Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Zuckersteuer (Brüsseler Konvention) 
1021 
  
Verkehre mit Deutschland und anderen Vertrags- 
ländern, die, wie Oesterreich-Ungarn und Schwe- 
den eine dem russisch-deutschen Abkommen v. 
20. 1. 08 gleichartige Abmachung mit Rußland 
getroffen haben, weiter Anwendung, und sie 
würden ohne weiteres wieder allgemein in Gel- 
tung treten, wenn Rußland sein Ausfuhrkon- 
tingent überschritte oder wenn die Konvention 
ohne Rußland fortgesetzt würde. 
Anderseits läßt die Konvention auch in dieser 
veränderten Gestalt Deutschland und den übrigen, 
in gleicher Lage befindlichen Vertragstaaten 
doch noch wertvolle Vorteile für den in- 
ländischen Verbraucher und die Staatskasse, für 
Ausfuhr und Inlandsabsatz. Die Staaten blei- 
ben geschützt gegen das Eindringen von Prämien 3 
auf ihren eigenen Markt; sie sind auf den Märk- 
ten, wo sie dem russischen Z begegnen, in Jahren 
einer ungewöhnlich großen russischen Ernte nicht 
dem Druck des gesamten russischen Ueberschusses 
ausgesetzt und kennen im voraus die Höchstmenge 
russischen Z, mit deren Erscheinen auf den ge- 
meinschaftlichen Absatzmärkten zu rechnen ist; 
England bleibt verpflichtet, den Rohr Z und den 
Rüben Z nicht verschiedenen Zollsätzen zu unter- 
werfen und insbesondere dem 3 seiner Kolonien 
keinerlei Vorzug ein3zuräumen; die gegenseitige 
Verpflichtung zur Abschaffung von Prämien und 
zur Begrenzung des Ueberzolls bleibt bestehen 
und sichert gegen das Wiederaufleben des Kartell- 
wesens und des Prämienwettkampfs der Länder 
untereinander. 
IV. Unter diesen Umständen ist es zu begrüßen, 
daß es gelungen ist, bei Gelegenheit des russi- 
schen Antrags auf Erhöhung des Ausfuhrkontin- 
gents für das Betriebsjahr 1911/12 die Ver- 
längerung der Konvention über den 1. 9. 13 
hinaus zu sichern. In dem Protokoll 
vom 17. März 1912 (Rul 249) wird die 
Konvention auf weitere fünf Jahre vom 
1. 9. 13 ab verlängert. Das russische Aus- 
fuhrkontingent wird für diese neue Periode in 
Höhe von jährlich 200 000 t aufrecht erhalten. 
Im Hinblick auf die durch die große Dürre des Sommers 
1911 herbeigeführte Knappheit an 8 und auf die unge- 
wöhnliche Höhe der Z Preise wird an Rußland außerdem 
eine Erhöhung seines normalen Kontingents um 150 000 t 
für 1911/12 und um je 25 000 t für jedes der zwischen dem 
I. 9. 12 und 31. 8. 14 liegenden vier Halbjahre zugestanden. 
Jedoch sind England und Italien 
am 1. 9. 13 aus der Konvention aus- 
geschieden. Die englische Regierung hat 
indessen ihrer Kündigung die Erklärung hinzu- 
gefügt, daß sie nicht beabsichtige, nach dem 
1. 9. 13 durch Einführung von Ausfuhrprämien 
oder einer Vorzugsbehandlung des britischen Ko- 
lonialzuckers bei der Einfuhr nach England oder 
eines höheren Zollsatzes für Rübenzucker als für 
Rohrzucker von der bisher verfolgten Z Politik 
abzugehen, daß auch das bisherige Verfahren 
bei der Ausfertigung von Ursprungszeugnissen für 
den nach Vertragstaaten bestimmten Z beibehal- 
ten werden solle, und daß hierin jedenfalls nicht 
ohne vorherige rechtzeitige Verständigung der 
noch am 3ZVertrage beteiligten Staaten eine 
Aenderung eintreten werde. An diese Erklärung 
ist der Wunsch geknüpft worden, daß auch die 
Vertragstaaten in der Behandlung des englischen 
Z keine dem englischen Handel nachteilige Aen- 
  
derung eintreten lassen und insbesondere die 
englischen Ausfuhrzeugnisse in der bisherigen 
Form weiter anerkennen würden. 
In der ständigen Kommission ist auf Grund 
dieser von englischer Seite abgegebenen Erklä- 
rungen einhellig erklärt worden, daß die bei der 
ZVereinigung verbleibenden Staaten die Be- 
handlung des englischen Z und der englischen 
zuckerhaltigen Waren in ungünstigem Sinne so- 
lange nicht ändern würden, als England in seiner 
jetzt geltenden 8 St Gesetzgebung keine ihren In- 
teressen nachteilige Aenderung einführte. Eng- 
land hat sich verpflichtet, gegebenenfalls eine 
derartige Aenderung nicht eher als sechs Monate 
nach Benachrichtigung der anderen Staaten ein- 
treten zu lassen. 
Hierdurch ist im wesentlichen derjenige Zu- 
stand, der England gegenüber bis zum 1. 9. 13 
durch die Konvention festgelegt war, über diesen 
Zeitpunkt hinaus ohne förmlichen Vertrag als 
modus vivendi aufrecht erhalten worden, 
mit dem Unterschiede, daß England nicht mehr 
in der ständigen Kommission vertreten ist. Diese 
Regelung sichert den anderen Vertragstaaten bis 
auf weiteres die Vorteile, die sich für ihren Ab- 
satz nach dem englischen Markte aus der Konven- 
tion ergeben. 
V. Die „ständige Kommission"“ in Brüssel (oben 
I1 a. E.) hat die ZStesetzgebung aller ZLänder 
in bezug auf ihre Uebereinstimmung mit den 
Grundsätzen der Konvention geprüft und hat 
für den Z einer Anzahl Staaten Aus- 
glleichszölle festgesetzt, so für den Z aus 
Argentinien, dem Australischen Bunde, Bra- 
silien, Britisch-Südafrika, Chile, Costarica, Italien, 
Japan, Kanada, Mexiko, Nikaragua, Portu- 
giesisch-Ostafrika, Rumänien, Rußland und Spa- 
nien. Daneben hat sie eine Reihe von Beschlüs- 
sen über laufende Fragen im Rahmen der ihr 
gestellten Aufgabe gefaßt. 
Ueber verschiedene wichtige Fragen hat sie bis jetzt eine 
Entscheidung nicht getrofsen, so über die Frage der Fest- 
setzung von Ausgleichgzöllen gegen Kuba und die Vereinigten 
Staaten von Amerika, sowie vor allem über die Behandlung 
der zuckerhaltigen Waren. Ueber diese nicht ganz einsachen 
und zum Teil heiklen Fragen ist wiederholt verhandelt 
worden; es scheint, daß man von ihrer Lösung abgesehen 
hat, weil ein unmittelbares Interesse an der Entscheidung 
bis jetzt nicht hervorgetreten ist. 
8 11. Herabsetzung der Zuderstener. Zum 
Ausgleich für den Schaden, der unserer ZAus- 
fuhr durch die Zulassung von Prämien B auf den 
englischen Markt erwachsen würde, war im RT 
bei Beratung der Vorlage über die Fortsetzung 
der Brüsseler Konvention die Forderung der 
Herabsetzung der ZSt erhoben worden. Im 
Hinblick auf die ungünstige Finanzlage des 
Reichs entschloß man sich aber in dem RG v. 
19. 2. 08 (RE# Bl 27), die Herabsetzung der ZSt 
von der vorgängigen Beschaffung anderweiter 
Deckungsmittel für den von der Herabsetzung er- 
warteten St Ausfall abhängig zu machen. 
Der von der Finanzreform 1909 erwartete 
Gesamtertrag reichte aber nicht aus, um die 
neu aufzubringenden Einnahmen des Reichs 
in voller Höhe zu decken. Die Herabsetzung der 
ZSt mußte daher wieder aufgeschoben werden. 
In dem G, betreffend Aenderungen im Finanz- 
wesen, v. 15. 7. 09 ist der Zeitpunkt für die Her-
	        
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