Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Reichs- und Staatsangehörigkeit — Reichsbank 
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schließen, wenn sie deren Unvermögen, sich und 
ihre nicht arbeitsfähigen Angehörigen notdürftig 
zu ernähren, nachweisen, (G v. 1. 11. 67 # 4, 9); 
offenbart sich nach dem Anzuge die Notwendig- 
keit einer öffentlichen Unterstützung, bevor der 
Neuanziehende den Unterstützungswohnsitz er- 
worben hat, und weist die Gemeinde nach, daß das 
Unterstützungsbedürfnis nicht bloß durch vorüber- 
gehende Arbeitsunfähigkeit verschuldet sei, so kann 
die Fortsetzung des Aufenthalts versagt werden 
(Gv. 1. 11. 67 15; G v. 30. 5. 08 fK# 31, 55). 
Kiteratur: Bol. die Zusammenstellung bei Cahn, 
Das Ro v. 1. ö. 70 (Kommentar), 1908, und bei Laband"“ 
1, 134 f., ferner die Kommentare zu dem neuen Keichs- 
und StAcesetz von Delius, Th. Meyer, Romen, 
Weck (l9I8). Phil. Zorn. 
Reichsbank 
5 1. Entstehung und Wesen der Reichsbank. z3 2. Um- 
wandlung der Preußischen Bank in die Reichsbank. Grund- 
kapital. Reserwefonds. Dividende. # 3. Verfassung der 
Reichsbank. Aussicht und Leitung. Mitwirkung der UAn- 
teilseigner. 4 4. Zweiganstalten. # 5—7. Geschäfts- 
betrieb (allgemeines Notengeschäft, Beröffentlichungen). 
5* 8. Kündigung. Liquidation der Reichsbank. Erwerbung 
der Anteile durch das Reich. 
## 1. Entstehmug und Wesen der Reichsbank. 
In der großen wirtschaftlichen Gesetzgebung, mit 
der das Deutsche Reich seine Tätigkeit begann, 
bildet die Reform der Notenbanken (N einen be- 
deutsamen Abschnitt. Bei den Bundesregierungen 
bestand ursprünglich nicht die Absicht, auf Grund 
des a 4 Nr. 4 der RV, der „die allgemeinen Be- 
stimmungen über das Bankwesen“ der Beausfsich- 
tigung und Gesetzgebung des Reichs unterwirft, 
die Errichtung und den Betrieb einer Zentral- 
notenbank unter die Aufgaben des Reichs aufzu- 
nehmen. Schon bei der ersten Lesung des im 
November 1874 vorgelegten Gesetzentwurfs, der 
lediglich durch Unterwerfung der bestehenden No- 
tenbanken unter ein verwickeltes System von Nor- 
malstatuten allmählich eine rationelle Gestaltung 
des Notenbankwesens anbahnen wollte, zeigte sich 
indessen, daß die Mehrheit nachdrücklich eine 
„Reichsbank“ mit vielseitigen Obliegenheiten in 
öffentlichem Interesse verlangte. Der BR 
legte darauf einen Plan vor, wonach die Preu- 
Hische Bank, die tatsächlich im größten Teile 
des Reichs als Zentralbank tätig war und seit 
Anfang der 70er Jahre ihr Filialennetz über die 
preußischen Grenzen hinaus, namentlich auch auf 
Elsaß-Lothringen ausgedehnt hatte, in eine R. 
umgewandelt werden sollte, und ein Mitglied der 
RTKommission vertrat formell den von der Re- 
ierung umgearbeiteten Gesetzentwurf als seinen 
Kntra## In dieser Gestalt ist der Entwurf mit 
einigen Aenderungen bereits am 30. 1. 75 vom 
RT in dritter Lesung angenommen und unterm 
14. 3. 75 als „Bankgesetz“ (Rl 177) publiziert. 
Der Gedanke einer Zentralnotenbank ist darin 
nur in sehr gemäßigtem Sinne enthalten. Die 
„Reichsbank“, mit der sich Tit. II ausschließlich 
  
beschäftigt, erscheint gleichsam nur als Führerin 
einer Anzahl (jetzt noch 4) gleichartiger, im wesent- 
lichen den gleichen Bestimmungen unterworfener 
Notenbanken. Ihre wesentlich wirtschaftliche, ver- 
kehrspolitische Bestimmung, auf der ihre Sonder- 
rechte und Pflichten beruhen, zeigt sich, abgesehen 
von der Bezeichnung ihrer Aufgabe im Bank# 
§* 12 („den Geldumlauf im gesamten Reichsgebiet 
zu regeln, die Zahlungsausgleichungen zu erleich- 
tern und für die Nutzbarmachung verfügbaren 
Kapitals zu sorgen“), hauptsächlich in ihrer, auch 
in dem Namen „Reichsbank“ angedeuteten engen 
Verbindung mit den Einrichtungen des Reichs. 
Ihrer Verwaltung ist es verwehrt, lediglich durch 
Erwerbsrücksichten sich bestimmen zu lassen. Da- 
für, daß für sie die Rücksicht auf das öffentliche 
Wohl maßgebend ist, sorgt die „Aufsicht und Lei- 
tung des Reichs“ (5 12). Wie sie die Währung des 
Reichs schützt und durch das elastische Mittel der 
Banknote ergänzt, so bildet die R. zugleich ver- 
möge ihrer großen Mittel und ihres über das ganze 
Reich verbreiteten Filialennetzes besonders in 
schlimmen Zeiten den starken Rückhalt für den 
Kredit des Landes und erleichtert nicht bloß durch 
den Ankauf und die kommissionsweise Uebernahme 
von Inkassopapieren, sondern hauptsächlich als 
Kassenführerin des Handelsstandes wie des Reichs 
selbst, mancher Bundesstaaten und zahlreicher 
Privatinteressenten sowie durch die Ueberweisun- 
gen im „Giroverkehr“ den gesamten Zahlungsver- 
ehr. Ihr Diskontosatz berücksichtigt auf der einen 
Seite die Verhältnisse des Geldmarkts, wirkt aber 
andererseits selbst bestimmend auf den Preis des 
Geldes, welchem die anderen Geldinstitute folgen. 
In dieser bedeutenden Rolle für das Wirtschafts- 
leben des Reichs, dessen Zentral-Geldreservoir sie 
bildet, unterscheidet sich die R. wesentlich nicht 
bloß von anderen Bankgeschäften, sondern auch 
von den „Privatnotenbanken“, wenngleich 
diese als Verwalterinnen „fiduziären Geldes“ 
ebenfalls nicht von der Rücksicht auf das öffent- 
liche Wohl entbunden sind. Zwar, wie die ehe- 
malige Preußische Bank, auf Privatkapital ge- 
gründet und als besondere „fjuristische Person“ 
(Bank G / 12) vermögensrechtlich von dem Reichs- 
fiskus gesondert, der für ihre Noten so wenig als 
für ihre sonstigen Verbindlichkeiten haftet, ist sie 
doch kein gewöhnliches Erwerbsgeschäft, insonder- 
heit trotz mancher Aehnlichkeiten keine Aktiengesell- 
schaft, sondern eine öffentliche Anstalt 
des Reichs (wie das Reichsgericht gegen Laband 
sagt: „ein verfassungsmäßiges Organ, ein Institut 
des Reichs, zu dessen öffentlich-rechtlichen Zwecken 
sie besteht und betrieben wird“) unter einem (in 
dem Bansgesetz und ihrem nach & 40 daselbst vom 
Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundes- 
rat unterm 21. 5. 75 erlassenen, infolge der 
Bedovellen von 1899 und 1909 sowie Einfüh- 
rung der sog. Talonsteuer gemäß Reichsstempel- 
gesetz vom 15. 7. 09 nachher abgeänderten und 
mehrfach ergänzten Statut sRGBl 203) ent- 
haltenen) Sonderrecht, das in die verschieden- 
sten Rechtsgebiete eingreift. Im übrigen gilt sie 
als „Kaufmann“ (HGB a 5), und ihre Rechtsver- 
hältnisse unterliegen den Bestimmungen des bür- 
gerlichen Rechts einschließlich des HGB. Indessen 
ist sie von der Eintragung in das Handelsregister 
befreit (BankGG é 66). 
Ein Steuerprivileg ist der R. nur in-
	        
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