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Polizei (V. Polizeistrafrecht)
bei Polizel“ angefũührten Aufsaß Schanzes, sowie dess.
Verf. Aufsatz: Die obrigkeitliche Gewalt und der verfassungs-
rechtliche Schutz der Freihelt und des Eigentums, in Fischers
3 86, 15 ff. Für badisches Recht Thoma S 45 ff, 292 ff
und Rechtsprechung des B0 1, 123; 2, 53; 3 (bis 1910),
229; für französisches Wolzendorff, Grenzen der
Pol Gewalt im franz. R., Arch Oess 24, 325 ff. — In der
literarischen Behandlung der Einzelfragen tritt „die BPflicht
des Eigentümers zur Erhaltung seines Eigentums in polizei-
gemäßem Zustande“ besonders hervor. Ueber dieses Thema
zuerst Stier-Somlo im Verwürch 6, 275 ff und
neuestens, unter Heranziehung der inzwischen erwachsenen
Literatur (Schade Schanze u. a.), Derselbe, Rechts-
staat, Berwaltung und Eigentum (1911), ebenda 18, 140 ff;
19, 43 ff. Für andere Einzelfragen namentlich Wolzen-
dorff, Staatsnotrecht, im Arch OeffKR 27, 220 ff und
Poldienstpflicht, im Verwärch 15, 523 ff; Schultzen-
stein, Die Grenzen der Pol Gewalt beim Schutze gegen sich
selbst, in DJ# 10904, Sp. 81 ff, 129 ff und Polizelwidriges
Handeln und Bertretung, im Berwärch 14, 1 ff; Bossen,
Ueber das Grenzgebiet zwischen Enteignung und pol. Ein-
griff ins Privateigentum, im Arch Oefs 22, 246 ff; Der-
selbe, Der Schutz der Gewerbefreiheit und der Verfassungs-
rechte durch das preuß. O## (1910). Sehr eingehend be-
handelt neuestens die rechtlichen Erfordernisse von Pol fg:
Walter Jellinek, „Gesetz, Gesetzesanwendung und
Zweckmäßigkeitserwägung; zugleich ein System der Un-
gültigkeitsgründe von Pol Verordnungen und -Verfügungen“
(1913), besonders im 3. Kapitel S 201 ff.
Zu II.: Rosin, Pol BRecht“ S 11 ff, 294 ff. Eine
höchst umfassende Bearbeitung der Judikatur des preuß.
O V enthalten die Kommentare von Friedrichs zum
PolE# und LB an den angeführten Stellen. Die Judikatur
des bad. VG zum 1 4 Nr. 1 zit. in der „Rechtsprechung“ 1,
68 ff; 2, 20 ff; 3, 82 ff. Zur Frage der richterlichen Nach-
prüfung des „Nötigen“ außer den im Text Angeführten
noch besonders: (Jebens) Zur Formulierung polizeilicher
Verfügungen, im Pr BBl 19, 221 ff. Rosin.
V. polizeistrafrecht.
I. Begriff und Bedeutung: # 1. Verwaltungsrechtlich.
4 2. Strafrechtlich. II. Reichsrecht: # 3. Reichsstraf-
gesetzbuch. 1 4. Reform. III. LTandesrechte ohne Poli-
zeistrafgesetzbuch: 1 5. Preußen. 4 6. Sachsen. 1 7. Elsaß-
Lothringen. IV. Die süddeutschen Polizeistrafgesetz-
bücher: #J8. Bayern. 14 9. Württemberg. 4 10. Baden.
4 11. Hessen.
I. Begriff und Vedeutung.
§ 1. Verwaltungsrechtlich. — 1. In weitem
Umfange werden auch zur Wahrung poli-
zeilicher Interessen Strafen durch
Rechtssatz angedroht. Das Wesen des
hiermit gegebenen Pol trafrechts besteht also,
vom Standpunkte des Verwechts aus gesehen,
darin, daß hier der polizeilichen Norm eine
strafgesetzliche Drohung hinzutritt. Dabei muß
aber auch hier der Begriff der Polizei im wei-
teren Sinne genommen werden: polizeiliche
Normen sind diejenigen, die auf dem prinzipiellen
Gesamtgebiet der inneren Verwaltung die natür-
liche Handlungsfreiheit der einzelnen im Interesse
der Sicherheit, Ordnung und Wohlfahrt der Ge-
samtheit beschränken. Neben den gefahrabwehren-
den und ordnungwahrenden können auch die wohl-
fahrtsfördernden Befehlsnormen nicht ausgeschie-
den werden, weil sie, wenn sie auch nicht ohne be-
sonders zwingende Gründe und als Verordnungen
nicht ohne besondere Ermächtigung erlassen wer-
den sollen oder dürfen, doch, nachdem sie einmal
erlassen sind, nach positivem Recht dem polizei-
lichen Gebiete angehören (# Polizei I, &2, Nr. 3, 4).
Nach alledem ist Pol Strafrecht im verwaltungs-
rechtlichen Sinne der Inbegriff derjenigen Rechts-
sätze, welche die Interessen der inneren Verwaltung,
Sicherheit, Ordnung und Wohlfahrt, durch Be-
fehle an die Untertanen zu verwirklichen und durch
Strafandrohung für den Fall der Zuwiderhand-
lung zu sichern suchen.
2. Der Umstand, daß der VerwRechtssatz mit
einer stxafgesetzlichen Androhung bewehrt ist,
kann auch schon auf verwaltungsrechtlichem Ge-
biete, insbesondere dem des Verw Zwanges IIU#,
seine eigenen Folgen nach sich ziehen. So ist zwar die
rechtssatzmäßige, auf die Uebertretung polizeilicher
Normen gesetzte Strafe eine wirkliche Rechtsstrafe,
die als Sühne eines in der Vergangenheit liegen-
den Unrechts von den ordentlichen Gerichten (nur
vorläufig und beschränkt von den Pol Behörden;
opolizeiliche Strafverfügung) verhängt wird, und
unterscheidet sich dadurch von der polizeilichen
Zwangs= oder Exekutivstrafe, die auf die zu-
künftige Herstellung eines polizeimäßigen Zustan-
des gerichtet ist und regelmäßig von den PolBe-
hörden unter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle
(gBolizeiliche Verfügungen 88 10—12) angedroht,
festgesetzt und vollstreckt wird. Aber es kann
doch trotz der Verschiedenheit der Rechtsnatur die
Gleichheit der tatsächlichen Wirkung beider Strafen
dazu führen, daß nach der Bestimmung oder dem
Sinne des Gesetzes die Verwendung der Zwangs-
strafe in engerem oder weiterem Umfange durch
die Möglichkeit der Rechtsstrafe ausgeschlossen
wird (a 21 bayer., § 31 bad. PolSt GB; dazu
Thoma, PolBefehl §§ 28, 29, 35 und in Ztschr.
für bad. Verw 40, 13, sowie für preuß. R. Rosin,
Pol VR.# ##19, 20, dagegen aber Fleiner, In-
stitutionens S 199 N 25 und die dort bezogenen
Schriften von Hofacker; / Verwaltungszwang).
Ja es kann, auch über den Strafzwang hinaus,
wie im bayer. Recht, überhaupt der Zwangsvoll-
zug von strafrechtlich bewehrten PolRechtssätzen
grundsätzlich an ein vorausgegangenes oder doch
vorbehaltenes Strafurteil gebunden sein (a 16, 20
bayer. PolStGBji Thoma 3 29).
3. Im übrigen kann das Verhältnis der
verwaltungsrechtlichen Norm und
der strafgesetzlichen Androhung sich
äußerlich verschieden gestalten. Beide kön-
neu, wie dies im Strafrecht sonst gewöhnlich ge-
schieht, zu einem einheitlichen Rechtssatz
zusammengefaßt sein, in welchem die Uebertretung
der mittelbar gesetzten Norm die Bedingung für
die Verwirklichung der Strafdrohung bildet, z. B.
„Bestraft wird, wer in Städten oder Dörfern über-
mäßig schnell fährt“ (§ 366 Nr. 2 RStraf G).
Oder es können, wie besonders häufig in den sog.
strafrechtlichen Nebengesetzen, die Normen in dem
durch die verwaltungsrechtliche Materie gebotenen
Zusammenhange vorausgeschickt sein, während die
Strafdrohungen unter Verweisung auf sie am
Schluß des Gesetzes folgen (z. B. Tit. X 88 143 ff