Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

8 Oeffentliche Rechte und Pflichten 
ferner öffentliche Aemter, namentlich Ehren- 
ämter [.. Ob die Wahl der Annahme des Ge- 
wählten oder der Bestätigung seitens einer Be- 
hörde bedarf, ist für den Entstehungsgrund im we- 
sentlichen gleichgültig. 
3. Durch Vertrag lI soweit derselbe auf 
dem Gebiete des 5. R. eine Rolle spielen kann. 
IV. Untergang ö. R. und Pflichten: 
1. Durch Gesetz (Verordnung, Statut) in 
derselben Weise, wie bei der Entstehung. 2. Durch 
Wegfall des berechtigten oder verpflichteten 
Subjekts, welcher bei physischen Personen 
der Tod, bei juristischen Personen die freiwillige 
oder gezwungene Auflösung ist. Da die ö. R. 
und P. als höchstpersönliche zu betrachten sind, 
kann auch nur ganz ausnahmsweise (z. B. 5 46 
Gewyo) eine Rechtsnachfolge stattfinden. In man- 
chen Fällen, in denen eine Rechtsnachfolge vorzu- 
liegen scheint, ist in Wirklichkeit das ö. R. oder die 
5. P. in der Person des Erwerbers neu entstan- 
den, wenn z. B. ein 5. R. oder eine 5. P. vom 
Besitze eines Amtes oder Grundstücks abhängt. 
3. Durch Wef fall der sachlichen oder per- 
sönlichen Voraussetzungen, z. B. der 
Staatsangehörigkeit, des Besitzes eines Grund- 
stückes, welcher zu einer bestimmten Leistung 
verpflichtete. 4. Entziehung durch Straf- 
urteil, z. B. als Straffolge, oder durch verwal- 
tungsgerichtliches Urteil oder durch behördliche 
Verfügung. 5. Zurückn ahme des Rechts 
durch die Behörde, z. B. bei Konzessionen und 
Approbationen. Ebenso kann eine öffentliche 
Pflicht durch Dispensation [Nl.oder Nachlaßgewäh- 
rung (bei Steuern) oufgehoben werden. 6. Ver- 
trag und Verzicht. Insoweit durch Ver- 
trag öffentlich-rechtliche Befugnisse und Pflich- 
ten begründet werden können, können diese na- 
türlich in gleicher Weise wieder aufgehoben wer- 
den. Der Verzicht auf ein ö. R. überhaupt, sowie 
auf die Ausübung im einzelnen Falle ist zulässig, 
soweit nicht das Recht oder die Ausübung sich 
zugleich als Pflicht darstellt. 7. Verjährungssl!. 
Wie die Ersitzung kein Entstehungsgrund für ö. R. 
ist, so ist auch die Verjährung kein allgemeiner 
Untergangsgrund für 5. R. und P., sondern nur 
ausnahmsweise in einzelnen Gesetzen anerkaunt. 
§s 6. Ausübung. 
1. Die Ausübung ö. R. durch dritte ist entweder 
der Natur der Sache vach ausgeschlossen, wie bei 
den Grundrechten, oder sie werden vom Gesetze 
als höchstpersönliche betrachtet, wie die politischen 
Rechte, und müssen daher in Person ausgeübt 
werden. Nur ausnahmsweise erscheint bei poli- 
tischen Rechten die Ausübung durch Bevollmäch- 
tigte oder Stellvertreter zulässig. Dies ist ins- 
besondere dann der Fall, wenn das Recht einer 
handlungsunfähigen oder in ihrer Handlungs- 
fähigkeit beschränkten Person zusteht, wie juristi- 
schen Personen, Minderjährigen, Entmündigten 
oder Ehefrauen, welche durch ihre Ehemänner 
vertreten werden, oder fürstlichen Personen, wel- 
chen mit Rücksicht auf ihre Stellung die persönliche 
Ausübung des Rechts nicht zugemutet werden 
kann. Dies trifft namentlich bei Wahlrechten MIzu. 
So können z. B. nach den preuß. Kreisordnungen 
[IJ Kreis) an den Wahlen zum Kreistage durch 
Stellvertreter teilnehmen: der Staat durch einen 
Beamten usw., juristische Personen durch Päch- 
ter usw., Mitglieder regierender und standesherr- 
  
  
licher Häuser durch Mitglieder ihrer Familie, 
Beamte usw., Ehefrauen durch ihre Ehemänner, 
Mündel durch ihren Vormund, Hauskinder durch 
ihren Vater u. dgl. In diesen Fällen muß der 
Stellvertreter diejenigen Eigenschaften besitzen, 
durch welche die Ausübung des Rechts be- 
dingt ist. 
2. Bei öffentlichen Pflichten 
kommt es darauf an, ob der Inhalt der Pflicht eine 
sachliche Leistung ist, wie bei der Steuerpflicht; 
bei derartigen Pflichten steht der Erfüllung durch 
Stellvertreter nichts im Wege. Ist der Inhalt 
der Pflicht dagegen eine persönliche Leistung, 
wie bei der Zeugnis= und Gerichtspflicht oder 
Wehrpflicht, so ist die Erfüllung durch Stellver- 
tretung grundsätzlich ausgeschlossen, sofern nicht 
das Gesetz Ausnahmen zuläßt. Nur bei solchen 
Pflichten, wo (z. B. bei Gemeindediensten ) die 
Person des Verpflichteten zurücktritt und die 
sachliche Leistung im Vordergrunde steht, ist ge- 
wöhnlich allgemein die Stellvertretung gestattet. 
5 7. Geltendmachung. 
1. Der Rechtsschutz hinsichtlich öffentlich- 
rechtlicher Verhältnisse kann gewährt werden: 
a) durch die Strafgerichte. Die Verletzung 
öffentlich-rechtlicher Befugnisse ist nicht selten 
durch Strafgesetz verboten. So wird die wider- 
rechtliche Verletzung der meisten Grundrechte 
durch Beamte strafrechtlich verfolgt (St GB 55 339, 
340, 341, 346 usw.). Ebenso sind einzelne poli- 
tische Rechte unter besonderen strafrechtlichen 
Schutz gestellt (StGB 88 105—109). Die Straf- 
gerichte können aber auch in anderen Strafsachen 
in die Lage kommen, nebenher über Existenz und 
Umfang öffentlicher Rechtsverhältnisse, z. B. 
Staatsangehörigkeit, zu entscheiden. b) Durch 
die Zivilgerichte. Diese kommen ebenfalls 
sehr oft in die Lage, nebenher über öffentlich- 
rechtliche Verhältnisse eine Entscheidung zu fällen, 
z. B. in Entschädigungsprozessen, welche durch 
widerrechtliche Verletzung ö. R. veranlaßt wurden. 
Die Zivilgerichte haben aber auch nicht selten 
auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschrift un- 
mittelbar und selbständig über 5. R. und P. zu 
entscheiden (preuß. G v. 12. 5. 61 über die 
Erweiterung des Rechtswegs) IX Rechtswegl. 
e) Durch die Verwaltungsgerichte. 
Sie haben recht eigentlich die Aufgabe, Streitig- 
keiten über öffentlich-rechtliche Verhältnisse zu 
entscheiden. Wo besondere Verwerichte nicht 
bestehen, ist den Verwaltungsbehör- 
den die Entscheidung übertragen IX Verwal- 
tungsgerichtsbarkeit!. 
2. Die Geltendmachung öffentlicher Pflich- 
ten erfolgt durch die zuständigen öffentlichen 
Behörden gegenüber den verpflichteten Subijek- 
ten, ohne daß es einer vorhergehenden Feststellung 
der Pflicht durch Richterspruch bedürfte. Erst 
wenn gegen die Verfügung der Behörde, durch 
welche die Leistung der Pflicht verlangt wird oder 
erzwungen werden soll, Widerspruch erhoben 
wird, erfolgt Entscheidung über Bestand und 
Umfang der Verpflichtung. Zu dieser Entschei- 
dung sind je nach den verschiedenen Gesetzgebun- 
gen die VerwBehörden, die Verwerichte, mit- 
unter auch die Zivilgerichte zuständig. In vielen 
Fällen ist die Verletzung ö. P., z. B. der Wehr- 
pflicht, der Steuerpflicht, mit krimineller oder 
polizeilicher Strafe bedroht: StGB # 80 ff
	        
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