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Rechtsweg und Kompetenzkonflikt (Sachsen)
Gerichten oder den VerwBehörden und Streitig- spiele und besondere Vorschriften: Nach § 6 findet
keiten über Verhältnisse des öffentlichen Rechts
den ordentlichen Gerichten zuzuweisen (vgl. auch
3 EG z. ZPO).
b) 8 11 EG z. GVG und a 6 EG z. BGB
ordnen nach der richtigen, aber bestrittenen An-
sicht die Zuständigkeit nur für den Fall, daß die
betr. Ansprüche den ordentlichen Gerichten über-
wiesen werden, schreiben aber nicht vor, daß sie
diesen zu überweisen seien (Stein, Vorbem. zu
FSlunter II, Sö, Wach 113 Anm. 90, RG3 18,124).
c) Aus & 4 EG z. 3P endlich ist nur zu ent-
nehmen, daß eine Sache, die nach dem geltenden
Rechte als bürgerlicher Rechtsstreit anzusehen ist,
nicht um deswillen den Verw Behörden überwie-
sen werden darf, weil der Fiskus, eine Gemeinde
oder eine andere öffentliche Körperschaft als Par-
tei beteiligt ist. Die Landesgesetzgebung ist aber
nicht gehindert, die Zuständigkeit der Verw Behör-
den oder Verwerichte auf Streitigkeiten auszu-
dehnen, die nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen
oder nach dem Landesrechte als bürgerliche anzu-
sehen sind, nur darf es für die Zuständigkeit der
Verwaltung nicht entscheidend sein, daß eine
öffentliche Körperschaft als Partei beteiligt ist
(Stein, a. a. O., Vorbem. zu & 1 unter II S. 6,
Wach 112 Abs 1).
2. Wenn es sich um Ansprüche gegen
das Reich handelt auf Gebieten, welche nach
der Reichsverfassung zu seiner Zuständigkeit ge-
hören, so sollen nach Rö 5, 34 f die Normen
entscheidend sein, die nach allgemeinen staatsrecht-
lichen Grundsätzen für die Abgrenzung der Ge-
biete von Rechtspflege und Verwaltung gelten,
wenn nicht das Reichsrecht selbst Vorschriften
über die Zuständigkeit gegeben oder die landes-
gesetzlichen Bestimmungen für anwendbar er-
klärt hat. Diese nicht näher begründete Entschei-
dung erscheint schon deshalb bedenklich, weil sie
gewisse Normen, die weder dem Reichsrechte
noch dem Landesrechte angehören, als über den
Vorschriften des letzteren stehendes, geltendes
Recht ansieht (vgl. Nipvold 6).
3. Allgemeine Grundsätze des Sächsischen
Landesrechts.
1. Nach §& 18 Ac streitet im Zweifelsfalle die
Vermutung für die Zulässigkeit des Rechtsweges.
Die Ansicht, daß diese Bestimmung durch G v.
3. 3. 79 (vgl. § 8 a. E.) beseitigt sei (v. d. Mosel
in Fischers Z 2, 6; Nippold 7), dürfte kaum halt-
bar sein. Aber auch wenn man §& 18 A## völlig
streichen müßte, so geht doch aus Vll S 48, 49
unzweifelhaft hervor, daß die Zulässigkeit des RW
die Regel, die Zuständigkeit der Verw Behörden
oder VerwGerichte aber die Ausnahme bildet.
2. Das A□ (88 6—11) geht von dem Grund-
satze aus, daß der RW für alle „Irrungen" über
privatrechtliche Verhältnisse zuzulassen ist, daß
aber über Streitigkeiten in Verhältnissen des
öffentlichen Rechts die Verw Behörden zu ent-
scheiden haben. Es wird aber nicht gesagt, was
als ein privatrechtliches Verhältnis anzusehen
und was unter öffentlichem Rechte zu verstehen
sei; das Gesetz hebt vielmehr nur hervor, daß
Streitigkeiten über privatrechtliche Verhältnisse
auch dann von den ordentlichen Gerichten zu ent-
scheiden sind, wenn der Staat oder eine politische
oder kirchliche Körperschaft die Stelle der Gegen-
partei einnimmt, und gibt im übrigen nur Bei-
der NW statt bei Streitigkeiten mit dem Staate
über zufällige Hoheitsrechte, über anderes Staats-
gut aus Verträgen oder über andere privatrechtlich
zu beurteilende Tatsachen, welche Verbindlich-
keiten begründen, abändern oder aufheben; 888, 9
zählen dagegen Beispiele von öffentlich-recht-
lichen Streitigkeiten auf. Man ist jetzt grundsätz-
lich darüber einverstanden, daß nicht die Rechts-
quelle, sondern das Wesen der Norm entscheidend
sei. Die Zuständigkeit soll sich also danach richten,
ob das streitige Rechtsverhältnis von Normen des
Privatrechts oder von solchen des öffentlichen
Rechts beherrscht wird. Mit diesem Grundsatze ist
aber wenig gesagt; denn ob ein Rechtsverhältnis
dem öffentlichen Rechte oder dem Privatrechte
angehört, das kann zur Zeit nur nach dem Stand-
punkte des Gesetzgebers entschieden werden.
3. Die bezeichnete Regel erleidet nach dem A0)
selbst wichtige Ausnahmen (besondere Fälle weiter
unten). Von allgemeiner Bedeutung ist nach-
stehende Vorschrift des § 11. Wenn jemand sich
in einer Sache, die an sich zur Zuständigkeit der
VerwBehörden gehört, nicht bloß auf Gesetze,
Provinzialstatute der Oberlausitz (vgl. Vt v.
9. 12. 32/17. 11. 34 — GBl 1834 S 482—87),
Ortsgesetze der Gemeinden oder allgemeine
Grundsätze, sondern auf besondere Rechtstitel
beruft, sei es zur Begründung eines Anspruchs,
sei es um eine Einrede zu stützen, so tritt der RW
ein, doch ist einstweilen den Anordnungen der
Verw Behörden nachzugehen, und diese dürfen
von den Gerichten nicht gehemmt werden, solange
nicht ein rechtskräftiges Endurteil vorliegt.
Das Gesetz nennt beispielsweise die im Folgen-
den behandelten Titel:
a) Privilegien. Durunter sind hier nicht Gesetze
zu verstehen, dic Sonderrechte gewisser Klassen festsetzen,
vielmehr solche Privilegien, die individuell bestimmten Per-
sonen oder Sachen ein Vorrecht geben. — b) Rechts-
kräftige Entscheidungen, nämlich der ordent-
lichen Gerichte. — ch Privatwillenserklärun=
gen, z. B. Verträge, letzte Willen, Stiftungen und Aner-
kenntnisse. Verträge und Anerkenntnisse können aber nur
in Frage kommen, wenn die Absicht der Parteien unverkenn-
bar dahin gegangen ist, ein priva trechtliches Verhält-
nis zu begründen. Ueber den Gegensatz zwischen Verträgen
und Lokalstatuten, die auf einer Vereinbarung beruhen
Sächs. Arch für bürgerliches Recht u. Prozeß 1, 662, über
Vergleich in den Annalen d. CLch Dresden 12, 42. —
d) Verjährung. — e) Herkommen d. h. ört-
liches Gewohnheiterccht.
* 11 A#l# gilt jedoch nicht ausnahmslos (vgl.
Enteignung Band 1 S. 728).
Ungerechtfertigte Bereicherung und Geschäfts-
führung ohne Auftrag sind als privatrechtliche
Titel nicht anzusehen (vgl. Nivpold S 23f, 20 f).
4. Wenn in einem Falle die Streit-
punkte teils dem Gebiete der Rechts-
pflege, teils dem der Verwaltung
angehören, so hat nach & 14 AE# (vgl. auch Bei-
spiele und &s 23, 24), über jene das ordentliche
Gericht, über diese die Verw Behörde zu entschei-
den. Gegen diese Vorschrift, deren Auslegung be-
stritten ist, hat man mit Recht verschiedene Be-
denken erhoben. Sie wird von der Praxis wie
folgt verstanden. Die ordentlichen Gerichte haben
die Entscheidung der VerwBehörden abzuwarten,
wenn der Rechtsstreit von dem Bestehen oder