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Preußen — Prisenangelegenheiten
machten Versuche, ihn wieder in Tätigkeit zu setzen,
sind ohne dauernden Erfolg geblieben. Der Staats-
rat besteht daher zwar zu Recht, ist aber seit 1890
nicht mehr in Wirksamkeit.
Literatur: Bgl. bei A; ferner Ernst Meier,
Die Reform der Berw Organisation unter Stein und Harden-
berg ", 1918 (Thimme); Bornhak, Grundriß des Verw-
Rechts in P. und dem Deutschen Reiche , 1909; Los, Ge-
schichte des deutschen Beamtentums, 1909. ——
–——. 0 —— —ffl—
Prisenangelegenheiten
#5# 1. Prisenrecht. Gegenstand der Prise. # 2. Fest-
stellung der feindlichen oder neutralen Eigenschaft der
Prise. # 3. Flaggenwechsel. 1 4. Berechtigung zur Weg-
nahme. Ort der Wegnahme. 1 5. Besichtigungs= und Durch-
suchungsrecht. 1 6. Zerstörung neutraler Prisen. 1 7. Zer-
störung neutraler Waren. 1 8. Die Prisengerichtsbarkeit.
# Wesen und Wert der Reform der Prisengerichtsbarkeit.
5 10. Das Verfahren nach dem Abkommen XII von 1907.
#5611. Schadenersatz in Prisensachen.
ÖRK — II. Haager Konferenz 1907; 2D — Londoner See-
rechtsdeklaration 1909.)
&+1. Prisenrecht; Gegenstand der Prise.
Für die Wegnahme und Aneignung von Gegen-
ständen des Staatseigentums im Seekriege (z. B.
der feindlichen Kriegsschiffe) gelten dieselben
Rechtsregeln wie im Landkriege. Dagegen voll-
zieht sich die Aneignung von Gegenständen des
feindlichen Privateigentums (kraft des heute noch
im Seekrieg geltenden Seebeuterechts) und neu-
tralen Privateigentums (in Fällen des Bruchs
oer Blockade [, der Zufuhr von Konterbande [NI,
des verbotenen Transports von Mannschaft und
Kriegsbedarfsartikeln, der Beförderung von De-
peschen im Dienste eines Kriegsteils usw. (vgl.
bezüglich der Fälle neutralitätswidriger Unter-
stützung, welche die Einziehung eines neutralen
Schiffes nach sich ziehen, derzeit a 45—47 der LD)
nach besonderen Rechtsgrundsätzen, deren In-
begriff das Prisenrecht bildet; der Gegen-
stand der Aneignung wird Prise genannt; der
Ausdruck Prise wird auch zur Bezeichnung der
Wegnahme selbst gebraucht. Gegenstand der Prise
sind Schiff und Ladung.
6&2. Feststellung der feindlichen oder neutra-
len Eigenschaft der Prise. Nach der Pariser
Seerechtsdeklaration von 1856 unterliegen der
Einziehung kraft Seebeuterechts nur feindliche
Schiffe und feindliche Güter auf feindlichen
Schiffen. Feindliche Ware an Bord eines neu-
tralen Schiffes (mit Ausnahme der Konter-
bande [#) ist dagegen der Wegnahme entzogen.
Es ist daher die Feststellung der feindlichen bezw.
neutralen Eigenschaft eines Handelsschiffes und
der an Bord befindlichen Ware die notwendige
Voraussetzung der Ausübung des Einziehungs-
rechts, bezw. des Verhaltens der kriegführenden
Kreuzer überhaupt. In der Praxis sind seit jeher
verschiedene Maßstäbe für die Beantwortung der
Frage, ob ein Schiff oder eine Ware feindlichen
oder neutralen Charakter hat, verwendet worden,
daher auch vielfach Anlaß zu Streitfällen gegeben
war. Um so mehr war für die Londoner Konferenz
von 1908/09, die sich mit der Regelung des Pri-
senrechts zu beschäftigen hatte, Anlaß gegeben,
diese Materie zu untersuchen und eine einheitliche
rechtliche Grundlage für die Entscheidung solcher
Streitfälle zu schaffen. Das Ziel, das man sich
so gesetzt- hatte, ist aber nicht in allen Punkten
erreicht worden. Man einigte sich in der LD nur
bezüglich der Frage nach der Eigenschaft der
Schiffe, dagegen nicht erschöpfend bezüglich der
Eigenschaft der Ware. Und doch wäre es im In-
teresse des Handels erwünscht gewesen, daß die
Londoner Verhandlungen den in der Pariser
Seerechtsdeklaration niedergelegten Grundsätzen
im Punkte ihrer praktischen Anwendbarkeit eine
* Zweifel ausschließende Grundlage gesichert
ätten.
Die Bestimmungen der LD regeln die Materie
einerseits bezüglich der Schiffe (a 57), ander-
seits bezüglich der Waren (a 68, 59, 60).
Bezüglich der Schiffe wurde eine einheit-
liche Grundlage, nämlich die Flagge, an-
enommen und von jeder Eigenschaft des
igentümers abgesehen. Der Grundsatz ist also,
daß die neutrale oder feindliche
Eigenschaft des Schiffes durch die
Flagge sM bestimmt wird, zu de-
ren Führung es berechtigt ist.
a 57 läßt die Bestimmungen über den Flaggen-
wechsel unberührt, wegen deren nur auf die
A 55, 56 verwiesen zu werden braucht. Hiernach
kann ein Schiff nach der Gesetzgebung des Landes,
dem es anzugehören behauptet, das Recht zur
Führung der neutralen Flagge haben, gleichwohl
aber als feindliches Schiff behandelt werden,
weil die Uebertragung, auf Grund welcher es
unter das Flaggenrecht des neutralen Staates
getreten ist, unter die a 55 und 56 fällt. Die Regel
des a 57 Abs. 1 findet keine Anwendung auf den
Fall, wo ein neutrales Schiff eine Schiffahrt, die
der Feind vor dem Kriege den eigenen Schiffen
vorbehielt (z. B. Küstenschiffahrt), betreibt. Die
Frage, ob ein Schiff in derlei Fällen als feind-
liches Schiff zu behandeln ist, wurde offen gelassen.
(a 57 Abs 2).
Ein anderes Prinzip mußte der Regelung der
Frage nach der neutralen oder feind-
lichen Eigenschaft der Ware zu-
grunde gelegt werden. In der bisherigen Praxis
hatte sich der schon im Consolato del mare aner-
kannte Grundsatz, daß die neutrale oder feindliche
Eigenschaft der Ware durch die neutrale oder
feindliche Eigenschaft des Eigentümers
bestimmt werde, Geltung verschafft. Nach reif-
licher Prüfung eines deutschen Vorschlags (an
Stelle des Eigentümers: der Gefahrträger) und
anderer Gesichtspunkte, nach denen die Eigen-
schaft der Ware nach dem Ursprung der Ware,
der seindlichen oder neutralen Eigenschaft des Desti-
nators oder des Absenders zu bestimmen wäre,
entschied man sich für die traditionelle
Praxis, für die auch das konventionelle Recht
in die Wagschale fällt, es kommen hier ins-
besondere die Pariser Seerechtsdeklaration von
1856 und die Haager Konvention v. 18. 10. 99
in Betracht, wo von neutralem und feindlichem
Eigentum die Rede ist. So entschied sich