Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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v. Kampt -Delius, Rechtsprechung des Reichsge- 
richts und des Kammergerichts auf d. Gebiete d. öffentl. 
Rechts, II (1907), S402—406. R G Str 8, 300; 10, 45; 
14, 332; 15, 328; 16, 43; 17, 395; 22, 28; 24, S 31 und 
258; 25, 290; 27, 256; 28, 327; 29, 267; 30, 424; 31, S 152 
und 346; 33, 243; 35, S 191, 200, 412; 36, 148; 37. S 12, 
389; 38, 408; 40, 332; 42, 350. Ferner im Arch f. P und Tel 
1889, 292; 1898, 553; 1899, 692; 1903, 293; 1007, 315; 
1010, S 108, 564. 
Evdotw (un der ersten Auflage; 
für die zweite Auflage bearbeitet von) Scholz. 
VI. Post-- und Telegraphengeheimnis 
# 1. Geschichtliche Entwicklung. # 2. Begriff und rechtliche 
Bedeutung. 1 3. Ausnahmen. 4 4. Telegraphengeheimnis. 
5 5. Fernsprechgeheimnis. 
# 1. Geschichtliche Entwicklung. 
In Wiederholung der bereits in Abschn. V 1# 3# der preuß. 
PO v. 26. 11. 1782 (ähnlich schon VIII ## 4 der preuß. 
v. 10. 8. 1712) enthaltenen Vorschriften bestimmte 
das AL# in dem Abschnitt „Bom Postregal“ (II 15 Abschn. 
IV) unter den das Verhältnis der PAemter gegenüber den 
Befrachtern betrefsenden Anordnungen, daß „die PBe- 
dienten die ankommende und abgehende Korrespondenz 
verschwiegen halten und, mit wem jemand Briefe wechsele, 
keinem anderen offenbaren“ müssen (# 204), und bedrohte 
außerdem die Brieferbrechung oder Unterschlagung seitens 
der PBedienten mit Amtsverlust und öffentlicher Strafe 
(4 205). Demgemäß hielt die preußische P Verwaltung schon 
vor Erlaß der Verfassung streng daran fest, daß sie nicht nur 
ihren Beamten das Eindringen in den Inhalt verschlossener 
PSendungen verbot, sondern auch die Aushändigung von 
Sendungen und die Erteilung von Auskunft über Sendungen 
an andere Personen, als die Korrespondenten, ablehnte. 
Ausnahmen wurden nur dann gemacht, wenn ein gericht- 
liches Ersuchen vorlag. Nach dem Vorgang des 5 142 der 
von der Nationalversammlung in Frankfurt beschlossenen 
Reichsverfassung bestimmte die preußische Bu in a 33: 
„Das Brief Geh ist unverletzlich“ und behielt die Feststellung 
der bei strasgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegs- 
fällen notwendigen Beschränkungen der Gesetzgebung vor. 
Die Praxis der preußischen PVerwaltung änderte sich seit- 
dem nur insofern, daß nicht bloß den Gerichten, sondern 
auch den staatsanwaltschaftlichen Behörden das Recht zuge- 
standen wurde, die Beschlagnahme (Tlvon Briefen zu versügen 
und Auskunst über die Korrespondenz zu verlangen. An- 
deren Behörden, insbesondere der Polizei, wurde jenes Recht 
versagt. 
In das P für den Nordd. Bund v. 2. 11. 
1867 wurde durch den Reichstag unter §& 58 Abs. 2 
eine dem Art. 33 der preußischen Vll im wesent- 
lichen gleichlautende Bestimmung ausgenommen: 
diese ist in das Reichs PG v. 28. 10. 71 als & 5 
übergegangen und lautet: „Das Brief Geh ist unver- 
letzlich. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen 
And in Konkurs= und zivilprozessualischen Fällen 
notwendigen Ausnahmen sind durch ein Reichs- 
gesetz festzustellen. Bis zu dem Erlaß eines Reichs- 
gesetzes werden jene Ausnahmen durch die Landes- 
esetze bestimmt.“ 
§ 2. Begriff und rechtliche Bedentung. Zu- 
nächst bedeutet das „Brief Geh“ (besser Post Geh) 
die Verpflichtung der PVerw und ihrer Organe, 
  
  
Post und Telegraphie (B. Besondere Rechte und Pflichten) 
dem Inhalt verschlossener PSendungen nicht 
nachzuforschen (vgl. § 354 StrG#B)h. Weiter aber 
umfaßt es die Geheimhaltung aller derjenigen 
Tatsachen, die die PBeamten durch eine statt- 
gehabte Korrespondenz amtlich in Erfahrung ge- 
bracht haben, ohne Beschränkung auf verschlossene 
Sendungen und deren Inhalt. Die Annahmen, 
daß letzteres nicht eine Folgerung aus dem PGeh, 
sondern lediglich eine Pflicht der Amtsverschwie- 
enheit sei (Bennecke-Beling, Löwe bis z. 7. Aufl., 
Fohr, Stenglein), wonach also die PVerwaltung 
zur Mitteilung von Tatsachen, die sich auf die 
Korrespondenz beziehen, an sich befugt wäre, ja 
sie anderen Behörden, insbesondere der Polizei 
gegenüber, gar nicht ablehnen könnte, ist nicht 
zutreffend. (Gründe in der 1. Aufl. dieses 
Wörterbuchs II 245.) Sie wird auch heute kaum 
noch vertreten, nachdem 8 Reich= Telegra- 
phen G v. 6. 4. 92 ausdrücklich erklärt hat, daß 
das Telegraphengeheimnis sich auch darauf er- 
streckt, ob und zwischen welchen Personen tele- 
graphische Mitteilungen stattgefunden haben. Die 
im PGeh enthaltene Pflicht zur Geheimhaltung 
aller auf die Korrespondenz bezüglichen Tat- 
sachen besteht wesentlich im Interesse der Kor- 
respondenten. Ohne ihre Zustimmung darf sei- 
tens der PVerwaltung oder ihrer Organe keine 
die Korrespondenz betreffende Mitteilung an 
andere erfolgen, auch nicht an Behörden: mit 
Zustimmung des Absenders oder — nach Aus- 
händigung der Sendung — des Empfängers 
ist die Mitteilung unbedenklich. Allerdings fallen 
jene Tatsachen auch unter die Amtsverschwiegen- 
heit, doch können sie als ihrer Natur nach die 
Geheimhaltung erfordernd (5 11 Reichs Beam- 
ten G) schwerlich mehr angesehen werden, sobald 
die Korrespondenten der Mitteilung zugestimmt 
haben. — Sind schon Mitteilungen über die 
Korrespondenz verboten, so ist die Vorzeigung 
oder die Aushändigung der Sendungen an Per- 
sonen, welche an der Korrespondenz nicht beteiligt 
sind, natürlich unzulässig, ebenso das Anhalten 
der Sendungen zu einem derartigen Zwecke. 
3. Ausnahmen. Solche sind statthaft in 
strafgerichtlichen Untersuchungen, nicht dagegen 
in Disziplinarsachen [/), im ehrengerichtlichen, 
noch im Verw Streitverfahren, zulässig ferner in 
Konkurs= und „zivilprozessualischen“ Fällen. So- 
weit diese vor die ordentlichen Gerichte ge- 
hören, hat die reichsgesetzliche Regelung durch 
die Str PO, Konk O und ZP0 stattgefunden. 
Nur soweit diese Gesetze „Ausnahmen fest- 
stellen", können nach 65 5 Reichs PW solche zu- 
gelassen werden. 
a) Strafprozeß. Die Beschlag- 
nahme (NI von Briefen und Sendungen auf 
der Post ist in 96 99—101 St PO geordnet. Sie 
setzt voraus, daß bereits ein Beschuldigter vorliegt, 
und kann sich erstrecken auf die an diesen gerich- 
teten, von ihm herrührenden oder für ihn 
(wenn auch unter anderer Adresse) bestimmten 
Briefe und Sendungen auf der Post. 
Zuständig ist der Richter, bei Gefahr im Berzuge und 
wenn es sich nicht lediglich um eine Uebertretung handelt, 
auch die Staatsanwaltschaft (Amtsanwaltschaft), dagegen 
nicht die Pol Behörde. Ob die Voraussetzungen der Beschlag- 
nahme vorliegen, hat die beschlagnehmende Behörde, nicht 
die P zu ermessen; nur wenn das Ersuchen ergibt, daß ein 
gesetzliches Erfordernis der Beschlagnahme fehlt, z. B. noch 
 
	        
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