Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Orden (katholische) 
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daß eine Frauen K die Statuten einer bereits 
autorisierten K annehmen wollte. Grundsätzlich 
sind demnach in Elsaß-Lothringen ausgeschlossen 
alle O. und K, sofern sie nicht in jedem einzelnen 
Fall durch ein besonderes Gesetz oder bei weibli- 
chen K durch Dekret autorisiert sind. Alle übrigen 
Genossenschaften und Niederlassungen sind nur 
geduldet, so daß sie (gemäß der herrschenden fran- 
zösischen Rechtsprechung und wohl auch auf Grund 
à 31 des Unterrichts G v. 15. 3. 50, welches den 
gesetzlich ermächtigten die als gemeinnützige An- 
stalten anerkannten religiösen Genossenschaften 
gegenüberstellt) zwar nicht unerlaubt sind, aber 
jederzeit durch spezielles Verbot hierzu werden 
können (vgl. jetzt Cuno, Der Erwerb der jurist. 
Persönlichkeit seitens der O.= und ordensähnlichen 
Genossenschaften der kath. Kirche, 1908, S 31 ff, 
33; Meurer, Das kath. O. Wesen nach dem Recht 
der deutschen Bundesstaaten, 1912, S 11 ff). 
3. Ebenso ablehnend verhält sich Sachsen, 
das in seiner V | v. 4. 9. 31 § 56, 2 das absolute 
Verbot der Errichtung von Kl und der Aufnahme 
geistlicher O. aufgestellt hat. Das Gv. 23. 8. 76 
8 30 dehnte dieses Verbot ausdrücklich auch auf 
die K aus und untersagte selbst den Mitgliedern 
derselben, als Einzelne ihre O. Tätigkeit auszu- 
üben. Nur den Mitgliedern von krankenpflegen- 
den, in Deutschland bestehenden Frauen K (Borro- 
méerinnen, Graue Schwestern) sollte dies wider- 
ruflich gestattet sein (vgl. Cuno S 24). Die Exi- 
stenz der beiden Zisterzienserinnen Kl Marienthal 
und Marienstern in der Oberlausitz ist durch den 
Traditionsrezeß v. 30. 5. 1635 gesichert (auch 
nach dem Uebergang der Oberlausitz an Sachsen). 
4. In Hessen sind wenigstens neue O. und 
K grundsätzlich verboten (Gv. 23. 4. 75 a 1), 
doch kann den bereits vor 1874 in Hessen be- 
stehenden, und seit Gv. 1. 7. 95 auch anderen 
krankenpflegenden O. und K zur Errichtung neuer 
Niederlassungen die ministerielle Genehmigung 
erteilt werden, für erstere ist die Genehmigung 
des Min Inn, für letztere die des Min Inn und der 
Justiz erforderlich (Cuno 23f; Meurer 22f). 
5. Auch Hamburg scheint hierher zu ge- 
hören, falls die Bestimmung des Regl für die 
fremden Religionsverwandten v. 19. 9. 1785 
noch in Geltung steht, welches in § 5 die Wahl 
der Geistlichen den Glaubensgenossenschaften 
überläßt, aber „in Ansehung der römisch-catholi- 
schen alle O.Geistlichen und sogenannten clerici 
regulares schon jetzt gänzlich ausgeschlossen“ hat 
(Wulff, Hamburgische Gesetze und Verordnungen, 
1891, 2, 18). 
6. Preußen hat erst mit der O. Gesetzge- 
bung der 70er Jahre im völligen Gegensatz zu 
früher einen prinzipiell ablehnenden Standpunkt 
eingenommen. Das G v. 31. 5. 75 schloß grund- 
sätzlich alle O. und K vom preußischen Gebiete 
aus, nur die Niederlassungen der sich ausschließlich 
der Krankenvpflege widmenden O. und K sollten 
bestehen bleiben. Die Errichtung neuer Nieder- 
lassungen war aber auch diesen untersagt. Zu- 
nächst hat dann das G v. 14. 7. 80 die Minister 
d. Inn. und der geistl. Angel. ermächtigt, neue 
Niederlassungen der in Preußen bestehenden 
Kranken O. zu genehmigen und auch den bestehen- 
den weiblichen Genossenschaften die Pflege und 
Unterweisung nicht schulpflichtiger Kinder zu ge- 
statten, indem gleichzeitig der Begriff der Kran- 
  
kenpflege auch auf die Pflege und Unterweisung 
von Blinden, Tauben, Stummen und Idioten 
sowie von gefallenen Personen ausgedehnt wurde. 
Das G v. 21. 5. 86 erweiterte die den Kranken O. 
zu gestattenden Nebentätigkeiten noch auf die 
Pflege und Leitung von Wohltätigkeitsanstalten 
und auf die Leitung und Unterweisung in Haus- 
haltungs-= und Handarbeitsschulen für Kinder in 
nicht schulpflichtigem Alter. Schließlich hat das 
Gv. 29. 4. 87 alle, nicht bloß die vor 1873 in Preu- 
ßen bestehenden O. und K zugelassen, welche sich 
der Aushilfe in der Seelsorge oder der Ausübung 
der christlichen Nächstenliebe oder dem Unterricht 
und der Erziehung der weiblichen Jugend in 
höheren Mädchenschulen und gleichartigen Er- 
ziehungsanstalten widmen, oder endlich deren 
Mitglieder ein beschauliches Leben führen; gleich- 
zeitig wurden die beiden Minister ermächtigt, 
diesen die Errichtung neuer Niederlassungen wie 
auch die Ausbildung von Missionaren für den 
Dienst im Ausland und zu diesem Zwecke die 
Errichtung von Niederlassungen zu gestatten. — 
Grundsätzlich hat demnach Preußen an seinem 
ablehnenden Standpunkt festgehalten: alle O. 
und K sind von seinem Gebiete ausgeschlossen, 
nur diejenigen sind zugelassen, welche sich gemäß 
ihren Statuten einem der genannten Zwecke wid- 
men (Giese S 179 f, 284 ff; Cuno 18 ff; Meu- 
rer 14 ff). 
7. In allen übrigen Staaten sind 
mangels gesetzlicher Bestimmungen die O. und K 
wenigstens nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Viel- 
mehr setzen sogar die neueren zusammenfassenden 
Gesetze über das Verhältnis des Staates zur 
katholischen Kirche die prinzipielle Zulassung der 
O. und K zweifellos voraus, weil sie die staatliche 
Genehmigung bei Errichtung von O).Nieder- 
lassungen regeln wollen, so das bayerische Reli- 
gionsedikt v. 1818 & 76 und #§ 77, das badische 
KG v. 9. 10. 60 5 11, das württembergische K Gv. 
30. 1. 62 a 15, die mecklenburg-schwerinsche und die 
mecklenburg-strelitzsche V v. 5. 1. 03. Die gleiche 
Folgerung ist (mit Cuno S 26f) noch aus den 
Ac zum B von Sachsen-Weimar, beiden 
Mecklenburg, Sachsen-Meiningen, Anhalt, den 
beiden Schwarzburg. beiden Reuß. beiden Lippe 
und Lübeck zu ziehen, wenn diese im Anschluß 
a 84 ES z. BGB die Bestimmung treffen, daß 
geistliche Gesellschaften Rechtsfähigkeit nur durch 
landesherrliche Verordnung oder Verleihung oder 
Gesetz erhalten können. 
II. bie Grdensniebderlassungen 
Die gesetzlich zugelassenen O. und K werden 
für das staatliche Recht erst mit der Errichtung von 
Niederlassungen (N) existent; erst hiermit voll- 
zieht sich die tatsächliche Bildung eines O. oder 
einer K für den Staat. Unter N versteht aber das 
deutsche Staatskirchenrecht schon jede Vereinigung 
mehrerer, also auch schon zweier Mitglieder einer 
und derselben religiösen Genossenschaft behufs 
gemeinschaftlichen Lebens nach deren Regel und 
zur Ausübung der besonderen Zwecke der Ge- 
meinschaft, so daß unter diesen Begriff sowohl 
jedes „Kloster“, jede Station wie auch jede ört- 
liche N fällt, in der sich ein größerer Verband 
(Provinz, ganze Genossenschaft) kristallisiert, die 
sich als Mutter-, Provinzialhaus usw. zeigt (Hin- 
schius, Preuß. Kirchenrecht S 449, 9).
	        
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