Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Orden (katholische) 
  
fehlt ihnen das praktisch wichtigste Recht, die Ver- 
mögensfähigkeit. Das in ihnen vorhandene Ver- 
mögen ist für das staatliche Recht nicht Vermögen 
der N als solcher, sondern steht entweder im Allein- 
oder im Miteigentum der einzelnen Mitglieder 
der 2, die ja nach heutigem bürgerlichen Recht 
rechts= und handlungsfähig und somit auch ver- 
mögensfähig sind. Für dieses Allein- oder Mit- 
eigentum bestehen keine Sondervorschriften, so daß 
hier die allgemeinen Normen des B# in Be- 
tracht kommen. Die Schwierigkeiten nun, welche 
das im Allein- oder Miteigentum stehende Kl Ver- 
mögen, soweit man es als solches bezeichnen kann, 
mit sich bringt, insbesondere die fehlende Unab- 
hängigkeit und Selbständigkeit in seiner Verwal- 
tung, hat zu der Frage gedrängt, ob für die nicht 
rechtsfähigen N, welchen der Weg zum Erwerb 
der Korporationsrechte versperrt ist, weil hierzu 
Gesetz oder landesherrliche Verleihung bezw. 
Verordnung erforderlich ist, eine andere Möglich- 
keit besteht, wenigstens in vermögensrechtlicher 
Beziehung eine der juristischen Person ähnliche 
Stellung zu erlangen. In Betracht kommt und 
ist auch praktisch versucht worden: Eintragung ins 
Vereinsregister, Gründung einer Aktien-Gesell- 
schaft, einer eingetragenen Genossenschaft und 
einer Gesellschaft m. b. H. In den Staaten, wo 
mit der staatlichen Genehmigung ipso iure auch 
die Korporationsrechte erworben werden, sind 
diese Auswege überflüssig. In denjenigen Staa- 
ten, in welchen O. und K nichts anderes als nur 
die Rechte einer juristischen Person des Privat- 
rechts erlangen können, steht dem nichts ent- 
gegen, außer in Lübeck, wo auch hierfür ein be- 
sonderes Gesetz erforderlich ist. Demnach handelt 
es sich nur um Preußen und Lübeck einerseits und 
Württemberg, Sachsen-Weimar, die beiden Lippe 
und eventuell Baden andererseits. Und gerade 
in Preußen ist die Frage praktisch geworden und 
hat im Anschluß an die Entsch des K G v. 28. 12. 03 
und 27. 6. 04 (Rechtspr. der OLG# 8, 164; 9, 271) 
und in Vhdl des Abgeordnetenhauses v. 20./24. 
2. 06 (St Ber 2, S 1933, 2230, 2240) die Litera- 
tur lebhaft beschäftigt. Zusammenfassend läßt 
sich sagen: Wenn in den eben genannten Staa- 
ten, welche den Erwerb der Korporationsrechte 
von einem besonderen Gesetz oder landesherrlicher 
Verleihung bezw. Verordnung abhängig machen, 
um wenigstens Vermögensfähigkeit zu erwerben, 
eine nicht rechtsfähige N als solche oder durch 
die Gesamtheit ihrer Mitglieder einen eingetr. 
Verein, eine eingetr. Genossenschaft, eine Aktien- 
esellschaft oder eine Gesellschaft m. b. H. gründet, 
b62 liegt darin eine Umgehung der landesgesetz- 
lichen Vorschriften, und ist darum eine solche 
Gründung, weil verboten, nichtig. Geschieht dies 
jedoch nur durch einzelne Mitglieder der N, so 
steht dem nach geltendem Rechte nichts im Wege, 
weil hier das neue Rechtssubiekt nicht identisch und 
darum wirtschaftlich nicht gleichwertig mit einem 
durch Verleihung der Korporationsrechte geschaffe- 
nen Rechtssubjekt ist (Giese 341). In den Staaten 
dagegen, wo die staatlich genehmigten N überhauvt 
nur auf privatrechtlichem Wege Rechtsfähigkeit 
erlangen können, dürfen auch die N als solche oder 
durch die Gesamtheit ihrer Mitglieder eines der 
genannten Mittel zum Erweib der Rechtsfähig- 
keit ergreifen. — Die Erwerbsbeschränkungen auf 
Grund der Amortisationsgesetze (CJhaben natürlich 
  
auch für den so gegründeten Verein, Gesellschaft, 
Genossenschaft, weil juristische Person, Geltun 
(Kahl, Errichtung von Handelsgesellschaften durch 
Religiose, 1900; Giese S 299 ff, 339 ff). 
6. Oeffentlich-rechtliche Stellung. Die rechts- 
fähigen N genießen Parteifähigkeit, 
die den nichtrechtsfähigen N wie den Gesellschaften 
grundsätzlich fehlt, doch sind diese nach § 50 Abs 2 
3PO passiv parteifähig. Die Prozeßfähig- 
keit kommt dagegen nach herrschender Ansicht 
sowohl den rechtsfähigen, wie den nichtrechts- 
fähigen N nicht zu, weil sich eine N nicht selbst 
urch Verträge verpflichten kann, sondern hierzu 
eines Vertreters bedarf (F§# 52, 51 8PO). Der 
gesetzliche Vertreter ist der Abt, Superior usw der 
N, der in seiner Vertretungsmacht durch die 
Satzung d. h. die O. Regel, das Statut beschränkt 
sein kann (vgl. Meurer, Die juristischen Personen 
S 197 ff, 175 ff). Strafrechtlich steht den 
klösterlichen R der Schutz des §+ 166 StGB zu, 
weil das O.Wesen eine Einrichtung der kath. 
Kirche ist. Auf dem Gebiete des Staats= und 
Verwaltungsrechtes kommen die Ver- 
hältnisse der N als Teile des kirchlichen Organis- 
mus, also hinsichtlich ihrer Organisation und 
kirchlichen Funktionen in Betracht. Der Staat 
widmet diesen Beziehungen besondere Aufmerk- 
samkeit auf Grund des Oberaussichtsrechtes über 
die Kirchen und deren Gliederverbände und Ein- 
richtungen. Infolgedessen erstreckt sich die Staats- 
aussicht auf Eintritt, Gelübde, Austritt (vgl. 
unten & 7 ff), Verfassung und Verwaltung, KlZucht 
und O.Tätigkeit. 
1. Am meisten hat sich hinsichtlich des O. Wesen 
das staatliche Aufsichtsrecht entwickelt oder richti- 
ger das frühere Staatskirchentum erhalten in 
Bayern. Seine gesetzliche Grundlage findet 
es in der Beilage II zur VuU (Religionsedikt) 
&# 76—78, wonach die „Errichtung geistlicher 
Gesellschaften und sonstiger Institute und die 
Bestimmung ihrer Gelübde“ zu den „Gegenstän- 
den gemischter Natur" gehören, bei welchen „von 
der Kirchengewalt ohne Mitwirkung der weltlichen 
Obrigkeit keine einseitigen Anordnungen gesche- 
hen dürfen“ und die Staatsgewalt die Befugnis 
habee, „nicht nur von allen Anordnungen über 
diese Gegenstände Einsicht zu nehmen, sondern 
auch durch eigene Verordnungen dabei alles 
dasjenige zu hindern, was dem öffentlichen Wohle 
nachteilig sein könnte“. 
  
a) Hinsichtlich der Verfassung werden 
die kirchenrechtlichen Bestimmungen dadurch mo- 
difiziert, daß die Exemtion der Kl von der bischöf- 
lichen Jurisdiktion grundsätzlich nicht anerkannt 
ist, sie vielmehr in Diszivlin und Kirchenordnung 
dem Bischof unterstellt sind, und diesem ein weit- 
gehendes Anordnungsrecht über alle rein kirch- 
lichen Gegenstände zugesprochen ist (AE v. 
18. 7. 1828; Min E v. 12. 12. und 20. 12. 34, 
3. 2. und 28. 11. 37 bei Weber 2, 407; 3, 2; 
2, 408 Anm. 4; 3, 219), während die O. Generale 
mit wenigen Ausnahmen kein VBisitationsrecht 
besitzen. Dagegen sind die K exemt vom Pfarr- 
zwang. Der amtliche Verkehr mit den klöster- 
lichen N erfolgt nicht unmittelbar, sondern regel- 
mäßig durch die Bischöfe als die oberhirtlichen 
Stellen (uvgl. Min E v. 4. 4. 43, 17. 2. 44, 3. 3. 4.), 
ebd. 3, S 488, 538, 575). 
bv) Die Wahl der Oberen vollzieht sich
	        
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