Reblaus-Krankheit — Rechtsanwalt
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schon durch mündliche Mitteilung wirksam. So-
weit die Anordnungen als mündliche wirksam
sind, können sie auch von der Ortspolizeibehörde
vorläufig ausgesprochen werden, hiervon ist dem
Oberpräsidenten Anzeige zu machen. Gegen die
Verfügungen des Oberpräsidenten findet die Be-
schwerde an den Min Landw statt; soweit sich
letztere gegen eine angeordnete Vernichtung. oder
Desinfektion richtet, muß sie binnen 10 Tagen
nach der Anordnung beim Oberpräsidenten an-
gebracht werden.
In Bayern steht die Oberleitung der Be-
kämpfungsarbeiten und der Erlaß der erforder-
lichen Anordnungen den Kreisregierungen im
Einvernehmen mit dem für jedes Weinbaugebiet
bestellten Aufsichtskommissar zu (§I§ 51, 22 der
Bek v. 27. 5. 06). In Sachsen sind nach der
Ausführungs V v. 2. 5. 07 zuständig in den grö-
ßeren Städten die Stadträte, im übrigen die
Amtshauptmannschaften. In Württemberg
werden die Aufsichtskommissare für jedes der 4
Aufsichtsgebiete vom Min Inn ernannt (Ausf.=
Vfg v. 7. 3. 07). In Baden gilt dasselbe,
polizeiliche Anordnungen erläßt das Bezirksamt
und die Ortspolizeibehörde im Benehmen mit
dem Leiter der Bekämpfungsarbeiten (§ 26 der
Ausf.-V v. 18. 10. 05). In Hessen gelten
die allgemeinen behördlichen Bestimmungen.
Duellen: a) Reichsrecht: Angaben im Texte.
b) Landesrecht: Preußen: Min Instr v. 6. 4. 78
und 20. 5. 85, serner zahlr. Oberpräsid.-Verordnungen zur
Ausf. des R von 1904. Bayern: A# v. 20. 5. 06,
Kal 3 v. 7. 5. 05 betr. den Vollzug des R von 1004,
Min Bek v. 109. 2., 27. 5., 2. 6ö. O0. Sachsen: A v.
5.2 06 und Min Vfg v. o. 8. 06, 2. 5. 07, 17. 3. 00. Würt.
temberg: Ac# v. 1. 12. 06 und Min B v. 1. 3. 07. Ba-
den: G v. 16. 4. 80 und Min B v. 18. 10. 05. Hessen:
Ac v. 8. 11. 05 und kreispoliz. Verordnungen.
Küteratur: Die meisten Landesregierungen haben
amtliche Zusammenstellungen der in Betracht kommenden
Vorschriften erlassen. Für Preußen: Schaller, Re-
setze, im amtlichen Auftrages, 1912. Amtliche Denk-
schriften über die Bekämpfung der RKr mit umsassendem
Material werden periodisch von der Kais. Biologischen Anstalt
für Land- und Forstwirtschaft, früher vom Reichsamt des
Innern, herausgegeben (seit 1877)0). Goldschmidt,
Das Reblaus G v. 6. 7. 04 (1904), Maßregeln zur Be-
kämpfung der K (Arbeiten des kaiserl. Gesundheitsamts,
1902). 1 Weinverkehr, Weinsteuer. Hermes.
nechuengthon, Rechnungshontrolle
Staatsrechnungswesen
Rechtsanwalt
1 1. Geschichtliches und Grundsätzliches. 3 2. Zugehörig-
keit. & 3. Rechte und Pflichten. 1 4. Anwaltskammern.
55. Ehrengerichtliches Berfahren. 6. Privatrechtliche
Stellung (Regreßpflicht, Gebühren). # 7. Zusammenschluß
und Standesfragen.
5 1. Geschichtliches und Grundsäßtzliches.
I. Als „Anwald“ wurde seit dem Ende des
Mittelalters jeder Stellvertreter einer abwesenden
Partei bezeichnet, dem, als später die Vertretung
im Prozeß gestattet wurde, ebenso wie jeder er-
schienenen Partei ein unparteiischer Vorsprecher
vor Gericht Klagformel und Eid vorsprach. Nach
der Rezeption des römischen Rechts bedienten sich
die Vorsprecher allmählich mehr und mehr eines
Rechtsgelehrten, der außerhalb des Gerichts die
Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitete. Im
Gegensatz zu diesen rechtsgelehrten Beiständen,
den Advokaten, hießen die Vorsprecher Prokura=
toren. Diese Prokuratoren im Besitz des aus-
schließlichen Rechts vor Gericht aufzutreten, in
beschränkter Zahl zugelassen, trugen dem Gericht
vor, was die Advokaten, in ihrer Zahl unbeschränkt
und nur außerhalb des Gerichts privat tätig,
schriftlich unter dem Namen des Prokurators aus-
gearbeitet hatten. Allmählich, vom 17. Jahrhun-
dert ab, erlangten auch die Advokaten das Recht
vor Gericht aufzutreten, bis sie im 19. Jahr-
hundert die alleinigen Parteivertreter wurden.
Nach dem kurzen, von dem Mißtrauen gegen die
Advokaten eingegebenen Versuche Friedrichs des
Großen, die Vertretung der Parteien vor Gericht
richterlichen vom Staat besoldeten Beamten, den
Assistenzräten, zu übertragen, wurden seit 1783,
unbeschränkt seit der allgemeinen Gerichtsordnung
1793, die berufsmäßigen Parteivertreter in be-
schränkter Zahl, zum Teil aus der Reihe der Rich-
ter, vom Justiz Min ernannt, und zwar bis 1849
als Justizkommissare, seitdem (Preuß. V v. 2. 1.
49) als „Rechtsanwälte“.
Eine grundsätzliche Aenderung dieses Zustandes,
zugleich eine einheitliche Verfassung für das ganze
Reich, brachte die mit den ReichsjustizG am I. 10.
79 in Kraft getretene R.O 1) v. 1. 7. 78 (Rnl
177). Das Gebührenrecht ist durch die Gebühren O
v. 7. 7. 79 (Rl 176) vereinheitlicht, jetzt in der
Fassung v. 20. 5. 98 (REBl 692), vgl. unten §# 6.
II. Staatsrechtliche Stellungy).
Der R. ist nunmehr kein Beamter /Is, da er nicht in
einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse steht:
er wird als R. zugelassen, nicht angestellt. Darum
hat er weder Rechte noch Pflichten eines Staats-
beamten; die den Beamten treffenden gesetzlichen
Bestimmungen sind auf ihn nicht anwendbar; in
359 StGB ist dies besonders betont. Trotzdem
ist die Stellung des R. öffentlich-rechtlicher Natur
und deshalb auch mit Pflichten verbunden, die sonst
einem freien Berufe fremd sind (unten 3 3 II). So
erklären sich die Vorschriften über die Ablegung
des Eides bei der Zulassung, über die Pflicht zur
Uebernahme der Armensachen, zur Ausbildung
der Referendare, der Haltung des Wohnsitzes am
Orte des Gerichts, so erklärt sich auch die Be-
stimmung in § 31 Abs 2 Stn, vor allem aber
die Aufsicht, die der Staat im ehrengerichtlichen
1) In den Konsulargerichtsbezirken und
in den Kolonien ceilt die R. Ordnung nur insoweit,
als ihre Borschriften unter 1 19 des G über die Konsular-
gerichtsbarkeit fallen. Näheres 1 Konsuln (Band II, 623)
und Schutzgebiete (Band III).
Ausführungsbestimmungen u. a.: Preußen: Vv. 25.
6. 79 (GS 387), A#f v. 28. 6. 79 (IlM1 S 151, 153).—
Bayern: Bek und V v. 7. 7. 79 (GBl S 685, 7050. —
Sachsen: Vo. 31. 7. 79, 16. 8. 81 (JIMl 52). — Würt-
temberg: B v. 15. 5. 79, 13. 2. 80 (Reg Bl S 109, 76).
Ueber das sog. Anwalts-Notariat Notar §# 3 (Bd. II, 927).
2) Hierzu Triepel, Staatedienst und staatlich gebun-
dener Beruf (Festschrift für Binding 1911, II) 19—30, 66 ff.
Entsch. d. pr. OV 15, 49; unten 55 a. E. (D. H.)
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