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Völlig verschieden vom RF ist auch der Fiskus
von Elsaß-Lothringen, da die Finanz-
wirtschaft des Landes von der des R in derselben
Art getrennt ist wie die Finanzwirtschaft der Bun-
desstaaten. Dasselbe gilt seit dem Gv. 30. 3. 92
(Rönl 369) vom Fiskus der einzelnen Schutz-
gebiete I/ Kolonialfinanzen)l. **1
Für die Abgrenzung des RF von den Fisci
der Einzelstaaten ist das in der Natur der Sache
begründete Prinzip maßgebend, daß dieselbe der
Teilung der Verw Befugnisse entspricht, daß dem-
nach in allen Ressorts, auf welche sich die Selbst-
verwaltung der Einzelstaaten erstreckt, die bei Aus-
übung der letzteren entstehenden vermögensrecht-
lichen Verhältnisse den betr. Staats fiskus an-
gehen, daß dagegen aus den von den RBehörden
abgeschlossenen Rechtsgeschäften, Rechte und Ver-
bindlichkeiten für den Reichs fiskus hervor-
ehen. Dem letzteren Falle steht der gleich, daß
andesbehörden in Vertretung (im Namen)
des K handeln; dagegen ist es nicht von Erheblich-
keit, ob eine Verwaltung für Rechnung des
N oder der Einzelstaaten geführt wird, da dies nicht
das Verhältnis zu dritten, sondern nur das Rechts-
verhältnis zwischen dem R und dem Einzelstaate
betrifft. Daher ist insbesondere der „Zoll= und
Steuerfiskus“ unbestritten Landesfiskus, auch so-
weit die Landesbehörden Zölle und Verbrauchsab-
aben für die RKasse erheben (vgl. Re 5 S. 41ff;
ferner 11 S 75 ff, 97 ff). Andererseits ist der Be-
trieb der Reisenbahnen im vollen Umfang ein
Betrieb des RF, auch hinsichtlich derjenigen Strek-
ken, welche für Rechnung der luxemburgischen
Regierung oder gewisser Kommunen oder Aktien-
gesellschaften verwalteet werden [U Reichsver-
mögen §l. Der „Postfiskus“ ist in Bayern und
Württemberg „Landesfiskus“, im übrigen Bundes-
gebiet Reichsfiskus.
#2. Der Militärfiskus. Zweifelhaft und be-
stritten ist die Frage, ob nach den im vorstehenden
entwickelten Gesichtspunkten der Militärfiskus R-
oder Landesfiskus ist. Da nach a 58 RV die Kosten
und Lasten des gesamten Kriegswesens des R
von allen Bundesstaaten gleichmäßig zu tragen
sind und die Veranschlagung der Ausgaben durch
den Reichsetat erfolgt, so treffen alle Ausgaben
und Einnahmen im materiellen Erfolge die Reichs-
kasse; die Heeresverwaltung wird für Rech-
nung des R geführt; Ersparnisse kommen der
RKasse zugute, Etatsüberschreitungen sind aus ihr
u decken, die Rechnungskontrolle und Decharge
heot dem R zu. Dagegen steht die Militärverwal-
tung den einzelnen Staaten zu; die Landesherren
sind die Kontingentsherren; sie üben die damit
verbundenen Befugnisse nicht als Stellvertreter
des R oder des Kaisers, sondern als ein eigenes,
ihnen verfassungsmäßig zustehendes landes-
herrliches Recht und im eigenen Na-
men aus. Soweit sie auf die Ausübung desselben
durch Militärkonventionen verzichtet haben, ist
diese Ausübung auf den König von Preußen über-
tragen worden. Es gibt sonach im R, so wie es 3
Postverwaltungen gibt, 4 Militärverwaltungen,
die preußische, sächsische, württembergische und
bayerische. Da es nun nach den im §& 1 entwickelten
Grundsätzen nicht darauf ankommt, für wessen
Rechnung eine Verwaltung geführt wird, sondern
darauf, in wessen Namen sie geführt wird, wer
der dominus negotü ist, so ergibt sich, daß der
Reichsfinanzwesen (II. Reichsfiskus)
Militärfiskus hinsichtlich der den 4 Kontingents-
verwaltungen obliegenden Geschäfte Landes-
fiskus dieser 4 Staaten ist. Dies wird auch durch
à 67 der R bestätigt, da die Anordnung, daß Er-
sparnisse an dem Militäretat nicht einer einzelnen
Regierung sondern jederzeit der RKasse zufallen,
nur unter der Voraussetzung einen Sinn hat, daß
die Rechtsgeschäfte der Kontingentsverwaltung
Geschäfte des Landesfiskus sind. Eigentümliche
Schwierigkeiten entstehen jedoch aus der Bestim-
mung des R v. 25. 5. 73, der zufolge das In-
ventar aller Kontingentsverwaltungen, ausgenom-
men Bayern, im Eigentum des R steht (vgl. meine
Ausführungen im Arch 3, 499 und Staatsrecht 4,
336 ff; Josl in Annalen 1888, 837 ff und 940 ff
und Seydel Kommentar 348 ff. Anderer Ansicht
dagegen Schulze, Staatsrecht 2, 264; Brockhaus,
Das deutsche Heer, 1888, 88 8 und 9; E. d. RGB
v. 9. 3. 88; Arch 4, 147. In allen diesen Gegen-
ausführungen wird darauf, daß die Militärver-
waltung für Rechnung des RK geführt wird,
mit Unrecht das entscheidende Gewicht gelegt).
Dagegen ist der Militärfiskus in der Tat
Reichs fiskus, soweit vermögensrechtliche Be-
fugnisse und Pflichten, welche für militärische
Zwecke begründet sind, nicht nur der RKasse in
Rechnung gestellt werden, sondern in ihr das be-
rechtigte und verpflichtete Subjekt haben. Dies
ist, abgesehen von dem Eigentum an den zum
Gebrauch der Militärverwaltungen bestimmten
Gegenständen, mit Einschluß der Festungen, kraft
besonderer reichsgesetzlicher Anordnung der Fall
hinsichtlich der Entschädigung für Kriegsleistungen
(G v. 13. 6. 73 5 34), für Friedensleistungen (G
v. 25. 6. 68 ék 3 und 4; R # 15, 37 fff), für
Rayonentschädigungen (G v. 21. 12. 71 # 42),
Mil. Pensions G v. 31. 5. 06 5 39 und # 42.
Seit 1873 ist aber die Anschauung in der Praxis
und Gesetzgebung zur Geltung gelangt, daß die
Kontingentsverwaltungen von Preußen, Sachsen
und Württemberg die finanzielle Militärverwal-
tung in Vertretung des R führen, daß
also der Militärfiskus nur in Bayern Landesfiskus,
im übrigen RGebiet RF ist [J Reichsvermögen.
86, S 284.
8 3. Die Vertretung des RF bestimmt sich
durch die Organisation der RBehörden [M und
durch die Kompetenz, welche den einzelnen Be-
hörden und Beamten nach den Vorschriften der
Gesetze und Verordnungen zusteht. Für diejenigen
Geschäfte, welche zu dem gesetzlichen oder her-
kömmlichen Geschäftskreise einer Behörde gehören,
ist durch das Amt selbst auch in vermögensrechtlicher
Beziehung Vollmacht zur Vertretung des Fiskus
erteilt (RG# Z 15, 39). Ideell ist der Kaiser der
Vertreter des RFj er übt diese Funktion aus durch
die RBehörden. Demgemäß steht dem Reichs-
kanzler / eine generelle und subsidiäre Ver-
tretungsbefugnis zu und statt seiner den Chefs
der unmittelbaren RVerwaltungen, welche zu
Ressortstellvertretern des RK ernannt worden
sind, innerhalb ihres Ressorts. Die RGesetze be-
rufen aber bisweilen die oberen RBehörden zur
Vertretung des Fiskus, namentlich zur Prozeß-
führung, so z. B. das PostG v. 28. 10. 71 8 13
die Oberpostdirektionen. Die Landesbehör-
den sind zur Vertretung des RF nicht befugt,
und zwar auch dann nicht, wenn die betreffenden
Geschäfte für Rechnung des R geführt werden;