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Regentschaft und Regierungsstellvertretung
Gerichtshof zur Entscheidung, von
Kompetenzkonflikten nichtbesteht.
Bildet ein Verw Akt die Grundlage des Anspruchs,
so haben sie, wenn seine Rechtsgültigkeit oder
seine Auslegung bestritten ist, die Klage wegen
Unzulässigkeit des RW abzuweisen. Bildet er nur
einen Inzidentpunkt, so sind sie verpflichtet (nicht
nur nach §5 139 ZPO berechtigt), das Verfahren
auszusetzen.
Liüteratur: Otto Mayer, Theorie des franz.
Berwechts. 1886, S 87 f; Michaelis, Die els.-lothr.
Landesgesetze und Verordnungen zur Ausführung und Er-
gänzung der Zivilprozeßordnung usw.“, 1904 SE 159 ff:;
Molitor, Gesetz betr. die Ausführung des BG in
Els.-Lothr.,", 1912 S. XXIX ff. und 93 ff.
Michaslis.
Recursus ab abusu
Staatsklirchliche Gerichtsbarkeit
Regentschaft und Regierungsstellver-
tretung
#5 s 1. Einleitung. — I. Regentschaft. 1 2. Begriff.
#l 3. Rechtsquellen. 4. Fälle. 1 5. Subiekt. 3 6. Errichtung
und Beendigung. 1 7. Rechtliche Stellung des Regenten.
4 8. Reichsregentschaft. — II. Regierungsstell.
vertretung. 1 D.
IK = Regentschaft; Reg St — Regierungsstellvertretung!
§ 1. Einleitung. Im Wesen der Monarchie
liegt es, daß der Herrscher persönlich die oberste
Staatstätigkeit ausübt, und auch durch spezielle
Rechtssätze pflegt die Vornahme gewisser wichtiger
Staatsakte dem Herrscher selbst, mit Ausschluß
einer Delegation, vorbehalten zu sein [J Landes-
herr §§ 2, 41. Andererseits aber läßt sich nicht ver-
meiden, daß der Herrscher bisweilen vorüber-
gehend oder dauernd an der eigenen Ausübung
seines Herrscherberufs verhindert ist. Für solche
Fälle der Reg Unfähigkeit muß durch Auftrag des
Herrschers selbst oder durch eine unabhängig von
seinem Willen wirkende rechtliche Ordnung Für-
sorge für eine geeignete Vertretung getroffen
werden. Im ersteren Fall sprechen wir von einer
Regierungsstellvertretung im tech-
nischen Sinne des Wortes, im zweiten von einer
Regentschaft. Beide Institute sind aber
auch in ihrem rechtlichen Aufbau wesentlich von-
einander verschieden. Nur die Regentschaft ist
infolge ihrer Natur wie wegen ihrer tiefgreifen-
den praktischen Bedeutung durch unser geltendes
Recht genauer geregelt.
I. Regentschaft
§*l# 2. Begriff. Die R (Reichsverwesung, Reg-
Verwesung, Reg Vormundschaft) ist eine selb-
ständige Vertretung des Monarchen
in der Ausübung der Staatsgewalt (in der Re-
gierung).
1. Der Regent ist nicht selbst Herrscher, sondern
führt nur statt des an der Selbstregierung verhin-
derten Herrschers die Regierung als dessen Ver-
treter. Der Regent ist aber selbstän-
diger Vertreter sowohl nach dem rechtlichen
Ursprung seiner Stellung als in der Ausübung
seiner Befugnisse; denn er hat auf die Aus-
übung der fremden Rechte (unten 67) ein eigenes,
ihm von der Rechtsordnung unmittelbar ver-
liehenes Recht. Dem entspricht, daß er in der
Ausübung seines Berufs nicht von einem anderen
Willen abhängig ist.
2. Von einem Interregnum unterschei-
det sich die R wesentlich dadurch, daß im Fall
der letzteren der Thron fortdauernd besetzt ist,
während das Wesen des Interregnums in einer
zeitweiligen Erledigung des Throns besteht.
Ein Interregnum kommt hauptsächlich in der Wahl-
monarchie vor, indem häusig bei Wegfall des bisherigen
Herrschers noch kein neuer gewählt ist, wogegen ein solcher
Zustand in der Erbmonarchie nur nach Aussterben der Dy-
nastie Platz greifen kann (über den Fall der Ungewißheit der
Person des Herrschers unten # 4, 2 a). Eine R kann auch
in der Wahlmonarchie vorkommen, besonders wenn der
Wahlmonarch nach seinem Thronerwerb dauernd regie-
rungsunfähig wird; es wird hier aber viel seltener als in
der Erbmonarchie das Bedürfnis einer N sich geltend ma-
chen, weil (wenigstens in der reinen Wahlmonarchie) durch
Wahl nicht leicht ein RegUnsähiger auf den Thron be-
rusen werden wird.
3. Durch ihre rein staatsrechtliche Natur unter-
scheidet sich die R wesentlich von der privat-
rechtlichen Vormundschaft. Infolge
der früheren privatrechtlichen Auffassung der Lan-
deshoheit [X Landesherr & 6] und der bis weit
in das 19. Jahrhundert fortdauernden ungenügen-
den Sonderung von Privatrecht und öffentlichem
Recht überhaupt wurden allerdings in Theorie
und Praxis auch Rund Vormundschaft nicht oder
wenigstens nicht scharf voneinander unterschieden.
Die R wurde als eine „Regierungsvormundschaft"
bezeichnet und behandelt. Auch in noch geltende
Landesgrundgesetze (§ 3) haben derartige Aus-
drücke sowie Konsequenzen der früheren An-
schauung Aufnahme gefunden.
5 3. Rechtsquellen. Ueber die R in den weltlichen Kur-
fürstentümern hat die Goldene Bulle von 1356 (cap. VII
*1 4) wichtige Bestimmungen im Anschluß an das Lehnrecht
getrofsen. In den einzelnen landesherrlichen Territorien
wurde der Gegenstand durch Hausgesetze und -verträge,
vielsach im Anschluß an das römische Vormundschaftsrecht.
geordnet. Teils die Erkenntnis der Wichtigkeit einer N für
den Staat, teils die sortschreitende Einsicht in ihre rechtliche
Natur hat dazu geführt, daß die meisten im 19. Jahrhundert
entstandenen Landesverfassungen Bestimmungen über dieses
Institut ausgenommen haben (so Preußen à 56—58, Bayern
Til. II ##119—22, Sachsen #§5 9—15, Württemberg ## 11—17,
Oldenburg a 20—27, Braunschweig 1# 16—22 usw.). In
Hessen, dessen Vu v. 17. 12. 1820 à 5 in Betreff der R
lediglich auf das insofern einen Bestandteil der Verfassung
bildende Hausgesetz verwies, ist unter dem 26. 3. 02 ein
besonderes Vers Gesetz betr. die K ergangen. In Braun-
schweig 1Xl| ist aus besonderer Veranlassung (unten
4 4, 2#) in Ergänzung der Landesversassung das G v.
16. 2. 79, die provisorische Ordnung der Reg Verhältnisse
bei einer Thronerledigung betr., ergangen. In Baden
bestehen weder hausgesetzliche noch landesgesetzliche Be-
stimmungen über KR (der dem Landtag von 1861/63 vor-
gelegte Entw eines R Gesetzes ist nicht Gesetz geworden).
*s 4. Fälle. Der häufigste Grund des Eintritts
einer R ist Minderjährigkeit des Herrschers (sog.
ordentliche R). Neben ihr kommt auf anderen