Post und Telegraphie (A. II: Behörden)
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hatten, gingen v. 1. 1. 68 ab die preußischen
PBehörden als Bundesbehörden auf den Nord-
deutschen Bund über; gleichzeitig traten neue
Bundes--Ober PDirektionen für die außerpreußi-
schen Teile des Bundesgebiets ins Leben. Das
über ihnen stehende „Generalpostamt des Nord-
deutschen Bundes“ bildete fortan die erste Abtei-
lung des Bundeskanzleramts. Die Errichtung des
Deutschen Reichs brachte die Umwandlung der
Bundesbehörden in Kaiserliche, sowie die Errich-
tung neuer Ober Pirektionen für Baden und
Elsaß-Lothringen. Auch erfolgten seit 1868 man-
cherlei Veränderungen in der Zahl und den Be-
zirken der damals vorhanden gewesenen Ober-
Direktionen. Das Verhältnis des General-
PAmts zum Reichskanzleramt blieb bis Ende 1875
Uunverändert.
Die Verwaltung der preußischen Staats-
telegraphen wurde 1849, bei deren Ein-
richtung als Verkehrsanstalt, der Kgl Telegraphen-
direktion in Berlin unterstellt, die dem Min für
Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, und
zwar speziell dem General PAmt untergeordnet
war. Sie hatte ähnliche Befugnisse wie die Ober-
Pirektionen: von ihr hingen die örtlichen Be-
triebsstellen (Telegraphenstationen) ab, deren
Dienst zum größten Teil von den Postanstalten
mit wahrgenommen wurde. Zum I. 1. 67 wur-
den als Zwischenbehörden zwischen der Telegra-
phendirektion in Berlin und den Telegraphen-
stationen zehn Obertelegrapheninspektionen ein-
gerichtet. Bei der Errichtung des Norddeutschen
Bundes erfolgte die Trennung der oberen Leitung
des Telegraphenwesens von der des PWesens.
An der Spitze stand vom 1. 1. 68 ab die „General-=
direktion der Telegraphen des Norddeutschen
Bundes“, die dem General PAmt gleichgeordnet
war und die II. Abteilung des Bundeskanzleramts
bildete. Unter ihr wirkten als Bezirksbehörden die
Telegraphendirektionen, in welche die früheren
Obertelegrapheninspektionen umgewandelt wur-
den; zu den letzteren traten nach 1870 zwei neue
Telegraphendirektionen (Straßburg und Karls-
ruhe).
Während hiernach bis 1875 der General Pi-
rektor an der Spitze des General PAmts, der
General-Telegraphendirektor an der Spitze der
Generaldirektion der Telegraphen, zunächst dem
Präsidenten des Reichskanzleramts und weiter
dem RéK untergeordnet waren, wurde v. 1. 1. 76
ab die Verwaltung des P= und Telegraphenwe-
sens vom Ressort des RKAmts getrennt und dem
General PMeister unterstellt, welcher neben den
Präsidenten des R#mts trat und wie dieser
vom N unmittelbar abhing. Unter der Leitung
des General PMeisters wurden die Angelegen-
heiten der PVerwaltung vom General PAmt,
die der Tel vom Generaltelegraphenamt verwaltet.
Die Telegraphendirektionen wurden mit den
Ober Pirektionen — unter Beibehaltung der
Organisation und Bezirkseinteilung der letzteren
— zu Bezirks VerwBehörden vereinigt, welche
Preußen diese PGerechtsame für 3 Mill. Taler zum 1. 7. 67.
Vgl. die lehrreichen Motive des Gesetzes abgedruckt im P##
1867, 108.—
Ueber Thurn und Taxis vgl. Fritz Ohmann, Die Anfänge
des PWesens und die Taxis, 1909; ferner Karl Ulrichs,
Das deutsche PFürstentum, (Gießen 1861).
ebenfalls wieder Ober PDirektionen hießen. End-
lich wurden 1880 General PAmt und General-
telegraphenamt zu einer Behörde, demi Reichs-
postamt, verschmolzen. Der General PMeister
hieß fortan Staatssekretär.
& 2. Gegenwärtige Organisation im Reiche.
Die oberste Leitung der PuTel Verw steht unter
der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers dem
Reichspostamtt in Berlin als oberster Reichs-
behörde zu. An dessen Spitze steht der Staats-
sekretär, der zugleich in den verfassungsmäßig
dem RK vorbehaltenen Angelegenheiten auf dem
Gebiete des P und Telegraphenwesens als dessen
Stellvertreter fungiert. Das Reichs PAmt be-
steht aus vier Abteilungen mit je einem Direktor,
von denen einer zugleich Unterstaatssekretär ist,
und der erforderlichen Zahl von Räten; die erste
bearbeitet die Post-, die zweite die Telegraphen-,
die dritte die gemeinsamen Verw-, und die vierte
die Personalangelegenheiten. Das Reichs PAmt ist
so wenig wie die anderen P und Telegraphenbe-
hörden kollegialisch organisiert: entscheidend ist die
Bestimmung des Staatssekretärs bezw. des Reichs-
kanzlers. Die Zuständigkeit des Reichs PAmts er-
streckt sich auf alle P- und Telegraphenangelegen-
heiten, soweit sie das Reichs PWGebiet angehen, fer-
ner bezüglich Bayerns und Württembergs auf die
Wahrnehmung derienigen Rechte, die nach a 52
Abs2, 3 RV dem Reiche in Ansehung ihres P= und
Telegraphenwesens zustehen. Außerdem übt das
Reichs PAmt in oberster Instanz die Befugnisse
aus, die der preußischen Regierung in P und
Telegraphensachen geblieben sind (JIII Post= und
Telegraphenbeamtel, sowie diejenigen, welche die
Gesetze den obersten Reichsbehörden zulegen.
Dem Reichs PAmt sind 41 Oberpost-
direktionen untergeordnet, denen die Ver-
waltung des P= und Telegraphenwesens in den
einzelnen Bezirken obliegt. Die Ober Pbirektio-
neu sind mit dem Ober PDirektor und einem oder
mehreren Räten besetzt: bei jeder (außer Berlin,
s. unten) besteht eine Ober PKasse. Ferner sind
zur Wahrnehmung des Aufsichtsdienstes Ober-
P#Inspektoren bei den Direktionen angestellt.
Den Rechtsbeistand erhält die Direktion von einem
Rechtsverständigen des Ortes:; derselbe gehört
nicht zu den Beamten der Direktion (Ausnahme:
nur Berlin). Die Grenzen der Ober Pirektionen
fallen in den alten preußischen Provinzen meist
mit den Grenzen der Reg Bezirke zusammen, im
übrigen Reichs PWGebiet sind größere Gebiete nach
Verkehrsrücksichten zusammengelegt, ohne daß da-
bei den politischen Grenzen maßgebende Be-
deutung beigemessen wäre. I Landesgrenze & 11.
Dem Reichs- PAmt sind serner unmittelbar untergeord-
net folgende in Berlin domizilierende Behörden: die General=
Pkasse Gugleich Bezirks-Lber Prasse für Berlin), das
PAnweisungsamt, PZeitungsamt, Telegraphenversuchsamt,
die Telegraphenapparatwerkstatt, die PVersicherungskom-
mission (Ausführungsbehörde für Unfallversicherung), die
Direktion der Reichsdruckerei.
Ferner 7 C. Schutzgebiete und Auslandsposten 1 11).
1) Die Kaiser-Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen
der Reichs Pu Tel Verw in Berlin ist kein Verw Zweig, son-
dern ein selbständiges Vermögensfubjekt (Stiftung), das
vom Reichs PAmt nach außen vertreten wird (RGv. 20. 6.72
I GI 210), v. 4. 3. 70 [RGBl 122j, AE v. 29. 8. 72 (Rsnl
3731 und v. 4. 3. 70 IPAmts Bl 150))0.