehen ihm
die Gem Aeltesten zur Seite.
3. Anhang. Zählt die Gem nicht über 25 an-
sassige Mitglieder, so kann an Stelle des Gemeinde-
rats die Gem Versammlung treten, bestehend aus
dem Gem Vorstande, einem oder mehreren Gem-
Aeltesten (insoweit wie der Gemeinderat zusam-
mengesetzt), sämtlichen stimmberechtigten An-
sässigen sowie einer statutarisch zu bestimmenden,
jedoch nicht über den dritten Teil der Ansässigen
zu steigernden Zahl Abgeordneter der unansässi-
gen stimmberechtigten Gem Mitglieder. Wahl-