Rechtshilfe (Strassachen)
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wenn ein Vertrag in diesem Punkte schweigt,
müssen wir die gleiche Voraussetzung unterlegen.
Dabei sind zu den politischen Delikten auch die
relativ-politischen (Lammmasch, Auslieferungspflicht
und Asylrecht, 284 ff) zu rechnen. Ob das Ver-
fahren sich gegen einen Nationalen oder einen
Fremden richtet, ist gleichgültig, weil die Verwei-
gerung einer Beweiserhebung in dem Verfahren
gegen einen Nationalen des ersuchten Staates
sehr zuungunsten des Angeschuldigten ausschlagen
könnte. Die Beförderung der Ersuchsschreiben,
denen eine beglaubigte Uebersetzung beigegeben
wird, erfolgt auf diplomatischem Wege. Die R.
wird nach der Gesetzgebung des ersuchten Staates
ausgeführt. In Betracht kommen: Vernehmung
von Personen als Zeugen und Sachverständige,
Augenschein, Haussuchungen und Beschlagnahmen
in Verfahren wegen in den Auslieferungsver-
trägen vorgesehener Delikte vorbehaltlich wohler-
worbener Rechte Dritter, Bekanntmachung einer
im Laufe des Verfahrens erlassenen Verfügung
oder eines Urteils an eine im Gebiete des anderen
Teiles sich aufhaltende Person, Veranlassung des
persönlichen Erscheinens eines Zeugen vor den
Gerichten des ersuchenden Staates, wenn nötig
unter Gewährung von freiem Geleite (NI, für
zivil-= und strafrechtliche Ansprüche sowie eines
Gebührenvorschusses durch den ersuchten Staat,
Ueberlassung von Ueberführungsstücken und Ur-
kunden unter Vorbehalt der Rückgabe, gegen-
seitige Mitteilung von Verurteilungen wegen Ver-
brechen und Vergehen jeder Art gegen Angehörige
des anderen Staates. Die Gewährung der R.
erfolgt kostenfrei, ausgenommen wenn es sich um
eine Begutachtung handelt, die mehr als einen
Termin erfordert.
Ebenso wie im griechischen Vertrag ist die
Regelung im Vertrage des Kongostaates
mit den deutschen Schutzgebieten v. 25. 7. 90,
R#Bl 1891, 91.
III. Besonderheiten gelten für folgende
Länder:
In Belgien ist die R. nach dem dortigen Aus-
lieferungsgesetze auf die in §& 1 des Gesetzes an-
geführten Delikte beschränkt. Es kann die Ausfüh-
rung eines Antrages auf Vernehmung eines Zeu-
gen verweigert werden, wenn die Untersuchung
eine Handlung zum Gegenstande hat, die nach
den Gesetzen des ersuchten Staates nicht strafbar
ist, oder wenn es sich um ein fiskalisches Vergehen.
handelt (a 13 des Vt v. 24. 12. 74, Rl 1875,
73). Eine gleiche Ausnahme findet sich im Vt
mit Luxemburg v. 9. 3. 76, RGBl 223, und
mit Spanien v. 2.5. 78, RGBl 213. Nach dem
Vt mit Brasilien v. 17.9. 77(REBl 1878, 293,
Lekündigt auf 15. 9. 13) kann die Vernehmung von
Zeugen verweigert werden, wenn das Verfahren
gegen einen Angehörigen des ersuchten Staates
gerichtet ist, der vom ersuchenden Staate noch
nicht verhaftet ist, oder wenn die Untersuchung eine
Handlung zum Gegenstande hat, welche nach den
Gesetzen des ersuchten Staates nicht strafbar ist.
Auch eine Gegenüberstellung des Angeschuldigten
mit im anderen Lande verhafteten Schuldigen soll
bewilligt werden, wobei aber die Kosten vom er-
suchenden Staate zu tragen sind. Gleiches gilt
für Italien nach dem Vt v. 31. 10. 71
(Rl 446) und wegen der Gegenüberstellung
für Luxemburg (s. o.). Für den Verkehr mit den
v. Stengel-= Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl.
Niederlanden ist nach dem Vt v. 31. 12. 96
(Rol 1897, 731) das Ersuchen um R. auf die
Strafsachen beschränkt, in denen die Handlung nach
den Gesetzen des anderen Teiles mit Strafe bedroht
ist. Zuführung von Gefangenen kann nur er-
folgen, wenn Nichtnationale in Betracht kommen.
In dringenden Fällen ist unmittelbarer Geschäfts-
verkehr zulässig (vgl. auch den Auslieferungs Vt
für die beiderseitigen Schutzgebiete v. 21. 9. 97,
RGB 747). In Schweden und Norwe-
gen (Bt v. 19. 1. 78, Rl 1I10, und Zusatz-
t für Norwegen v. 7. 3. 07, RGBl 239) können
Requisitionen abgelehnt werden, wenn die Unter-
suchung eine Handlung zum Gegenstande hat,
die nach den Gesetzen des ersuchten Staates nicht
strafbar ist. Die Schweiz erledigt die Requi-
sitionen im direkten Geschäftsverkehr (Bek des
RK v. 1. 12. 78, RZBl 1879, 6) nach dem Aus-
lieferungs V## v. 24. 1. 74 (RGBl 113). Die Aus-
führung des Antrages kann verweigert werden,
wenn das Verfahren gegen einen von der requi-
rierenden Behörde noch nicht verhafteten Ange-
hörigen des ersuchten Staates gerichtet ist oder
wenn die Untersuchung eine Handlung zum
Gegenstande hat, welche nach den Gesetzen des
ersuchten Staates nicht strafbar ist. Zeugen,
welche sich freiwillig im ersuchenden Staate zur
Vernehmung einfinden, dürfen auch durch zivil-
rechtliche Ansprüche nicht belästigt werden. Kon-
frontation wird ebenfalls bewilligt. Uruguay
kann nach dem Vt v. 12. 2. 80 (Rl 1883, 287)
die Ausführung der R. verweigern, wenn sie
eine nach den Gesetzen des ersuchten Staates nicht
strafbare Handlung betrifft. Neben der Ueber-
mittlung des Ersuchens im diplomatischen Wege
ist auch die Uebersendung durch den Konsul zu-
lässig. Rußland hat Bayern durch den Vt
v. 14./26. 2. 69 (Reg Bl 770) und Hessen durch
den Vt v. 15./3. 11. 69 (Reg Bl 1870, 55) auch
die Konfrontation von Verbrechern bewilligt. Im
Grenzverkehr Rußlands mit Preußen findet un-
mittelbarer Geschäftsverkehr statt. Nach den Ver-
einbarungen Rußlands mit Preußen und Bayern
von 1885 wird man R. auch in politischen Sachen
verlangen dürfen.
IV. Die Gewährung der Durchlieferung
gehört zu der Auslieferung (NI.
Unter R. im weiteren Sinne kann man auch die
Verbrecher-Nacheiless]l durch Gendarmerie (NlI
usw. fassen. IJ Landesgrenze § 6, Bd II, 712.)
Ein Austausch von Nachrichten
über Verurteilungen Nationaler wegen Verbre-
chen und Vergehen sowie wegen der Uebertre-
tungen des § 361 Z. 1—8 St#B findet statt
zwischen Deutschland und Belgien, Brasilien,
Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg,
Niederlande, Oesterreich (nicht Ungarn), Nor-
wegen, Peru, Portugal, der Schweiz und Spanien
(5 18 Bad. Strafreg O von 1896, GVl 481;
Els.-Lothr. AVf v. 26.9.96; Sächs. Just V 21, 396).
Bayern und Hessen tauschen auch mit Rußland
wegen Verbrechen und Vergehen (a 14 der Aus-
lieferungs Vt). Verurteilungen wegen Uebertre-
tungen strom- und schiffahrtspolizeilicher Bestim-
mungen geben sich bekannt die zuständigen Behör-
den der Staaten an der Elbe [/ Strafregister!.
V. Als etwas der R. ähnliches soll auch die im
Verkehr Deutschlands mit der Schweiz durch Ver-
einbarung mit vielen Kantonen geregelte Ueber-
III. 15