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Schiffahrt (B. Schiffsbesatzung)
körperliche Züchtigung nicht anordnen (91). Bei
Widersetzlichkeit und beharrlichem Ungehorsam
kann er alle Mittel (auch körperliche Gewalt) an-
wenden, die erforderlich sind, um sich Gehorsam
zu verschaffen (91; auch nur in diesem Umfange
gegenüber Sch= Jungen Züchtigungsrecht, jedoch
GSt 33, 33: rechtsgeschäftliche Uebertragung
des elterlichen Züchtigungsrechts auf den Kapitän).
Der Kapitän darf die geeigneten Sicherheits-
maßregeln ergreifen und die Beteiligten nötigen-
falls während der Reise fesseln (91), von jedem
Sch Mann bei Aufrechterhaltung der Ordnung
und Abwendung oder Unterdrückung von Wider-
setzlichkeiten Beistand verlangen (91), im Aus-
lande in dringenden Fällen die Kommandanten
der ihm zugänglichen Sch der Kriegsmarine um
Beistand zur Aufrechterhaltung der Disziplin
angehen (91). Ungebührliches Betragen, Unge-
horsam und Widersetzlichkeit werden kriminell
bestraft (96—98, 100—106, 110, 121). — Der
Sch Gewalt entspringt auch die Rechtsstellung,
die der Kapitän hat, wenn Sch Leute strafbare
Handlungen begehen oder im Verdachte strafbarer
Handlungen stehen. Begeht ein Sch Mann auf
hoher See oder im Ausland ein Verbrechen oder
Vergehen, so hat der Kapitän unter Zuziehung
glaubhafter Personen alles Erforderliche aufzu-
zeichnen (126, 114 Nr. 13). Sind Sch Leute
strafbarer Handlungen verdächtig, so kann der
Kapitän ihre Sachen durchsuchen (127, 114 Nr. 13).
Begehen Sch Leute gewisse strafbare Handlungen
(insbesondere gewisse Eigentumsvergehen, oder
mit Zuchthaus oder Todesstrafe bedrohte Hand-
lungen), so kann (u. U. muß) er sie festnehmen
und unter Mitteilung der ausgenommenen Ver-
handlungen an die Behörde abliefern (127; vgl.
StGB 9). — Ueber die Obliegenheiten in Ge-
burts- und Sterbefällen Personenstand. —
Die Sch Gewalt bleibt dem Kapitän auch dann,
wenn ein Lotse (| das Sch führt (Wagner 349).
Doch muß der Kapitän den Anordnungen des
Zwangslotsen entsprechen.
III. Der Sch Gewalt des Kapitäns entspricht
seine Verantwortlichkeit gegenüber
der Schiffsmannschaft (teils privatrechtlich
teils öffentlich-rechtlich). Der Kapitän muß den
Sch Leuten den Schaden ersetzen, der ihnen da-
durch entsteht, daß er bei seinen Dienstverrich-
tungen sorglos ist (COGB 512). Vgl. unten § 8.
1. Wenn ein Sch O oder 3 Sch Leute sich beim
Seem A beschweren, daß das Sch nicht see-
tüchtig oder nicht gehörig verproviantiert
sei, so hat das Seem A eine Untersuchung
zu veranlassen, das Ergebnis in das Sch Tage-
buch einzutragen und zutreffendenfalls für Ab-
hilfe zu sorgen (SeemO 68; vgl. dazu 5
Abs 3). Kommt der Kapitän den Anordnungen
des SeemN nicht nach, so kann jeder Sch O oder
Sch Mann seine Entlassung fordern (58; Straf-
barkeit unbegründeter Beschw 108; Beschw über
ungenügende Seetüchtigkeit oder Verprovian-
tierung beim Kapitän 99, 107 Nr. 4, 114 Nr. 12).
— Hat der Sch Mann auch „unweigerlich“" Ge-
horsam zu leisten und zu jeder Zeit alle für
Sch und Ladung ihm übertragenen Arbeiten
zu verrichten (34), so darf doch der Kapitän
ihm nicht ohne Not (vgl. 9 41) Arbeiten auf-
tragen, zu denen er nach Gesetz und Vertrag
nicht verpflichtet ist (hanscß3 Hauptbl. 1903,
–. — — —— — — — — — — — — — — -
215: Anwendbarkeit des 8 847 BGB, Pappen-
heim 461).
Der Kapitän ist für gehörige Berproviantierung
des Sch und dafür verantwortlich, daß die Sch Speise und
Trank ausreichend und gehörig erhält (Strafe 112, 113 Nr. 3;
Entlassungsanspruch des Sch Manns # 74; Beschw beim
Seem A 58; beim Kapitän 18 90, 107 Nr 4, 114 Nr. 11;
Kürzung der Rationen oder sonstige Beköstigungsänderung
* 657, s. auch ## 54, 56). — Der Kapitän ist für gehörige
Mannschaftslogisverhältnisse verantwortlich (Strafe 113
Nr. 1, s. auch 55, 56 und Bek v. 2. 7. 05) und für gehörige
Wasch= und Baderäume, Aborte, Heilmittel (Strafe 113
Nr. 1, s. auch Seem O 56 und Bek v. 2. 7. 05 und 3. 7. 050. —
Der Kapitän macht sich strafbar, wenn er den Sch Mann un-
zulässig an Sonn. oder Feiertagen beschäftigt#e#es7,
38, 114 Nr. 6), wenn er ihm ohne wichtigen Grund den Ur-
laub verweigert (34, 37, 114 Nr. 5 u. 6), wenn er den Bor-
schriften über Auszahlung der Heuer und Heuervorschüsse
zuwiderhandelt (46, 48, 114 Nr. 7), wenn er nicht dafür sorgt,
daß der Sch Mann bei der Anheuerung einen Heuerschein er-
hält (27, 114 Nr. 2), eine gehörige Musterung stattfindet, die
Musterrolle an Bord ist (114 Nr. 3; Unwahrheiten vor der
Musterungsbehörde 114 Nr. 4), wenn er für die Sch Leute
kein Abrechnungsbuch anlegt und nicht auf Berlangen ein
Heuerbuch ihnen gibt und laufend erhält (49, 114 Nr. 8).
Er muß ihre Seefahrtsbücher verwahren (16) und das
Buch, wenn der Sch Mann unabwendbar verhindert ist, den
Dienst anzutreten, ihm oder dem Seem#ülbersenden (17.
Strafe 114 Nr. 10). — Der Kapitän hat Entlassungen,
disziplin. Anordnungen und Maßregeln und Beschwerden
der Sch Leute über ungebührliches Betragen von VBorge-
setzten oder über ungenügende Seetüchtigkeit oder Ber-
proviantierung des Sch in das Sch Tagebuch einzutragen
(70, 89, 92, 99; Strase 114 Nr. 12). Die Protokollierung
von Verbrechen und Vergehen (126), die Durchsuchung
bei Tatverdacht und die Festnahme und Ablieferung des
Täters (127) sind Verpflichtungen des Kapitäns, deren
Berletzung mit Strafe bedroht ist (114 Nr. 18).
2. Der Kapitän hat, wenn der Sch Nann krank
am Lande zurückgelassen werden muß,
für seine Sachen und das Heuerguthaben zu sorgen
(63; Strafe 114 Nr. 10). Stirbt der Sch Mann,
so hat der Kapitän für Mitnahme und Bestattung
zu sorgen (64; Strafe 114 Nr. 11); vgl. unten & 10.
Der Nachlaß ist vom Kapitän aufzuzeichnen, sorg-
fältig aufzubewahren, erforderlichenfalls zu ver-
steigern. Nachlaß, Aufzeichnung, Versteigerungs-
erlös, Heuerguthaben und Todesnachweis sind
dem nächsten Seem A oder mit dessen Genehmi-
gung dem Seem A des Ausreise= oder des Hei-
matshafens zu übergeben (65; Strafe 114 Nr. 10).
— Der Kapitän darf einen Sch Mann ohne seine
Zustimmung nicht außerhalb des Reichsgebiets
zurücklassen (83; Strafe 113 Nr. 4).
IV. Wenn der Kapitän seine Pflichten gegen
den Sch Mann schwer verletzt, kann dieser Ent-
lassung verlangen (74 Nr. 1). — Mißbrauch der
Disziplinargewalt wird bestraft (111); hierbei ist
unter Disziplinargewalt die allgemeine Befehls-
gewalt des Kapitäns zu verstehen (Rt 35, 32).
Der Sch Mann darf zwar den K. vor ausländi-
schen Gerichten weder straf= noch zivilrechtlich
belangen, wenn ein Gerichtsstand im Inlande
(6) begründet ist (Verlust der Heuer 124), kann
aber dafür in eiligen Fällen um vorläufige Ent-
scheidung des Seem A nachsuchen (129); der
Kapitän wird bestraft, wenn er dem Sch Mann
die Gelegenheit dazu versagt, und ebenso, wenn
er ihm die Gelegenheit versagt, einen Streit vor