Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
auflösen. Aber ein solcher Skeptizismus wird durch die 
Tatsachen wivderlegt. Allerdings ist zweisellos, daß Ge- 
sellschafts. und Verfassungszustände in ihrer individucllen 
Lagerung niemals unverändert wiederkehren. Aber in 
jedem Staatsleben sind dieselben Bedürfnisse und gewisse 
Möglichkeiten der Befriedigung solcher Bedürfnisse, gewisse 
politische Güter oder Werte, erweisbar. 
Die verschiedenen Formen dieser Güter sind an gewisse Be- 
dingungen geknüpft, sowie sie andererseits gewisse wieder- 
kehrende Wirkungen äußern. Vor allem stehen die ver- 
schiedenen politischen Bedürfnisse und ihre Befriedi- 
gungsformen zueinander in Wechselwirkung, die ebenfalls 
wiederkehrend sind, z. B. einerscits die Sicherheit 
damit Stärke des Staats, die Heranziehung der verschiede- 
nen Volksklassen zur Wehrleistung oder zu den finanziellen 
Lasten usw.), wie andrerseits die Freiheit des Volkes 
und Staats (die rechtliche Bindung der Staatsgewalt, die 
Errichtung von Schutzwehren, Garantien zur Einhaltung 
dieser Regeln), endlich die Gleichheit im Volk (die 
rechtliche Gestaltung des Verhältnisses, in dem die Volks- 
klassen zur Tragung der politischen Lasten herangezogen 
werden, in dem sie an der Ueberwachung der Staatsgewalt 
teilnehmen). Hierüber lassen sich Regeln ausstellen, die den 
Gesetzgeber im realen Staatsleben bei der Wahl zwischen 
den möglichen Versassungegestaltungen bestimmen können. 
Literatur: Gesamtdarstellungen. Dahl- 
mann, Die P. auf Grund und Maß der gegebenen Zu- 
stände zurückgeführt, 1835 (ovgl. oben 8 9 ce); Waitz, 
Grundzüge der P., 1862 (oben 9 d); Bluntschli, Die 
Lehre vom modernen Staat“, 3 Bde., 1835, 1886 (o. 19 d); 
Roscher, P., geschichtliche Naturlehre der Monarchie, 
Aristokratie und Demokratie“, 1893; Bornhak, All- 
gemeine Staatslehre, 1896; v. Treitschke, Politik 
(nach dem Tode des Verf. herausgegebenes Kollegien. 
heft), 2 Bde., 1899 (oben 19d). 
Rehm, Allgemeine Staatslehre, 1899; Jellinek, 
Das Recht des modernen Staats 12, 1905 (3. Aufl. im 
Ersch.); Richard Schmidt, Allgemeine Staatslehre 
1, 1900 (die gemeinsamen Grundlagen des politischen Le. 
bens), Bd. II, 1. 2. (1903) die älteren Staatsgebilde und 
die Entstehung der modernen Staatenwelt. 
Kurze Uebersicht über Ausgaben und Hauntgedanken 
einer Politik: Stier-Somlo, P., 1912; Rehm, 
Allg. Staatslehre in der Sammlung Göschen, 1907; Um- 
fassendes Sammelwerk aus Einzelbeiträgen: Handbuch 
der Politik, hrsg. von Laband, Wach, v. Liszt, Lam- 
precht u. a., 2 Bde., 1911 ff. 
Eine befriedigende Gesamtdarstellung fehlt. Iusbeson- 
dere haben von den drei neueren Werken der allgemeinen 
Staatslehre Rehm und Jellinek sich die Ausgabe (in der 
oben & 11 gekennzeichneten Weise) zu eng begrenzt, Richard 
Schmidt die (im Sinn dieses Artikels) allseitig abgesteckte 
Aufgabe mit unzulänglichem Matcerial in Angriff genom- 
men. 
Sehr bedeutend haben sich jedoch in der letzten Zeit die 
Vorarbeiten für eine künftige sostematische Darstellung der 
P. vermehrt und vertieft: Insbesondere umfsängliches 
Aussatz-Material in Zeitschriften: Z Staatsw; Arch für 
Sozialpolitik und Spozialwissenschaft; Jahrb LessR, seit 
1907, hrsg. von Laband, Jellinek und Piloty 
(mit fortlaufenden Uebersichten über die Veränderungen 
des öffentlichen Rechts in den verschiedenen Kulturstaaten). 
Z für Politik, seit 1907, hreg. von Richard Schmidt 
und Adolf Grabowsky mit zusammenfassenden ver- 
gleichenden Uebersichten über den Stand der politischen 
Probleme; Historisches Material für die politischen Unter- 
suchungen (vor allem in der Form des politischen Essays) 
Politik — Polizei (I. Begriff und Hauptarten) 
bes. in der Historischen 8, und in den Preußischen Jahrbü- 
chern (hrsg. von Delbrückk. 
Eine neuerschlossene Hilfswissenschaft ver P. bildet die 
Parteienlehre, die in das Interesse gerückt durch 
Adolf Merkels (nachgelassene) Fragmente zur Sozial-= 
wissenschaft (1893), von der Staatslehre Richard 
Schmidts in das Eostem der P. eingefügt worden ist. 
Eine eigene Materialsammlung für sie neuerdings „Die 
Parteien, Urkunden und Bibliographie der Parteienkunde“, 
hrög. als Beihefte zur Z für P. von R. Schmidt und Gra- 
bowsky unter Redaktion von Bergsträßer, Gustav Mayer, 
Blaustein u. a. (seit 1912). Außerdem beachte Wahl, 
Beiträge zur Parteigeschichte in Einzelheften (seit 1910). 
des Stgaats (die Wehrkraft und deshalb die Größe und 
  
  
Als Ergänzung zu den einzelnen Partien des vorst. Art. 
beachte (abgesehen von gelegentlichen Einzelarbeiten): 
Eduard Meyer, Geschichte des Altertums, Bd. 4 
S 450 s, 166 ff und serner Rehm, Geschichte der Staats- 
rechtswissenschaft, 1899. Füur die Schlußparagraphen vgl. 
Mat Weber, Obiektivität sozialwissenschaftlicher Er- 
kenntnis, Alch. f. Soz. Wiss. I, 19014; Richard Schmidt, 
Aufgaben und Ziele der Politik, 3 f. Politik I, 1. (1908). 
1 Staat, Versassung. Richard Schmidt. 
Polizei 
I. Begriff und Hauptarten S. 96. 
II. Sicherheitspolizei S. 100. 
III. Polizeibehörden und Polizeibeamte S. 101. 
IV. Polizeiliche Verfügungen S. 105. 
V. Polizeistrafrecht S. 112. 
VI. Polizeiverordnungen S. 119. 
VII. Polizeiliche Strafverfügungen S. 123. 
I. Begriff und Hauptarten 
* 1. Geschichte des Polizeibegriffs. 
1 Bis zur Gleichstellung von Polizei und innerer Verwal- 
tung. II. Weitere Diffserenzierung: 1. nach dem Zweck; 
2. nach dem Mittel: 3. und 4. Verbindung beider Gesichts- 
punkte. — J2. Der heutige Polizeibegriff: 
1. und 2. Ausscheidung der bloß pfleglichen Tätigkeit; 3. Poli= 
zei als Freiheitsbeschränkung und Zwang im Gebiet der 
inneren Verwaltung; 4. Polizei im engeren Sinne oder 
Sicherheits= und Ordnungspolizei als Zwang zur Gefahren- 
abwehr und Ordnungsbewahrung. — 1 3. Hauptarten 
der Polizei: 1. Die neuere Sicherheitspolizei und ihre Ge- 
gensätze; 2. Ortspolizei und Landespolizei. 
& 1. Geschichte des Polizeibegriffs. 
I. Das Wort „Polizei“ stammt aus dem griechi- 
schen „n#o###i“ und läßt sich in Deutschland 
zuerst am Ende des 15. Jahrhunderts nachweisen. 
Aber während das griechische Wort, von ##ô##6 
herkommend, ursprünglich alles, was den griechi- 
schen Stadtstaat anging, insbesondere auch dessen 
Verfassung bezeichnete, verengerte sich der Sinn 
seiner Ableitungen, zuerst in Frankreich (politia, 
policc), dann auch in Deutschland mehr und mehr. 
Hier bedeutet Pol, wie namentlich in den Reichs- 
Pol Ordnungen des 16. Jahrhunderts, vor allem 
Staats tätigkeit und zwar, unter Ausschei- 
dung der in den protestantischen Territorien 
dem Landegsherrn obliegenden kirchlichen Verwal- 
tung, den von der Obrigkeit zu begründenden guten 
Zustand des weltlichen Gemeinlebens „(Erhaltung
	        
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