Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Zuständigkeit 
1029 
  
nicht obliegenden Verbindlichkeit belastet glaubt. 
Die Z. der Verw Gerichte in bezug auf diese An- 
gelegenheiten beruht in Preußen, Bayern und 
Baden auf einer genauen gesetzlichen Feststellung 
der einzelnen Gegenstände, in Württemberg und 
Sachsen auf einer Generalklausel. Doch wird in 
Preußen und Baden dasjenige Gebiet, für wel- 
ches die Verw Gerichtsbarkeit praktisch die größte 
Bedeutung besitzt, das der polizeilichen Verfü- 
gungen (N1, ebenfalls durch eine Generalklausel 
gedeckt. Die verwaltungsgerichtliche Z. der Bezirks- 
räte und des Kaiserlichen Rates in Elsaß-Loth- 
ringen ist durch eine Reihe von Spezialbestim- 
mungen geregelt, die meist in dem früheren 
französischen Recht, zum Teil aber auch in neue- 
ren deutschen Gesetzen enthalten sind. 
# 4. Verteilung der Zuständigkeit unter den 
einzelnen Verwaltungsbehörden. Innerhalb des 
Kreises der Verwaltungsbehörde 
bestimmt sich die Z. teils nach sachlichen, teils nach 
örtlichen Gesichtspunkten. 
In bezug auf die sachliche Zuständig- 
keit ist zunächst zwischen den Behörden für die 
allgemeine Landesverwaltung und den Spezial- 
behörden zu unterscheiden. Die Z. der letzteren 
beschränkt sich auf einen einzelnen Verw Zweig. 
Zu ihnen gehören beispielsweise die Spezialkom- 
missionen und Generalkommissionen für Ab- 
lösungen, Gemeinheitsteilungen, Zusammenle- 
gungen, die Bergbehörden, Forstbehörden, Eisen- 
bahnbehörden, Militärbebörden, die Zoll= und 
Steuerämter. Die Z. der Behörden für die all- 
gemeine Landesverwaltung erstreckt sich auf alle 
Angelegenheiten, für die nicht Spezialbehörden 
bestellt sind. Weitere Ausscheidungen der sach- 
lichen Z. finden zwischen den höheren und nie- 
deren Behörden statt. Gewisse Angelegenheiten 
sind den Zentralbehörden, also den Ministerien, 
vorbehalten; die anderen verteilen sich unter den 
Provinzial= und Lokalbehörden, also in Preußen 
unter Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten 
und Landräten, in Bayern unter Kreisregie- 
rungen und Bezirksämtern, in Sachsen unter 
Kreis= und Amtshauptmannschaften, in Württem- 
berg unter Kreisregierungen und Oberämtern, 
in Hessen unter Provinzialdirektionen und Kreis- 
ämtern, in Elsaß-Lothringen unter Bezirkspräsi- 
denten und Kreisdirektoren. Ein Unterschied der 
sachlichen Z. besteht ferner zwischen dem an der 
Spitze eines VerwBezirks befindlichen Einzel- 
beamten und den ihm zur Seite gestellten Verw- 
Kollegien: also in Preußen zwischen Oberpräsi- 
dent und Provinzialrat, zwischen Regierungspräsi- 
dent, Regierung und Bezirksausschuß, zwischen 
Landrat und Kreisausschuß; in Sachsen zwischen 
Kreishauptmannschaft und Kreisausschuß, Amts- 
hauptmannschaft und Bezirksausschuß; in Baden 
zwischen Bezirksamtmann und Bezirksausschuß; 
in Hessen zwischen Provinzialdirektor und Pro- 
vinzialousschuß, Kreisrat und Kreisausschuß. End- 
lich haben auch die Gemeindebehörden eine be- 
stimmte sachliche Z. Die Regelung der sachlichen 
Z. der Verw Behörden beruht auf einer Menge 
von Spezialbestimmungen, die sich in den ein- 
zelnen Verw Gesetzen zerstreut finden. 
Neben der sachlichen Z. der Verw Behörden 
kommt die örtliche in Betracht. Diese be- 
stimmt sich, soweit Grundstücke den Gegenstand 
der Verw Tätigkeit bilden, durch deren örtlichen 
  
Lage, soweit die Verwaltungstätigkeit sich auf Per- 
sonen bezieht, durch Wohnsitz ([l und Aufenthalt. 
Für die Regelung der örtlichen Z. der Verw- 
Gerichte, die ja in den niederen Instanzen, in 
denen allein von örtlicher Z. die Rede sein kann, 
mit den Verw Behörden zusammensallen, sind 
dieselben Gesichtspunkte maßgebend. Als Ge- 
richtsstände kommen also namentlich der Gerichts- 
stand des Sitzes der in Anspruch genommenen Per- 
son, Korporotion oder Behörde und der Gerichts- 
stand des belegenen Grundstücks in Betracht. 
5. Streitigkeiten über die Zuständigkeit. 
Zuständigkeitsstreit (Kompetenz- 
streit) ist ein Streit mehrerer Behörden dar- 
über, welche von ihnen in einer bestimmten An- 
gelegenheit zuständig ist. Der Z. Streit kann 
ein positiver oder ein negativer sein, 
je nach dem die mehreren Behörden ihre Z. be- 
haupten oder dieselbe ablehnen. Ein Z. Streit 
besteht nicht, wenn ein einzelner sich durch die 
Entscheidung einer Behörde über ihre Z. oder 
Unzuständigkeit für beschwert erachtet. Eine der- 
artige Entscheidung kann zu einer Berufung oder 
Beschwerde an die höhere Instanz Veranlassung 
geben; sie ist aber nicht von denjenigen Organen 
zu erledigen, die zur Aburteilung der Z. Streitig- 
keiten berufen sind. 
Die Möglichkeit von Z. Streitigkeiten besteht 
überall da, wo eine Verteilung der Z. unter ver- 
schiedene Behörden stattgefunden hat. Es muß 
also auch für alle diese Fälle eine Fürsorge zur 
Entscheidung der betreffenden Streitigkeiten ge- 
troffen sein. 
Der Streit, ob eine Justiz= oder eine Ver- 
waltungssache vorliegt, ob also eine An- 
gelegenheit zur Z. der Gerichte oder der Ber- 
waltungsorgane — sei es der Verw- 
Behörden, sei es der Verwcerichte — gehört, 
wird als Kompetenzkonflikt bezeichnet. 
Der Begriff des Kompetenzkonflikts ist entstan- 
den, nachdem eine Trennung von Justiz und Ver- 
woeltung stattgefunden hatte. Nach Maßgabe 
des Reichsgerichtsverfassungsgesetzes steht die Ent- 
scheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges, 
also über ihre eigene Kompetenz, grundsätzlich 
den Gerichten zu. Den Landesgesetzgebungen 
ist jedoch nachgelassen, die Entscheidung der 
Kompetenzkonflikte besonderen Kompetenzgerichts- 
höfen zuübertragen I[IJ Rechtsweg und Kompe- 
tenzkonflikt). 
Die Bestimmungen über die Entscheidung der 
Z. Streitigkeiten unter den Verwaltungs- 
behörden und Verwaltungsgerich- 
ten si#n sehr verschiedener Art. In Preußen 
und in Sachsen entscheidet das Oberverwaltungs- 
gericht alle Z. Streitigkeiten, die sich unter den 
zur Erledigung der Verw Streitsachen berufenen 
Behörden und anderen Verw Behörden erheben. 
Auch in Hessen steht die Entscheidung über die 
Z. dem obersten Verwü-erichte zu. In Bayern 
kann der Staatsanwalt, solange der Verw Gerichts- 
hof über eine Sache noch kein Endurteil erlassen 
hat, eine auf die Z. Frage beschränkte Vorent- 
scheidung beantragen. Erklärt sich dann der 
Verwerichtshof für zuständig, so ist das Mini- 
sterium befugt, den Kompetenzkonflikt zu erheben, 
welcher beim Verwerichtshofe durch einen Se- 
nat entschieden wird, der aus dem Vorsitzenden 
des Verw Gerichtshofes oder seinem Stellvertre-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.