Reich (B. Behörden)
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behörden usw. Landesbehörden.
Behörden, welche zugleich RB und Landesbehör-
den sind; freilich nicht hinsichtlich desselben Ge-
schäftes, wohl aber in der Art, daß einer Behörde
eines Einzelstaates neben dem ihr übertragenen
Kreise von Staatsgeschäften auch noch ein Kreis
von RGeschäften delegiert wird. So bearbeitet
z. B. das preußische Kriegs Min [NI die allen Kon-
tingenten gemeinsamen Militärangelegenheiten;
der Rechnungshof des R ist der preußischen Ober-
rechnungskammer, das RAmt für die Verwaltung
der REisenbahnen dem preußischen Min der öffent-
lichen Arbeiten angegliedert die preußische Haupt-
verwaltung der Staatsschulden fungiert als R-
Schuldenverwaltung; die preußische Münze in
Perü verwaltet das Münzmetall-Depot des
eichs.
Da der Kaiser die Reg Geschäfte des R führt,
so sind alle Inhaber von RAemtern Gehilfen des
Kaisers und alle den N zustehende Befugnisse
sind enthalten und umschlossen von dem einheit-
lichen Rechte des Kaisers, der kaiserlichen Präro-
ative. Diesem Grundsatze entspricht es, daß der
egel nach die RBeamten vom Kaiser ernannt
und entlassen werden. Hieraus folgt aber keines-
wegs die Befugnis des Kaisers, RAemter zu er-
richten oder aufzuheben. Abgesehen von dem
aus den Grundprinzipien des Budgetrechts sich
ergebenden Rechtssatz, daß ohne Genehmigung
des BR und RTeneue RAemter nicht mit Fonds
ausgestattet werden können, ergibt sich aus der
verfassungsmäßigen Kompetenzverteilung zwischen
Kaiser und BR, daß zu unterscheiden ist, ob auf
Grund eines Resetzes unmittelbar durch Ver-
fügung die Bildung der R erfolgen kann oder
ob eine Verw Verordnung zur Errichtung dersel-
ben erforderlich ist. In letzterem Falle ist nach
a7 Ziff. 2 der RV ein Beschluß des Berforder-
lich; die Schaffung und Besetzung der Behörde
selbst aber gehört in allen Fällen nach a 17 und 18
der NV zur Machtvollkommenheit des Kaisers.
Für die Einteilung und Gruppierung der Be-
hörden ist in staatsrechtlicher Beziehung maßgebend
die rechtliche Stellung der Behörden zu den Or-
ganen des Staates, d. h. die Verantwort-
lichkeit. Diejenigen Beamten, welche dem
Monarchen und der Volksvertretung für die Ver-
waltung der ihnen unterstellten Ressorts verant-
wortlich sind und denen aus diesem Grunde alle
auf diesen Gebieten tätigen Behörden untergeben.
und zum dienstlichen Gehorsam verpflichtet sind,
pflegt man als „Minister“ zu bezeichnen; sie bil-
den eine Behördenkategorie für sich.
Nach der RV gibt es nur einen einzigen Be-
amten dieser Art, den Reichskanzler /Il.
Denn nach #§# 17 bedürfen alle Anordnungen
und Verfügungen des Kaisers zu ihrer Gül-
tigkeit der Genehmigung des RK, welcher da-
durch die Verantwortlichkeit übernimmt. Hier-
nach gibt es kein Ressort der RVerwaltung, dessen
oberster Chef nicht der RK wäre; seine alleinige
Verantwortlichkeit deckt sich mit seiner alle Ressorts
umfassenden Gewalt. Eine Durchbrechung hat
dieses Prinzip der RV jedoch erfahren durch das
RG v. 4. 7. 79 5+P 2 hinsichtlich des kaiserlichen
Statthalters [Uin Elsaß-Lothrin-
gen, der hinsichtlich der Verwaltung der Landes-
angelegenheiten Elsaß--Lothringens an die
Stelle des R#K getreten ist.
Auch gibt es
Unter den dem RKK untergeordneten N sind
zwei Arten zu unterscheiden, nämlich VerwBehör-
den und richterliche Behörden. Bei der ersteren
erstreckt sich die Verantwortlichkeit des RK auf
den materiellen Inhalt ihrer Verfügungen und
Anordnungen; er kann daher in wichtigen Ange-
legenheiten materiell selbst entscheiden und be-
stimmen, was geschehen soll; er kann die Tätigkeit
derselben durch Instruktionen und andere Dienst-
befehle leiten. Bei den richterlichen Behörden er-
streckt sich die Verantwortlichkeit des RK nur dar-
auf, daß die Tätigkeit derselben nicht gestört und
ehindert wird, daß keine rechtswidrigen Einwir-
ngen sich geltend machen; dagegen nicht auf
den Inhalt der Entscheidungen, für welche aus-
schließlich das geltende Recht maßgebend ist.
Zwischen den verwaltenden und richterlichen
Behörden gibt es aber noch eine Mittelstufe, die
namentlich, aber nicht ausschließlich, von einer
Anzahl von Finanzbehörden gebildet wird, welche
zwar unter der oberen Leitung des R stehen, für
einen gewissen Kreis ihrer Amtshandlungen aber
nach Art der richterlichen Behörden selbständig
sind und eine unbedingte Verantwortlichkeit tragen.
II. Der Norddeutsche Bund hatte anfangs nur
eine einzige oberste Verwaltungsbehörde,
das durch den Präsidial Erl v. 12. 8. 67 errichtete
„Bundeskanzleramt". Es zerfiel in die Zentral-
abteilung, das Generalpostamt und die General-
direktion der Telegraphie; 1871 kam hinzu die Ab-
teilung für Elsaß-Lothringen und 1875 eine (IV.)
Abteilung unter der Bezeichnung „Reichsjustiz-
amt“. Das Min der auswärtigen Angelegenhei-
ten und das Marine Min waren anfangs preu-
ß#ische Behörden und sollten nach dem ur-
sprünglichen Entwurfe der norddeutschen Bundes-
verfassung auch solche bleiben; sie wurden aber
auf den Bundese tat übernommen und in
Bundesbehörden umgewandelt.
Seit dem Jahre 1873 beginnt aber die Auf-
lösung des RK Amts in eine Anzahl voneinander
unabhängiger Behörden, indem das durch G v.
27. 6. 73 errichtete REisenbahnamt nicht dem
RoKAmt eingegliedert, sondern als eine besondere
oberste KFB neben dasselbe gestellt wurde.
Durch die V v. 22. 12. 75 wurden die Post= und
Telegraphenverwaltung, am I. 1. 77 die Abteilung
für Elsaß-Lothringen und das RJustizamt, im
Jahre 1879 die Verwaltung der REisenbahnen
und die RFinanzverwaltung aus der Verbindung
mit dem R#KAmt gelöst und das letztere erhielt
demgemäß durch Erl v. 24. 12. 79 die Bezeichnung
„Reichsamt des Innern“. ZJede dieser Behörden
hat einen besonderen Chef, welcher regelmäßig den
Amtstitel „Staatssekretär“ führt. Von den Mini-
sterien anderer Staaten unterscheiden sich diese
„Reichsämter“ nur dadurch, daß über ihnen allen
der K als Ober Min gebietet.
Gegenwärtig bestehen folgende oberste
Reichsverwaltungsbehörden:
1. Das Reichsamt des Innern.
Es besteht aus vier Abteilungen; zu seiner Zu-
ständigkeit gehören alle Angelegenheiten der inne-
ren Politik, der Sozialpolitik, der Handelspolitik,
das gesamte Gewerbewesen, die Arbeiterversiche-
rung, wirtschaftliche Angelegenheiten, die Stati-
stik usw. und es hat eine allgemeine subsidiäre
Kompetenz hinsichtlich aller Angelegenheiten,
welche nicht einer anderen NBB zugewiesen sind.
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