kommissar für Kamerun war von Anfang an der
Titel „Gouverneur“ beigelegt worden). Die Gou-
verneure sind dem NK und dem Reichskolonialamt
untergeordnet, wenngleich sie als höchste und lei-
tende Beamte der Schutzebiete, für deren ge-
deihliche Entwicklung sie in erster Linie die Ver-
antwortung tragen, eine verhältnismäßig selb-
ständige Stellung einnehmen. Nach außen hin
ist ihre Stellung u. a. dadurch besonders gehoben,
daß sie gewisse Ehrenrechte bezüglich des Saluts
der Kriegsschiffe und des Besuchsaustausches mit
deren Kommandanten genießen. (Vgl. ferner
wegen der Rangverhältnisse, insbesondere der
Führung des Prädikats „Exzellenz“ außerhalb
Europas den AE v. 7. 6. 00, KBl 665.) Die Gou-
verneure sind die oberste Instanz für die verschie-
denen Zweige der Zivilverwaltung in den
Schutzgebieten und Vorgesetzte aller Beamten
dort. Aehnlich wie dem RKK steht auch ihnen
ein weitgehendes Verordnungsrecht zulhier-
über oben § 4 Zlb sowie Kil. V v. 3. 6. 08
RG#ll 397). In ihren Händen liegt ferner die
oberste militärische Gewalt in den Schutz-
ebieten IJ Schutztruppe l. Zu ihrer Unterstützung
Send ihnen die nötigen juristischen und technischen
Beamten (die obersten mit der Amtsbezeichnung
„Referenten“) beigegeben.
Für Zwecke der örtlichen Verwal-
tung sind die Schutzgebiete in Bezirke ein-
geteilt, die ven Bezirksämtern dder, wo
die Verhältnisse noch nicht so weit fortgeschritten.
sind, daß die Organisation als eine abschließende
erachtet werden kann, von Stationen ge-
leitet werden. Einzelne kleinere Bezirke werden
in Südwest auch von Distriktsämtern
verwaltet, die zumeist (als „selbständige Distrikts-
ämter“) dem Gouvernement unmittelbar unter-
stehen, z. T. noch einem Bezirksamt untergeord-
net sind. Innerhalb der Bezirke sind
vielfach noch für abgelegene Teile, Inselgebiete
usw. Unterbehörden eingesetzt, die verschiedene
Bezeichnungen führen (in Ostafrika „Bezirks-
nebenstellen,“ in Kamerun „Posten“, in Togo
„Nebenstationen“; in NGuinea sind die „Re-
Lierungsstationen“ den Bezirksämtern unterstellt).
In gewissen Gebieten im Innern von Ostafrika,
Südwest und Kamerun, die der Kolonisation noch
nmicht erschlossen sind, ist eine eigentliche Verwal-
tung überhaupt noch nicht eingerichtet. Hier sind
sfogenannte Residen turen eingesetzt, deren
Aufgaben sich im wesentlichen darauf beschränken,
Die eingeborenen Häuptlinge oder Sultane (La-
midos in Adamaua) zu überwachen und im
Ddeutschen Sinne zu beeinflussen. Zum Teil sind
wegen des in den betreffenden Gebieten über-
wiegenden militärischen Interesses als Residenten.
und ebenso als Leiter von Stationen im Innern
der großen Schutzgebiete (sog. Militärsta-
Hionen) Offiziere der Schutztruppen bestellt.
III. Neben den Behörden der allgemeinen Ver-
waltung, welche gleichzeitig die Polizei wahr-
nehmen und deren Zuständigkeitsverhältnisse sich
im übrigen durch Einzelverordnungen oder Her-
kommen bestimmen, finden sich zahlreiche Son-
derbehörden für technische und für
ähnliche Verwaltungszweige (Zoll-,
Bau-, Berg-, Forst-, Eisenbahn-, Hafen= sowie
Vermessungswesen; s. hierüber die betr. Stich-
eworte) sowie öffentliche Anstalten mit oder ohne
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl.
Schutzgebiete (III. Verwaltung: Organisation)
—. — — —. —
401
behördlichen Charakter (landwirtschaftliche Ver-
suchsanstalten, Schulen, Krankenhäuser, tierärzt-
liche Institute u. dgl.).
Wegen der Mitwirkung von Gouverne-
mentsräten ufw. in der staatlichen Ver-
waltung der SchG sowie der Einrichtung von
kommunalen Verbänden in Südwest-
und Ostafrika K Selbstverwaltung B.
Wegen der Rechtsverhältnisse der Beamten
AKolonialbeamte.
Die Postverwaltung ist von der eigent-
lichen Sch GVerwaltung getrennt. Die Postämter
usw. sind nicht Kolonialbehörden, sondern Reichs-
behörden, die dem Reichspostamt unterstehen.
Ii[Post und Telegraphie C, oben S. 161.
Dazu Nikisch im Jahrbuch über die deutschen Kolonien
V, 1912, S. 221; Lathe ebenda VI, S. 143. (D. 5.)
IV. Polizeitruppen. Zur Unterstützung
der Verw Behörden sind in den afrikanischen
Schutzgebieten und in NGuinea Polizei-
truppen gebildet. Ihre Angehörigen gelten
nicht (wie diejenigen der Schutztruppen) als Mili-
tärpersonen, sondern als Beamte. Die PolTrup-
pen sind im übrigen nach militärischem Muster
organisiert und werden von Offizieren ausgebildet
und befehligt. Die Gemeinen und teilweise auch
die Unteroffiziere sind Farbige (uvgl. Vd. RK betr.
Ermächtigung der Gouverneure von Ostafrika,
Kamerun und Togo zum Erl. straf= und disziplinar-
rechtlicher Vorschriften für farbige Polizeimann-
schaften v. 5. 2. 12, K Bl 193). Nur in Südwest-
afrika, wo die PolTruppe die Bezeichnung
„Landespolizei“ führt und durch Kslt. V
v. 4. 10. 07 (RGBl 730) eine eigenartige Organi-
sation unter enger Anlehnung an diesjenige der
Schutztruppe erhalten hat, sind sämtliche Ange-
hörige Weiße. Die Angehörigen der PolTruppen
werden in entsprechender Zahl den örtlichen
VerwBehörden als Exekutivorgane zugeteilt. In
Samogo stellte die lediglich aus Eingeborenen be-
stehende „Fitafita“ eine den Pol Truppen ähn-
liche Einrichtung dar (J ferner Kiautschouj.
v. Hoffmann, Berwaltungs- und Gerichtsauffassung
d. d. SchG, 1908; Helfferich, Zur Reform der kolo-
nialen Verwaltungsorganisation, 1905; Hellmuth Kuhn,
Die deutschen SchG (Erwerb, Verwaltung, Gerichtsbar-
keit), 1913; Kennel, Rechtl. Stellung d. d. Kolonial-
gouverneure, Diss., Würzburg, 1908. — Rathgen, Be-
amtentum und Kolonialunterricht, 1908. (D. H.)
# 9. Materielles Verwaltungsrecht.
a) Allgemeines. Die Tätigkeit der
Verwaltung ist gerade in den SchE zum
großen Teil eine rein fürsorgende, da es
vor allem darauf ankommt, den Kolonialbesitz
wirtschaftlich zu erschließen und zu entwickeln.
Richtschnur und zugleich Schranke für diese Art
der behördlichen Betätigung bilden (soweit sie
nicht lediglich eine anregende und belehrende ist)
die Haushaltsetats, welche den Behör-
den die erforderlichen Mittel unter Abgrenzung
ihrer Verwendungszwecke zur Verfügung stellen,
sowie die für ihre Bewirtschaftung maßgebenden
gesetzlichen Vorschriften (UKolonialfinan-
zen] und die zu ihrer Ausführung erlassenen
Dienstanweisungen. Durch die gesetzliche Fest-
stellung des Etats der SchG (G v. 30. 3. 92,
RGBl 369) ist namentlich auch den gesetzgebenden
Körperschaften des Mutterlandes ein weitgehen-
der Einfluß auf die Verwaltung der Schutzgebiete
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