Privatunterricht
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Pu- und Erziehungsanstalten steht dem Staate
zu“, ist durch das Sch Aufsichtsgesetz v. 11. 3. 72
geschriebenes Recht in der ganzen Monarchie ge-
worden (vgl. § 1 Ziff. 1 G v. 1. 2. 97 GS 23
für Helgoland). Bayern hat auf Grund des
à 59 Pol StGB v. 26. 12. 71 die Gründung, Lei-
tung und Beausfsichtigung jeder Art von Er-
ziehungs- und Unterrichtsanstalten geregelt (Kgal
V v. 10. 5. 05). Elsaß---Lothringen gibt
in dem G v. 12. 2. 73 Vorschriften für das ge-
samte niedere und höhere Unterrichtswesen ohne
Unterschied, ob es öffentlicher oder PuU ist. Im
übrigen (Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen)
aber wird der Pu in den Gesetzen über den Volks-
Schnterricht geordnet, in Baden zugleich auch
für höhere Privatanstalten. "
1. Die Reichsgewerbeordnung
spricht an 2 Stellen von „Unterricht“. Sie schreibt
in § 35 die Untersagung der „Erteilung von Tanz-,
Turn= und Schwimm-Unterricht als Gewerbe“
allgemein für den Fall vor, daß „Tatsachen“ „die
Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in bezug
auf diesen Gewerbebetrieb dartun", und schließt
im übrigen in & 6 die „Anwendung“ ihrer Vor-
schriften „auf die Erziehung von Kindern gegen
Entgelt“ und „das Unterrichtswesen“ ausdrücklich
aus. Hiernach ist für den gewerbsmäßig erteilten
Tanz-, Turn= und Schwimm-Unterricht jede lan-
desgesetzliche Regelung, die die Freiheit des Ge-
werbebetriebs einschränkt, ausgeschlossen. Weiter
reicht die Wirkung des §& 35 nicht (OVG# 25, 216),
der, als eine Ausnahme von der Regel des 5 6,
einschränkend auszulegen ist. Der Begriff „Unter-
richtswesen“ im Sinne des # 6 bestimmt sich nach
dem allgemeinen Sprachgebrauch, aber nicht nach
dem Umfang, in dem die Landesgesetzgebungen
das Unterrichtswesen (also den P) geregelt haben
oder regeln werden (so Ro## II Str. U. v. 28. 6.
1910, VSchrch 10, 30): anderenfalls gäbe es kein
einheitliches Reichsrecht auf diesem Gebiet.
Gewerbsmäßigkeit des Betriebes ist nicht die
Voraussetzung, welche die deutsche Unterrichts-
gesetzgebung ihrer Regelung des PU Wesens zu-
grunde legt. Dies gilt insbesondere für Preußen:
der Ausdruck „gewerbsweise“, den die KabO
von 1834 im Anschluß an § 8 II 12 ALRgebraucht,
hat die Bedeutung von „berufsmäßig" (OV##
52, S218—219, R#20. 2. 1913 UZBBl. 475 ff.).
2. Die „Jugend“ ist es, deren Schutz vor
untüchtigen Privat L die Landesgesetzgebung sich
zur Aufgabe gemacht hat. Sachsen, Württemberg
und Hessen regeln nur den P, der die Volks Sch
ersetzen soll; in Preußen dagegen versteht man un-
ter Jugend nicht lediglich die volksschulpflichtige,
sondern alle Minderjährigen (Min E v. 14. 6. 09
VSchrch 8, 224), denn die §#5 3—8 II 12 AL R
gehören zur Einleitung für die 3 darauf folgenden
Abschnitte „Gemeine Schulen“, „Gelehrte Schu-
len“ und „Universitäten“ (Re v. 28. 6. 10,
VSchArch 10, 34). Den Gedanken, daß für die
Genehmigungspflichtigkeit nur der P# in Betracht
komme, der jugendlichen Personen als Ersatz für
Schulunterricht erteilt werde (vergl. dagegen
VSchArch 10, 97 ff.), hat das Reichsgericht wie-
der aufgegeben (Plen.-Beschluß v. 7. 12. 1912,
VSch-Arch 12, 150 ff.) im Hinblick auf den Zweck
des Gesetzes; es nimmt jetzt auch an, daß „zur
Jugend alle diejenigen Personen gehören, die in
einem noch schutzbedürftigen Alter P erhalten“.
3. Dementsprechend kommen als Unter-
richtsgegenstände des Pu in Preu-
ßen (im Gegensatz zu Sachsen, Württemberg
und Hessen) nicht nur die der Volks Sch in Betracht.
Die preußische Praxis rechnet zum PU#z. B. den
in polnischer oder dänischer Sprache (Pr VBl
19, 389; OV# 26, 409) in Musik (MWVl 1841,
218; 1842, 420; 1865, 368; 1908, 360), den (nicht
gewerbsmäßig erteilten) Tanz-Unterricht (Ml
1841, 218; 1847, 46; 1862, 438; UZ#Bl 1881, 140;
1908, 360), den Unterricht in Stenographie
(VSchrch 10, 207). Aber es muß wirklicher
Unterricht sein: religiöse Unterweisung bei gemein-
samen Religionsübungen i. S. des a 12 preuß. Bu
ist nicht Religionsunterricht (OVG 22, 406).
Die „praktische Anleitung im Gebrauch ihrer
Muttersprache“ durch Ausländer, z. B. in den
„Berlitz-Schools“, die „Pflege der Konversation
in fremden Sprachen" durch Ausländer in anderen
Schulen wird in Preußen (Min E v. 8. 11. 00)
nicht als Unterricht behandelt.
4. Das Preußische Recht unterscheidet:
a) Hauslehrer oder Erzieher boeei-
derlei Geschlechts): sie werden Mitglieder des
Hausstandes, dem ihre Schüler angehören, haben
also freie Wohnung und Kost, und ihre Tätigkeit
beschränkt sich meist nicht auf Erteilung einzelner
Unterrichtsstunden.
b) Privatlehre rlinnen) ohne Unterschied,
ob sie den Unterricht in Privat Sch, in den Häusern
der Eltern (§ 8 II 12 ALR) oder in der eigenen
Wohnung erteilen; hierher gehören auch die
„Familien-Sch“-Halter, d. h. Personen, die die Kin-
der einiger (weniger) bestimmter Familien ge-
meinschaftlich gegen eine feste Vergütung in be-
stimmten Lehrgegenständen unterrichten.
c) Vorsteher von Privatschulen eleein-
schließlich Erziehungsanstalten, z. B. Waisenhäu-
ser), zu denen auch die privaten Lehrerinnen-
Bildungsanstalten (U#Bl 1893, 252), die land-
wirtschaftlichen Privat Sch (U# Bl 1881, 385), die
sog. Postfach Sch (uU Bl 1893, 791), die Militär-
Vorbereitungsanstalten (uU#B Bl 1883, 639; 1905,
703) zählen: aber nicht die „Pensionsanstalten“
für Schüler, die dort Wohnung und Kost aber
keinen Unterricht erhalten (MBli B 1842, 119)
(38 3—5 II 12 ALR). Ueber den Begriff „Privat-
schule“ vgl. KG. in Pr BBl 17, 445.
5. In den übrigen Bundesstaaten
unterscheidet man nicht die Haus L von den Privat-
lehrern.
Allen Privatlehrpersonen ist gemeinsam, daß
ihre Rechtsverhältnisse zu den Eltern sich durch
privatrechtlichen Dienstvertrag regeln (§& 611 bis
630 BG#B). Das öffentliche Recht will die beiden
Forderungen verwirklichen, daß der PU nur von
eeigneten Personen erteilt werde, und ferner,
aen er vom Besuch der öffentlichen Volks Sch
befreien soll, jenes Mindestmaß von Bildung ver-
mittle, dessen Erlangung der SchZwang be-
zweckt. Eine Gewähr für die Gleichwertigkeit des
Pumit dem Unterricht in den öffentlichen Sch
übernimmt der Staat durch die Zulassung von
Privatpersonen nicht (a M NSt v. 28. 6. 10,
VSch rch 10, 34, aber jetzt Plen.Beschluß v.
7. 12. 1912 a. a. O. 12. 156).
## 3. Persönliche Erfordernisse.
I. Preußen. Den Eltern ist es gestattet
den Unterricht ihrer Kinder selbst zu besorgen; nur
v. Stengel. Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl. III. 13