Polizei (IV. Verfügungen)
jetzt vor allem W. Jellinek 289 ff) und in der ent-
iprechenden, für die Anfechtungsklage erwachsenen
Indikatur des sächsischen OVG (z. B. Jahrb.
8, S 135 f, 199; 10, 331; 7, 199; 1, 203; aber
auch 3, 303) die entschiedene, der bürgerlichen
Freiheit dienliche (vgl. Rosin, Pol Begriff N. 334)
Tendenz, die Frage, ob das Maß des Nötigen
überschritten sei, als Rechts= und nicht bloß als
Ermessensfrage zu behandeln (Entsch. 59, S 298,
365; 55, 251; 51, S 314, 288; aber auch Pr VerwBl
29, 895). Jedenfalls setzt nach der Judikatur des
preuß. O#das richterliche Prüfungsrecht dann
ein, „wenn behauptet wird, die Verfügung über-
schreite die äußersten, dem polizeilichen Ermessen
gezogenen Grenzen und beruhe überhaupt nicht
sowohl auf objektiven polizeilichen Motiven, als
vielmehr auf Willkür und sonstiger Pflichtwidrig-
keit der Behörde“ (vgl. die betr. Judikatur bei
Friedrichs, Pol Gesetz 265; gegen diese Formel
W. Jellinek 65 f).
4. Das verwaltungsgerichtliche Urteil weist den
Kläger ab oder hebt die angefochtene, ein Gebot
oder Verbot enthaltende Verfügung bezw. bei der
Schlußklage auch den angefochtenen Beschwerde-
bescheid auf. Anderes oder Mehreres ist ihm
nicht gestattet. Auch die zu Unrecht versagte Er-
laubnis wird nach der überwiegenden Praxis des
O VG nicht vom Gericht selbst erteilt; aber die
Behörde hat auf Grund des von letzterem einge-
nommenen Rechtsstandpunktes neu zu befinden.
Nur die Außerkraftsetzung einzelner der erteilten
Erlaubnis beigefügten Auflagen wird als zulässig
behandelt, was auch der Rechtsnatur derselben
als selbständiger Verpflichtungen entspricht (Bd.
60, 307; 59, 285; 49, 398 bezw. Bd. 26, 326 ff;
31, 375; Friedrichs, LVG S 119 f, 283).
§ 10. Die Rechtsmittel im polizeilichen Zwangs-
verfahren. Nach preuß. Recht sind gegen die
Androhung eines Zwangsmittels dieselben Rechts-
mittel statthaft, wie gegen die Anordnungen, um
deren Durchsetzung es sich handelt. Und zwar er-
strecken sich diese Rechtsmittel zugleich auf jene
Anordnungen selbst, sofern dieselben nicht bereits
Gegenstand eines besonderen Beschwerde= oder
Verw Streitverfahrens geworden sind. Daß die
Frist für die selbständige Anfechtung der Anord-
nung bereits verstrichen, verschlägt nichts. Der
Gegensatz zwischen Beschwerde und Klage tritt
auch hier hervor; mit der letzteren kann wohl die
Art und Höhe des Zwangsmittels als ungesetzlich
angegriffen, im übrigen aber die Angemessenheit
desselben nicht angefochten werden. Gegen die
Festsetzung und Ausführung des Zwangsmittels
findet, im Gegensatz zur Androhung, nur die Be-
schwerde an die Aufsichts instanz innerhalb
2 Wochen statt (s 133 LVG). IN Verwaltungs-
zwang.)]
B. Baden.
#&s# 11. Das badische G betr. die Verwechts-
pflege v. 14. 6. 84 steht in wesentlichen Punkten
auf dem durch das preuß. Recht vorbereiteten
Boden, weicht aber in Einzelheiten von letzterem
ab. Nach §+ 4 Nr. 1 erkennt der (höchste) Verw-
Gerichtshof in erster und letzter Instanz über Kla-
gen gegen pol. Vsig der Bezirksämter und Be-
zirksräte, welche den Kläger in seinen Rechten
verletzten. Die Klage kann nur darauf gegründet
111
werden, daß die Behörde zu der angefochtenen
Verfügung nicht berechtigt war: 1. weil diese auf
einer Verletzung des Gesetzes beruht; 2. weil die
obwaltenden tatsächlichen Verhältnisse jede Be-
rechtigung der Behörde zu der angefochtenen Ver-
fügung ausschließen. Das Gesetz ist verletzt,
wenn Rechtsnormen, insbesondere auch solche,
die in, von den zuständigen Behörden erlassenen,
Verordnungen und allgemeinen Vorschriften ent-
halten sind, nicht oder nicht richtig angewendet
worden sind. Insoweit die Behörden innerhalb
der Grenzen ihrer Zuständigkeit nach Ermessen
im Sinne des Gesetzes zu verfügen berechtigt
sind, findet die Klage nicht statt. Die Frist zur
Klage beträgt 14 Tage. Binnen gleicher Frist
steht dem Interessenten auch der Rekurs (die
förmliche Beschwerde) nach den allgemeinen Vor-
schriften der V v. 31. 8. 84 §5§ 28 ff zu. Ist der
Rekurs neben der Klage ergriffen, so macht das
über den ersteren entscheidende Ministerium,
wenn es die verlangte Abhilfe gewährt, davon
dem Gerichtshof Mitteilung und stellt ihm ande-
renfalls die Entscheidung anheim (F 40 Abs 2).
Der Gerichtshof setzt auf Ersuchen das Ver-
fahren bis zur ergehenden Entschließung aus
(K 41 Nr. 8 Gov. 14. 6. 84). Gegen Verfügungen
der Bezirksämter im pol. Zwangsverfahren findet
die Klage nur daraufhin statt, daß der Vollzug
mit einem über die Zulässigkeit der Verfügung
ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteil nicht
übereinstimmt oder daß das Zwangsmittel nach
Art oder Höhe gesetzwidrig sei.
C. Hessen.
5*12. Auch in Hessen hat die neueste VerwrRe-
form v. 8. 7. 11 ältere Bestimmungen im Sinne
einer generellen, die Zuständigkeit der Verwe-
richte begründenden Generalklausel umgestaltet.
Sie bezieht sich auf polizeiliche Zwangsver-
fügungen des Kreisrats [7 Hessen, Behörden-
organisation) und des städtischen Bürgermeisters
oder Staatspolizeibeamten, und gewährt dem
Betroffenen die Klage im Verwtreitverfahren
sowohl gegen die Androhung wie auch, mit ge-
wisser Beschränkung, gegen die Ausführung einer
Zwangsmaßregel. Die Klage kann nur darauf
gestützt werden, daß die angegriffene Verfügung
oder die ausgeführte Zwangsmaßregel gesetzwidrig
oder unzulässig war. Zuständig in erster Instanz
ist der Provinzialausschuß als mittleres Verw-
Gericht (a 66 Abs 5 Kreis= und Prov O und a 129b
Abs 2 Nr, 3 der StO v. 8. 7. 11), in zweiter
Instanz der Verw Gerichtshof (a 15, 18 Verw-
Rpfle v. 8. 7. 11).
KLiteratur: Zu I. vgl. die Angaben zum Art. „Poli-
zei“. — Für den Inhalt der preußischen Genecralklausel
besonders noch, außer Rosin, PolBegrisff 6, die Art.
„Polizeiversügungen“ und „Oeffentliche Ruhe, Sicherheit
und Crdnung" im HWpr Verw, Friedrichs Polbesetz#
Söff, 89f und Wolzendorfs, Richtlinien des poli-
zeilichen Wirkens im preuß. R., preuß. Verw Bl 32, 257 ff;
Zusammenstellung der neuesten Entsch des CV bei
v. Kamptz, Roechtssprechung, 5. Erg. Bd. (1912) 700 ff.
Für sächsisches Recht vgl. die Zusammenstellung in Wach-
ler und Naundorff, Rechtsgrundsätze des kal. sächs.
O##G Bd. 1—3; v. d. Mosel ½s (1912) Art. „Polizcige-
walt“ I, 1II (S 663;: gesetzliche Regelung vorbereitet), den