Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Post und Telegraphie (B. Besondere Rechte und Pflichten) 
  
des Postgesetzes enthaltenen Strafvorschriften in 
Anwendung kommen. 
A. Schädigung der Pdurch guwiderhand—- 
lung gegen den Postzwang. Wer den 
Bestimmungen über den PZwang (§§5 1, 1 a, 2 
P) zuwider, Briefe oder politische Zeitungen 
auf andere Weise als durch die P gegen Bezahlung 
befördert oder verschickt, wird nach §& 27 Nr. 1 mit 
dem Vierfachen des defraudierten Portos, minde- 
stens jedoch für jede selbständige Handlung mit 
3 Mk. bestraft. Diese Strafandrohung bezieht sich 
nur auf postzwangspflichtige Sendungen IJ B II 
Postregal und Postzwangs. Strafbar ist sowohl 
der Absender wie der Beförderer. Die 
Strafe ist verwirkt seitens des Absenders, sobald 
er dem Beförderer die Sendung zur Beförderung 
übergeben hat, seitens des Beförderers, sobald er 
mit der zur Beförderung gehörigen Tätigkeit be- 
gonnen hat (u. a. schon mit der Einsammlung der 
Sendungen). Defraudiert ist das Porto, das für 
eine frankierte Sendung der in Rede stehenden 
Art in dem Zustande, in welchem sie sich zur Zeit 
der verbotswidrigen Beförderung oder Absendung 
befand, und für die Strecke, auf welcher die ver- 
botswidrige Beförderung erfolgte oder erfolgen 
sollte, zu entrichten ist. Bei Zeitungen kommt das 
Drucksachenporto, nicht die Provision (Zeitungs- 
gebühr) (oben B IV. P und TelGzebühren, 82 
a. E.), bei Beförderung von Briefen oder Zei- 
tungen in verschlossenen Paketen nur das Paket- 
porto in Ansatz. Ein Frankobetrag, der auf der 
Sendung mit Rücksicht darauf verwendet ist, daß 
sie nach Beendigung der verbotswidrigen Beför- 
derung der P übergeben werden sollte, kommt 
dabei nicht in Anrechnung — Mittelbar dient dem 
Schutz des PZwangs die Vorschrift, daß post- 
zwangspflichtige Gegenstände von der Eisenbahn- 
beförderung ausgeschlossen sind (Eisenbahn VerkO 
v. 23. 12. 1908, RBl 1909, S 93, 5+54 Abs 1, 
A; Int. Ueb. über d. Eisenbahnfrachtverkehr v. 
14. 10. 90, Roel 1892, S 793, a 2). 
B. Schädigung der P durch Hinterzie- 
hung der zufolge Benutzung der Post 
fällig gewordenen Gebühren. Hier handelt 
es sich nicht bloß um postzwangspflichtige Sen- 
dungen. Die angedrohte Strafe ist überall das 
Vierfache des defraudierten Portos bezw. Per- 
sonengeldes, mindestens 3 M. Bestraft wird nach §27“ 
Nr. 2, wer sich zu einer portopflichtigen Sendung 
einer von der Entrichtung des Portos ganz oder 
teilweise befreienden Bezeichnung (z. B. Reichs- 
dienstsache, Militaria, frei durch Ablösung, Sol- 
datenbrief eigene Angelegenheit des Empfängers, 
portopflichtige Dienstsache; dagegen nicht: Muster 
ohne Wert, Drucksache) bedient oder wer eine porto- 
pflichtige Sendung in eine andere verpackt, welche 
bei Anwendung der vorgeschriebenen Bezeichnung 
portofrei befördert wird. Nach §& 27 Nr. 3 wird 
bestraft, wer PWertzeichen nach ihrer Entwertung 
zeichen sind Freimarken und die Frankostempel 
auf Kartenbriefen, PKarten, PAnweisungen usw. 
Gültig sind auch ausländische Antwortpostkarten. 
  
Marke, verwirkt. Das defraudierte Porto ergibt 
sich durch vorschriftsmäßige Austaxierung der ein- 
gelieferten Sendung als einer unfrankierten, unter 
entsprechender Berücksichtigung eines etwa gültig 
verwendeten Freimarkenbetrages. Liegt der in 
5+527 Nr. 3 besonders vorgesehene Fall vor (Wieder- 
verwendung nach erfolgter Vertilgung des Ent- 
wertungszeichens), so ist neben der Defraudations- 
strafe Bestrafung aus § 276 Abs 2 StGB verwirkt. 
Ist jedoch von einem falschen oder gefälschten 
PWertzeichen Gebrauch gemacht worden, so greift 
nicht § 27 Nr. 3 P, sondern 5 275 StGB ein 
(vgl. auch § 360 Nr. 4, 5 St GB). Nach 5 27 
Nr. 4 wird bestraft, wer Briefe oder andere Sachen 
zur Umgehung der Portogefälle einem PBeam- 
ten oder Postillon zur Mitnahme übergibt. Dies 
bezieht sich auf alle Sachen, welche nicht geradezu 
von der PBeförderung ausgeschlossen sind. Zur 
Umgehung der Portogefälle geschieht die Mitgabe 
nicht, wenn die Absicht bestand, der P die Gebühren 
zukommen zu lassen (Verwendung von Marken, 
Auftrag an den PBeamten, bei der nächsten Stelle 
die Sendung auf der P einzuliefern usw.). Ob der 
Uebergebende auch die P benutzt haben würde, 
wenn er die Sache nicht dem Beamten oder 
Postillon übergeben hätte, ist für die Anwendung 
von § 27 Nr. 4 gleichgültig. Mit der Uebergabe 
an den Beamten oder Postillon ist die Strafe ver- 
wirkt. Die Berechnung des defraudierten Portos 
geschieht wie im Falle des & 27 Nr. 1. Der mit- 
nehmende Beamte oder Postillon unterliegt der 
Bestrafung aus § 27 Nr. 1, wenn dessen Voraus- 
setzungen zutreffen, sonst nur disziplinarer Bestra- 
fung. In besonderen Fällen können &# 332, 333 
StG#B konkurrieren. 
Nach §5 29 wird bestraft, wer wissentlich, um 
der PKasse das Personengeld zu entziehen, un- 
eingeschrieben mit der Post reist. Voraussetzung 
ist, daß für die betreffende Fahrt überhaupt eine 
Personeneinschreibung stattfindet (nicht bei Land- 
briefträgerfahrten, ferner nicht bei solchen Karriol- 
und Güter P, welche nicht zur Personenbeför- 
derung dienen), daß die Einschreibung mit Wissen 
des Reisenden unterblieben ist, und daß die unein- 
geschriebene Reise in der auf Schädigung der 
MBasse durch Entziehung des Personengeldes ge- 
richteten Absicht geschieht. Die Strafe ist ver- 
wirkt, sobald der Reisende den PWagen bestiegen 
hat, nicht erst mit der Abfahrt (analog den Fällen 
827 Nr. 1—4). Defraudiert ist das Personengeld 
für die Strecke, während welcher die Reise unein. 
geschrieben gemacht wurde oder gemacht werden 
sollte. Der Postillon wird disziplinarisch bestraft. 
88 332, 333 StGB können konkurrieren. 
In subjektiver Hinsicht genügt in den 
Fällen des §#27, daß sich der Täter der die Strafbar- 
keit begründenden Tatumstände bewußt war, oder 
daß seine Unkenntnis derselben auf Fahrlässigkeit 
beruhte (so ausdrücklich in § 27 Nr. 1; vgl. auch 
zur Frankierung einer Sendung benutzt. Voraus- 
gesetzt wird die Verwendung eines am Aufliefe- I 
rungsort an sich gültigen PWertzeichens. PWert- 
In den Fällen der Nr. 2 und 3 des § 27 ist die 
Strafse mit der Einlieferung der Sendung zur 
P, nicht schon mit der Anwendung der unzulässigen 
Bezeichnung, Wiederverwendung der entwerteten 
8 59 StG#B). Ein auf Schädigung des PFiskus 
gerichteter Vorsatz wird nicht erfordert, auch nicht 
im Falle des § 27 Nr. 4. Nur im Falle des 8 29 
gehört ein solcher zum subjektiven Tatbestand. Im 
Rückfalle, d. h. wenn von derselben Person 
innerhalb drei Jahren nach der Verbüßung oder 
dem Erlaß einer wegen Porto-Defraudation (5 27) 
rechtskräftig verhängten Strafe eine neue Porto-= 
Defrandation begangen wird, beträgt die Strafe 
das Achtfache des hinterzogenen Portos, minde-
	        
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