Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

Schlachthäuser — Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
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macht worden. In Preußen kann nach dem 
Gv. 18. 3. 68 (GS 277) betr. die Errichtung 
öffentlicher ausschließlich zu benützender S. mit 
den Nov. v. 9. 3. 81 (GS 273) und 29. 5. 02 
(GS 132) in denjenigen Gemeinden, für die eine 
Gemeindeanstalt zum Schlachten von Vieh er- 
richtet ist, durch Gemeindebeschluß angeordnet 
werden, daß innerhalb des ganzen Gemeindebe- 
zirks oder eines Teils das Schlachten sämtlicher 
oder einzelner Gattungen von Vieh sowie einzelne 
damit unmittelbar zusammenhängende Verrich- 
tungen nur im öffentlichen S. vorgenommen 
werden dürfen, wobei vorbehalten werden kann, 
daß das Verbot auf Innungs-- und ähnliche Ge- 
nossenschafts S. sowie auf nichtgewerbsmäßiges 
Schlachten keine Anwendung findet. Den Eigen- 
tümern und Nutzungsberechtigten der Privat- 
schlächtereien ist für den ihnen erwachsenden 
Schaden Ersatz zu leisten. Vgl. auch das AG zum 
FleischbeschauG v. 28. 6. 02 und 26. 9. 04 (GS 
229 und 257). In Bayern können nach a 145 
At- 2 PolSt G für gewerbsmäßig schlachtende 
ersonen ortspolizeiliche Vorschriften über das 
Schlachten von Vieh außerhalb des öffentlichen S. 
erlassen werden. Ein Entschädigungsanspruch 
wird den Besitzern von Privatschlächtereien dort 
nicht zuerkannt. In Sachsen ist eine ähnliche 
Regelung wie in Preußen durch das G betr. die 
öffentlichen S. v. 11. 7. 76, in Württem- 
berg durch G v. 21. 8. 79 und a 29 Pol StG, 
in Baden durch & 87a PolSt GB und in 
Hessen durch §5 28 Vollz. V v. 22. 9. 00 (Reg Bl 
845) getroffen. In Elsaß-Lothringen 
hat gemäß a 2 der Ordonn. betr. die öffentlichen 
und gemeinsamen S. die Eröffnung eines jeden in 
gesetzlicher Weise errichteten öffentlichen und ge- 
meinschaftlichen S. von Rechts wegen die Unter- 
drückung der vorhandenen Privat S. zur Folge. i# 
Wegen der Kolonien cSchlachtvieh= und 
Fleischbeschau & 4. 
Küteratur: 7 Gewerbliche Anlagen. 
Nelken. 
Schlachtvieh= und Fleischbeschau 
3 1. Allgemeines. 1 2. Gesetzliche Grundlagen. # 3. 
Praktische Durchführung. 3 4. Schutzgebiete. 
F— Schlachtvieh- und Fleischbeschau; SFG — Schlacht- 
vieh= und Fleischbeschaugesetz v. 3. 6. 00.) 
& 1. Allgemeines. Bei der gesundheitspoli- 
zeilichen Beaufsichtigung des Verkehrs mit Le- 
bensmitteln kommt dem Fleisch eine besondere 
Beachtung zu, weil es in höherem Maße, als dies 
bei anderen Lebensmitteln der Fall ist, zur Quelle 
von Erkrankungen des Menschen werden kann. 
Diese Tatsache kann von der öffentlichen Gesund- 
heitsfürsorge um so weniger außer acht gelassen 
werden, als das Fleisch unter den Lebensmitteln 
eine der ersten Stellen einnimmt. Die Gefahren, 
die dem Menschen durch Fleischgenuß drohen, 
sind verschiedener Art. Die wichtigsten bestehen in 
der Uebertragung von tierischen Parasiten (z. B. 
  
—— — — — 
  
Trichinen und Finnen), von Erregern anstecken- 
der Krankheiten (z. B. Tuberkulose und Milz- 
brand) sowie von solchen Bakteriengiften (z. B. 
Wurstgift), die sich in an sich genußtauglichem 
Fleisch gesunder Tiere infolge unzweckmäßiger 
Behandlung oder Aufbewahrung bilden können. 
Ihrer Natur nach lassen sich diese Gefahren an 
der äußeren Beschaffenheit des Fleisches in den 
überwiegend meisten Fällen nicht erkennen, da 
gesundheitsschädliches Fleisch oft alle Merkmale 
des normalen Fleisches aufweist. Zuverlässige 
Anhaltspunkte für die Unterscheidung von un- 
schädlichem und schädlichem Fleisch können nur 
durch die Schlachtvieh= und Fleisch- 
beschau, d. h. eine Besichtigung der zum Ge- 
nuß für Menschen bestimmten Tiere und die 
Untersuchung sämtlicher Teile dieser Tiere nach 
der Schlachtung durch Sachverständige gewon- 
nen werden. 
Wenn auch der ausgesprochene Hauptzweck der 
SF ein hoy genischer ist, indem sie den 
Menschen vor Schädigungen seiner Gesundheit 
schützt, so tritt ihr Nutzen doch noch in anderer 
Richtung zutage. Für das Veterinär- 
wesen [J erweist sich die SF als eine segens- 
reiche Einrichtung, indem sie es ermöglicht, bei 
den Schlachtungen gewisse Tierkrankheiten fest- 
zustellen und wirksame Maßnahmen zur Verhü- 
tung ihrer Weiterverbreitung zu ergreifen. So 
ist es z. B. allein auf die SF zurückzuführen, daß 
die Finnenkrankheit der Schweine ganz bedeu- 
tend abgenommen hat und die Lungenseuche der 
Rinder ausgerottet ist. Auch auf wirtschaft- 
lichem Gedbiete ist die SF von großem Nutzen; 
sie vermag es zu verhüten, daß Fleisch von 
kranken Tieren, das an sich keineswegs gesund- 
heitsschädlich zu sein braucht, jedenfalls aber 
minderwertig ist, zum Preise vollwertiger Ware 
verkauft wird, wodurch sowohl der Käufer geschä- 
digt wird, als auch dem ehrlichen Viehzüchter 
und Fleischhändler ein unlauterer Wettbewerb 
erwächst. 
Die Erkenntnis, daß der Genuß des Fleisches kranker 
Tiere große Gefahren für die menschliche Gesundheit in sich 
birgt, hat schon die ältesten Kulturvölker dazu ge führt, Vor- 
schriften über die Fleischkost zu erlassen. Die Speise- und 
Opfergesetze der alten Aegypter und namentlich der Jsraeli- 
ten sind im wesentlichen auf hygienische Erwägungen zurück- 
zuführen und können als die Ansänge einer Fleischbeschau- 
angesehen werden. Im allen Rom waren zwei Aedilen mit 
der Beaussichtigung des Viehmarktes und der Fleischladen 
beauftragt; der Verkauf von Fleisch, das von den Behörden 
nicht besichtigt worden war, war verboten. Bemerkenswert 
ist auch, daß im alten Rom schon Schlachthäuser bestanden. 
In den deutschen Städten des Mittelalters war die SF für 
damalige Verhältnisse gut organisiert; zahlreiche Verord- 
nungen der Städte, später auch solche der Zentralbehörden 
sowie das Bestehen von Schlachthäusern in vielen Städten 
zeigen, daß man in Deutschland schon frühzeitig bemüht war, 
für gesundheitlich einwandfreie Fleischnahrung zu sorgen. 
Von einer SF im moderneren Sinne kann 
erst seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts ge- 
sprochen werden, als mit dem Aufblühen der 
Veterinärwissenschaft festgestellt wurde, daß man- 
ches für schädlich gehaltene Fleisch tatsächlich ge- 
sundheitlich einwandfrei sei, während früher das 
Fleisch kranker Tiere mit nur wenigen Ausnahmen 
für gesundheitsgefährlich angesehen wurde. Diese 
Erkenntnis zeitigte zwar zunächst einen Rückschlag 
  
 
	        
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