Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Rechtshilfe (Strassachen) 
225 
  
wenn ein Vertrag in diesem Punkte schweigt, 
müssen wir die gleiche Voraussetzung unterlegen. 
Dabei sind zu den politischen Delikten auch die 
relativ-politischen (Lammmasch, Auslieferungspflicht 
und Asylrecht, 284 ff) zu rechnen. Ob das Ver- 
fahren sich gegen einen Nationalen oder einen 
Fremden richtet, ist gleichgültig, weil die Verwei- 
gerung einer Beweiserhebung in dem Verfahren 
gegen einen Nationalen des ersuchten Staates 
sehr zuungunsten des Angeschuldigten ausschlagen 
könnte. Die Beförderung der Ersuchsschreiben, 
denen eine beglaubigte Uebersetzung beigegeben 
wird, erfolgt auf diplomatischem Wege. Die R. 
wird nach der Gesetzgebung des ersuchten Staates 
ausgeführt. In Betracht kommen: Vernehmung 
von Personen als Zeugen und Sachverständige, 
Augenschein, Haussuchungen und Beschlagnahmen 
in Verfahren wegen in den Auslieferungsver- 
trägen vorgesehener Delikte vorbehaltlich wohler- 
worbener Rechte Dritter, Bekanntmachung einer 
im Laufe des Verfahrens erlassenen Verfügung 
oder eines Urteils an eine im Gebiete des anderen 
Teiles sich aufhaltende Person, Veranlassung des 
persönlichen Erscheinens eines Zeugen vor den 
Gerichten des ersuchenden Staates, wenn nötig 
unter Gewährung von freiem Geleite (NI, für 
zivil-= und strafrechtliche Ansprüche sowie eines 
Gebührenvorschusses durch den ersuchten Staat, 
Ueberlassung von Ueberführungsstücken und Ur- 
kunden unter Vorbehalt der Rückgabe, gegen- 
seitige Mitteilung von Verurteilungen wegen Ver- 
brechen und Vergehen jeder Art gegen Angehörige 
des anderen Staates. Die Gewährung der R. 
erfolgt kostenfrei, ausgenommen wenn es sich um 
eine Begutachtung handelt, die mehr als einen 
Termin erfordert. 
Ebenso wie im griechischen Vertrag ist die 
Regelung im Vertrage des Kongostaates 
mit den deutschen Schutzgebieten v. 25. 7. 90, 
R#Bl 1891, 91. 
III. Besonderheiten gelten für folgende 
Länder: 
In Belgien ist die R. nach dem dortigen Aus- 
lieferungsgesetze auf die in §& 1 des Gesetzes an- 
geführten Delikte beschränkt. Es kann die Ausfüh- 
rung eines Antrages auf Vernehmung eines Zeu- 
gen verweigert werden, wenn die Untersuchung 
eine Handlung zum Gegenstande hat, die nach 
den Gesetzen des ersuchten Staates nicht strafbar 
ist, oder wenn es sich um ein fiskalisches Vergehen. 
handelt (a 13 des Vt v. 24. 12. 74, Rl 1875, 
73). Eine gleiche Ausnahme findet sich im Vt 
mit Luxemburg v. 9. 3. 76, RGBl 223, und 
mit Spanien v. 2.5. 78, RGBl 213. Nach dem 
Vt mit Brasilien v. 17.9. 77(REBl 1878, 293, 
Lekündigt auf 15. 9. 13) kann die Vernehmung von 
Zeugen verweigert werden, wenn das Verfahren 
gegen einen Angehörigen des ersuchten Staates 
gerichtet ist, der vom ersuchenden Staate noch 
nicht verhaftet ist, oder wenn die Untersuchung eine 
Handlung zum Gegenstande hat, welche nach den 
Gesetzen des ersuchten Staates nicht strafbar ist. 
Auch eine Gegenüberstellung des Angeschuldigten 
mit im anderen Lande verhafteten Schuldigen soll 
bewilligt werden, wobei aber die Kosten vom er- 
suchenden Staate zu tragen sind. Gleiches gilt 
für Italien nach dem Vt v. 31. 10. 71 
(Rl 446) und wegen der Gegenüberstellung 
für Luxemburg (s. o.). Für den Verkehr mit den 
  
v. Stengel-= Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl. 
  
Niederlanden ist nach dem Vt v. 31. 12. 96 
(Rol 1897, 731) das Ersuchen um R. auf die 
Strafsachen beschränkt, in denen die Handlung nach 
den Gesetzen des anderen Teiles mit Strafe bedroht 
ist. Zuführung von Gefangenen kann nur er- 
folgen, wenn Nichtnationale in Betracht kommen. 
In dringenden Fällen ist unmittelbarer Geschäfts- 
verkehr zulässig (vgl. auch den Auslieferungs Vt 
für die beiderseitigen Schutzgebiete v. 21. 9. 97, 
RGB 747). In Schweden und Norwe- 
gen (Bt v. 19. 1. 78, Rl 1I10, und Zusatz- 
t für Norwegen v. 7. 3. 07, RGBl 239) können 
Requisitionen abgelehnt werden, wenn die Unter- 
suchung eine Handlung zum Gegenstande hat, 
die nach den Gesetzen des ersuchten Staates nicht 
strafbar ist. Die Schweiz erledigt die Requi- 
sitionen im direkten Geschäftsverkehr (Bek des 
RK v. 1. 12. 78, RZBl 1879, 6) nach dem Aus- 
lieferungs V## v. 24. 1. 74 (RGBl 113). Die Aus- 
führung des Antrages kann verweigert werden, 
wenn das Verfahren gegen einen von der requi- 
rierenden Behörde noch nicht verhafteten Ange- 
hörigen des ersuchten Staates gerichtet ist oder 
wenn die Untersuchung eine Handlung zum 
Gegenstande hat, welche nach den Gesetzen des 
ersuchten Staates nicht strafbar ist. Zeugen, 
welche sich freiwillig im ersuchenden Staate zur 
Vernehmung einfinden, dürfen auch durch zivil- 
rechtliche Ansprüche nicht belästigt werden. Kon- 
frontation wird ebenfalls bewilligt. Uruguay 
kann nach dem Vt v. 12. 2. 80 (Rl 1883, 287) 
die Ausführung der R. verweigern, wenn sie 
eine nach den Gesetzen des ersuchten Staates nicht 
strafbare Handlung betrifft. Neben der Ueber- 
mittlung des Ersuchens im diplomatischen Wege 
ist auch die Uebersendung durch den Konsul zu- 
lässig. Rußland hat Bayern durch den Vt 
v. 14./26. 2. 69 (Reg Bl 770) und Hessen durch 
den Vt v. 15./3. 11. 69 (Reg Bl 1870, 55) auch 
die Konfrontation von Verbrechern bewilligt. Im 
Grenzverkehr Rußlands mit Preußen findet un- 
mittelbarer Geschäftsverkehr statt. Nach den Ver- 
einbarungen Rußlands mit Preußen und Bayern 
von 1885 wird man R. auch in politischen Sachen 
verlangen dürfen. 
IV. Die Gewährung der Durchlieferung 
gehört zu der Auslieferung (NI. 
Unter R. im weiteren Sinne kann man auch die 
Verbrecher-Nacheiless]l durch Gendarmerie (NlI 
usw. fassen. IJ Landesgrenze § 6, Bd II, 712.) 
Ein Austausch von Nachrichten 
über Verurteilungen Nationaler wegen Verbre- 
chen und Vergehen sowie wegen der Uebertre- 
tungen des § 361 Z. 1—8 St#B findet statt 
zwischen Deutschland und Belgien, Brasilien, 
Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, 
Niederlande, Oesterreich (nicht Ungarn), Nor- 
wegen, Peru, Portugal, der Schweiz und Spanien 
(5 18 Bad. Strafreg O von 1896, GVl 481; 
Els.-Lothr. AVf v. 26.9.96; Sächs. Just V 21, 396). 
Bayern und Hessen tauschen auch mit Rußland 
wegen Verbrechen und Vergehen (a 14 der Aus- 
lieferungs Vt). Verurteilungen wegen Uebertre- 
tungen strom- und schiffahrtspolizeilicher Bestim- 
mungen geben sich bekannt die zuständigen Behör- 
den der Staaten an der Elbe [/ Strafregister!. 
V. Als etwas der R. ähnliches soll auch die im 
Verkehr Deutschlands mit der Schweiz durch Ver- 
einbarung mit vielen Kantonen geregelte Ueber- 
III. 15 
 
	        
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