Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Die neuere VerwReform, beginnend mit der 
sKrO v. 31. 12. 72 und der ProvO v. 29. 6. 75 
für die sogenannten Kreisordnungsprovinzen, die 
östlichen Provinzen mit Ausnahme von Posen (NI, 
und der Amts-- und Landes O für Hohenzollern (NI 
v. 2. 4. 73, beschäftigt sich allerdings in erster Linie 
mit der kommunalen Organisation, greift aber 
doch schon in ihren Anfängen mannigfach in die 
allgemeine Landesverwaltung über. Namentlich 
waren in diesen Ordnungen bereits die Anfänge 
der Verw Gerichtsbarkeit (1| und des Beschluß- 
verfahrens [N| enthalten. Der weitere Ausbau 
erfolgte durch das Verwerichts G v. 3. 7. 75 
und das Zust G v. 26. 7. 76. Endlich brachte das 
Organisations G v. 26. 7. 80 die allgemeine Lan- 
desverwaltung der Kr O Provinzen überhaupt mit 
den neuen kommunalen Bildungen in Ueberein- 
stimmung. 
Ehe man nun diese Reformgesetzgebung auf die 
anderen Landesteile ausdehnte, erschien ihre Nach- 
prüfung geboten. Das LVG v. 30. 7. 83 ersetzte 
das Organisationsgesetz von 1880 vollständig und 
das Verwerichtsgesetz von 1875 zum größten 
Teile. Dazu kam ein neues Zust G v. 1. 8. 83. 
Für die Ausdehnung der VerwzReform wurde 
in jedem der folgenden Jahre eine Provinz in 
Angriff genommen durch Erlaß einer Kreisord- 
nung und eines Einführungsgesetzes zur Provin- 
zialordnung, mit denen gleichzeitig die Reform- 
gesetze auf dem Gebiete der allgemeinen Landes- 
verwaltung in Kraft traten. Dies geschah 1884 
für Hannover, 1885 für Hessen-Nassau, 1886 für 
Westfalen, 1887 für die Rheinprovinz und 1888 
für Schleswig-Holstein. In Posen [Jl, wo man 
aus nationalen Gründen die neuständische Gesetz- 
gebung aufrecht erhielt, wurde durch G v. 19. 5. 89 
wenigstens die allgemeine Landesverwaltung nach 
den im übrigen Staatsgebiete geltenden Bestim- 
mungen mit den dortigen Einrichtungen in Ueber- 
einstimmung gebracht. Damit war die neue Or- 
ghanisation der allgemeinen Landesverwaltung zum 
bschlusse gelangt. 
# 2. Die Gemeinde [XI. Es handelt sich hier 
nicht bloß um die einzelne Gemeinde, sondern auch 
um ihren Ersatz im selbständigen Gutsbezirke (T 
und ihre Ergänzung in Samtgemeinde und Zweck- 
verband [JI. Das Schwergewicht liegt dabei in 
der hier nicht weiter zu erörternden kommunalen 
Organisation, auf deren besondere Darstellung 
verwiesen werden muß. 
Seit der Steinschen Städteordnung von 1808 
wird aber in bewußter Weise die Gemeinde in 
ihren Organen auch dienstbar gemacht für Zwecke 
der allgemeinen Landesverwaltung. Das bietet 
den Vorteil, daß der Staat die Bestellung eigener 
Organe und ihre Kosten spart, die persönliche und 
finanzielle Belastung vielmehr auf die Gemeinde 
abwälzt, aber doch die betreffenden VerwAufgaben 
nicht der Gemeinde in kommunaler Freiheit über- 
läßt, sondern selbst in der Hand behält. Außerdem 
gewinnt der Staat für seine unmittelbaren Zwecke 
die aus der Gemeindeverwaltung geschöpfte Sach- 
kunde und gewöhnt die Gemeindeorgane an die 
Wahrnehmung von allgemeinen staatlichen Ge- 
sichtspunkten. 
In erster Linie gilt das von der Ortspolizei 
[AUPolizei, Polizeibehörden . 
Für die größeren Städte können besondere 
königliche Pol Präsidien und PolDirektionen errich- 
  
Preußen (B. Behördenorganisation) 
tet werden, wobei die Stadt nach dem G v. 
3. 7. 08 ein Drittel der Kosten zu tragen hat. 
Das Berliner I##| Pol Präsidium ist gleichzeitig 
Landespolizeibehörde, vorgesetzte Dienstbehörde 
der Pol-Präsidien der benachbarten Stadtkreise 
(G v. 13. 6. 00, 27. 3. 07 und 7. 3. 08) und hat die 
Straf= und Sittenpolizei in anderen Vororten 
(G v. 12. 6. 89). Wo keine besonderen königlichen 
Pol Behörden bestehen, wird die Ortspolizei dem 
ersten Bürgermeister oder einem anderen Magi- 
stratsmitgliede, in Hannover dem Magistrate über- 
tragen. Auch in Städten mit königlicher Pol Ver- 
waltung können einem städtischen Organe einzelne 
Zweige der Polizei übertragen werden (Berlin 
Oberbürgermeister Straßenbaupolizei). 
Auf dem flachen Lande besteht nach Maßgabe 
der Kreisordnungen ein fünffach verschiedenes 
System der Ortspolizeiverwaltung. Das erste, 
am weitesten verbreitete System, in den östlichen 
Provinzen mit Ausnahme von Posen [(NI, ist das 
der Verwaltung der Ortspolizei durch den Amts- 
vorsteher ([UAmtsbezirk s, den regelmäßig ehren- 
amtlich ernannten Vorsteher des Zweckverbandes, 
der jedoch auch eine einzelne Gemeinde oder einen 
einzelnen Gutsbezirk umfassen kann, daneben der 
Gemeinde= und Gutsvorsteher Hilfsorgan und mit 
einzelnen Zweigen der Ortspolizei betraut. Das 
zweite System, in Westfalen und der Rheinprovinz, 
ist die Verwaltung der Ortspolizei durch den auch 
grundsätzlich ehrenamtlich ernannten Vorsteher 
der Samtgemeinde, die sich auch mit der Einzel- 
gemeinde decken kann, den Amtmann in Westfalen, 
den Bürgermeister in der Rheinprovinz. Das dritte 
System, in Hannover, bildet die Verwaltung durch 
den Landrat unmittelbar, neben ihm ist der Ge- 
meindevorsteher Hilfsorgan und verwaltet einzelne 
Zweige selbständig, auch können dem Landrate noch 
besondere Hilfsorgane beigegeben werden. Das 
vierte System, in der Provinz Posen IM seit der 
Kab O v. 10. 12. 36, ist die Verwaltung der Orts- 
polizei durch besoldete Hilfsbeeamte des Landrates 
in kleineren Distrikten, die Distriktskommissare, nur 
die Rittergutsbesitzer verwalten u. U. auf ihren 
Rittergütern die Ortspolizei selbständig. Endlich 
wird fünftens in der Provinz Hessen-Nassau und 
in Hohenzollern (K#| die Ortspolizei durch den 
Vorsteher der Einzelgemeinde, den Bürgermeister, 
wahrgenommen. 
Aber auch anderweitig wird die Gemeinde 
mannigfach für die Aufgaben der allgemeinen 
Landesverwaltung in ihren Organen herangezo- 
gen, z. B. auf dem Gebiete des Steuerwesens. 
§s 3. Der Kreis [NI. Die kommunale Organi- 
sation des Kreises muß hier vorausgesetzt werden. 
Der Kreis ist jedoch nicht nur kommunale Gebiets- 
körperschaft, sondern gehört auch zu der allge- 
meinen Landeseinteilung des Staates. Seine Or- 
gane dienen daher den Zwecken der allgemeinen 
Landesverwaltung. Im Gegensatze zur Gemeinde, 
auf die sich die allgemeine Landesverwaltung nur 
ergänzend aufbaut, überwiegt im Kreise die all- 
gemeine Landesverwaltung die kommunale Seite. 
I. Das kommt zunächst zur Geltung in der Person 
des leitenden Beamten. Der Bürgermeister oder 
Gemeindevorsteher, obgleich bei Aufgaben der 
allgemeinen Landesverwaltung beteiligt, ist doch 
mittelbarer Staatsbeamter, der Landrat, ob- 
gleich auch an der Spitze der Kommunalverwaltung 
des Kreises stehend, unmittelbarer Staatsbeamter,
	        
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