Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
222 
um die Beweisaufnahme ersucht, so kann das 
Gericht anordnen, daß der Beweisführer das Er- 
suchungsschreiben zu besorgen und die Erledigung 
des Ersuchens zu betreiben habe. Das Gericht 
kann sich auf die Anordnung beschränken, daß der 
Beweisführer eine den Gesetzen des fremden 
Staates entsprechende öffentliche Urkunde über 
die Beweisaufnahme beizubringen habe. In bei- 
den Fällen ist in dem Beweisbeschluß eine Frist 
zu bestimmen, binnen deren von dem Beweis- 
führer die Urkunde auf der Gerichtsschreiberei 
niederzulegen ist. Nach fruchtlosem Ablaufe der 
Frist kann die Urkunde nur benützt werden, wenn 
dadurch das Verfahren nicht verzögert wird. Der 
Beweisführer hat den Gegner, wenn möglich, 
von dem Ort und der Zeit der Beweisaufnahme 
so zeitig in Kenntnis zu setzen, daß er seine Rechte 
in geeigneter Weise wahrzunehmen vermag. Ist 
die Benachrichtigung unterblieben, so hat das 
Gericht zu ermessen, ob und inwieweit der Beweis- 
führer zur Benutzung der Beweisverhandlung 
berechtigt ist (§ 364 8PO). Das Haager Prozeß- 
abkommen ergänzt die Vorschriften für die Ver- 
tragsstaaten dahin, daß das Ersuchen um Vor- 
nahme einer Prozeßhandlung (Beweisaufnah= 
men, Parteienvernehmung [Z 10, 1611], Eides- 
abnahmen) an die zuständigen Behörden, mei- 
stens aber nicht notwendig an ein Gericht, adres- 
siert dem Konsul des ersuchenden Staates zu 
übermitteln ist, der es an die oben erwähnte 
Empfangsbehörde weitergibt. Diese Behörde hat 
dem Konsul die Urkunde zu übersenden, aus der 
sich die Erledigung des Ersuchens oder der die 
Erledigung hindernde Umstand ergibt. Schwierig- 
keiten werden auf diplomatischem Wege geregelt. 
Ausnahmsweise kann für solche Ersuchen auch der 
diplomatische Weg allgemein gewünscht wer- 
den. Dies ist von Belgien, Italien, Rumänien 
und Portugal geschehen. Auch hier ist natürlich 
die Vereinbarung unmittelbaren Geschäftsver- 
kehrs (s. oben) unbenommen (a 8, 9 Abk.). 
Wenn nichts anderes abgemacht ist, müssen die 
Ersuchen in der vereinbarten Sprache abgefaßt 
oder von einer beglaubigten Uebersetzung begleitet 
sein. Die Behörde, an die das Ersuchen gerichtet 
ist, muß die Requisition an die wirklich zuständige 
Behörde weitergeben oder ihr unter Anwendung 
der in eigener Sache erlaubten Zwangsmittel 
und nach der Form ihres Landes entsprechen. 
Die Erledigung kann nur abgelehnt werden, wenn 
die Echtheit der Urkunde nicht feststeht, wenn die 
gewünschte Handlung nicht in den Bereich der 
Gerichtsgewalt fällt oder wenn der ersuchte Staat 
seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit dadurch 
für gefährdet hält. War eine besondere Form der 
Erledigung gewünscht, so kann diese angewendet 
werden, wenn sie nicht der Gesetzgebung des ersuch- 
ten Staates zuwiderläuft. Von der etwaigen Ableh- 
nung des Ersuchens ist die ersuchende Behörde un- 
verzüglich zu benachrichtigen (a 10—15 des Abk.) 
Für die Erledigung dürfen Gebühren 
oder Auslagen nicht erhoben werden. Nur die 
Zeugen= und Sachverständigenentschädigungen, 
die Gebühren eines Vollziehungsbeamten, der die 
nicht erschienenen Zeugen zur Gestellung brachte, 
und die durch Beobachtung einer besonderen Form 
entstandenen Kosten können ersetzt verlangt werden 
[Ortlieb in Z. 3P 38, S378—418 (41, 445)). 
Für den Verkehr mit den Vereinigten 
  
  
Rechtshilfe (Ausland) 
Staaten von Amerika und England sind die 
Beweiserhebungen im Wege eines besonderen Ver- 
fahrens zu erledigen (Böhm-Delius"“ S 296, 231). 
V. Für Sachen der freiwilligen Ge- 
richtsbarkeit sind noch die nur uneigent- 
liche R. gewährenden Verträge über Erbschafts- 
regulierung zu erwähnen. Hierher gehört die 
Russisch-Deutsche Nachlaßkonvention v. 12. 11./ 
31. 10. 74 (Rel 1875, 136) mit erläuterndem 
Notenwechsel v. 24./11. 5. 09 (RZBl 1476). Da- 
durch wird ein unmittelbares Einschreiten der Be- 
örden des Sterbeortes in bezug auf den Nach- 
aß von Angehörigen des anderen Vertragsteiles 
vereinbart (3 10, 60; 19, 516). Es schlägt auch 
ein die Vereinbarung mit Brasilien über die Mit- 
wirkung der beiderseitigen konsularischen Vertreter 
bei der Regelung von Nachlässen ihrer Staats- 
angehörigen v. 30. 11. 97 (Röl 1899, 547). 
Weiter sind hierher zu rechnen die Konsularver- 
träge, insbesondere mit Italien (BGBl 1869, 133; 
RBl 1872, 134; 1891, 113), mit Spanien 
(BEl 1870, 1; RoBl 1872, 211), Griechenland 
(RGBl 1882, 101), Serbien (Rl 1883, 62), 
Vereinigte Staaten von Nordamerika (RöBl 
1872, 96; vgl. Z 21, 201), Konsularvertrag mit Bul- 
garien v. 29. 9. 11 (RGBl 1913, 435) a 19 u. a. m. 
Bleyer, Samml. v. Staatsverträgen, 1910; Böhm. 
Delius 30 S 195 und 3 11. 
Ueber diejenigen obersten Verw Behörden und 
höheren VerwBehörden des Deutschen Reiches 
und der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie, 
deren Urkunden nach dem Vt v. 15. 2. 80 
(Röl 1881, 4) und 13. 6. 81 (Rl 253) einer 
Beglaupigung nicht bedürfen, vgl. die Bek 
v. 18. 7. 01 (Rö#Bl 323); ferner den Vt mit der 
Schweiz über die Beglaubigung öffentlicher Ur- 
kunden v. 14. 2. 07 (RGl 1907, S 411, 415; 
1911, 907; 1912, 535). 
VI. Vereinbarungen über die gegenseitige 
Anerkennung der Rechtsfähigkeit von 
Aktiengesellschaften und ähnlichen kommer- 
ziellen Gesellschaften bestehen mit der 
Schweiz vom Jahre 1869 (Bad. GVBl 1871, 
189), mit Belgien vom Jahre 1873 (8ZBl 380), 
mit Italien vom Jahre 1873 (Z31. 1873, 288), 
mit Großbritannien vom Jahre 1874 (Z31 143) 
und mit den Niederlanden v. 11. 2. 07 (Rl 
1908, 65), vgl. unten # 8. 
56. Urteil 1) und Vollstreckung (Konkurs). 
I. Ausländische Urteile (d. f. nicht 
Urteile der Konsulargerichte [A) und der Gerichte 
in den Schutzgebieten ([) werden im deutschen 
Zivilprozeß grundsätzlich anerkannt. Dagegen ist 
ihre Anerkennung ausgeschlossen und insoweit 
kann auch die Einrede der Rechtshängigkeit nicht 
gehört werden (Re 13, 1): 
1. wenn die Gerichte des Staates, dem das 
ausländische Gericht angehört, nach den deutschen 
Gesetzen nicht zuständig sind; 
2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deut- 
scher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen 
hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung 
oder Verfügung ihm weder im Staate des Pro- 
1) Vgl. Haeger, Vollstreckung von Urteilen und Schieds- 
sprüchen im intern. Rechtsverkehr, 1910. Dazu Wadlinger, 
Zwangsvollstreckung ausländischer Schiedssprüche, Diss. Tü- 
bingen 1906; Westheimer, Der ausländische Schiedsspruch, 
Z. f. Zivilprozeß 30 (1909) S 241—331. (D. H.]
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.