meinde, welche Benennung sie ihrem Gemeinde-
vorsteher geben und ob sie einen berufsmäßigen
oder einen im Ehrenamt tätigen Gemeindevor-
steher wählen will. Hinsichtlich der Zuständigkeit
und Geschäftsführung des Gemeinderats sind bis
zur denkbar äußersten Grenze Vereinfachungen
des Geschäftsganges vorgesehen worden.
Die Gemeinden haben das Recht, die Gemeinde-
angehörigen zu Abgaben heranzuziehen. Eine
Gefahr für mißbräuchliche Anwendung besteht
nicht, da die Aufsichtsbehörde in dem
Genehmigungsrecht für die Ortsgesetze ein Kor-
rektiv in der Hand haben würde. Das staatliche
Aufsichtsrecht ist nur soweit ausgedehnt, als es
unbedingt die Staatsrücksichten erfordern. Die
Aufsicht übt an sich der Gouverneur; er kann die
Ausführung der Aufsicht den Bezirks= und Di-
striktsämtern übertragen.
2. Alle Gemeinden und die außerhalb der Ge-
meinden gelegenen Wohnplätze der selbständigen
VerwBezirke werden zusammengeschlossen zu
einem das Gebiet des betreffenden Amtes um-
fassenden Bezirksverband. Dieser Be-
zirksverband ist nach seiner rechtlichen Natur ein
Kommunalverband wie die Gemeinden, aber
sein tatsächlicher Aufgabenkreis ist enger gezogen.
Angelegenheiten des Bezirksverbandes sind Bau
und Unterhaltung öffentlicher Wege, Plätze,
Wasserläufe und Brücken innerhalb des Bezirkes,
soweit diese Anlagen nicht Gemeindesache sind,
Einrichtung und Unterhaltung öffentlicher Wasser-
versorgungsanlagen im gleichen Umfange und die
Pflege und Förderung einzelner, gesetzlich ge-
nannter Gebiete der öffentlichen Wohlfahrt des
Bezirks. Bei Erledigung dieser Angelegenheiten
ist der Bezirksverband genau so selbständig wie der
Gemeindeverband. Die Rechte und Pflichten des
Bezirksverbandes nimmt der Bezirksamtmann
oder Distriktschef wahr, aber es steht ihm hierbei
ein Bezirksrat mit dem Recht der Be-
schlußfassung zur Seite. Der Bezirksrat besteht
unter dem Vorsitz des leitenden Bezirksbeamten
aus mindestens vier Bezirksangehörigen und ist
entscheidendes Organ bei Festsetzung der Mit-
tel zur Erfüllung der Bezirksverbandsangelegen-
heiten, bei Beschlußfassung über Leistungen, die
dem Bezirksverband obliegen, bei Festsetzung des
Haushaltplaus und bei Entlastung der Rechnung
für den Bezirksverband. Die Mitglieder des Be-
zirksrates werden von den Angehörigen des Be-
zirksverbandes zum Teil von den Gemeinden, zum
Teil von den außerhalb der Gemeinden stehen-
den Bezirksangehörigen gewählt. Die Wahl
der Vertreter der Gemeinden geschieht durch den
Gemeinderat, die der übrigen Vertreter unmittelbar
durch die außerhalb der Gemeindeverbände stehen-
den Bezirksangehörigen. Wahlrecht und Wählbar-
keit sind genau so gestaltet, wie in den Gemeinden.
Der Bezirksrat ist als solcher über den Auf-
gabenkreis des Verbandes hinaus an der Gesamt-
verwaltung des Bezirkes beteiligt, und die Mit-
glieder des Bezirksrates sind als Einzelpersonen
mit Erledigung auch von anderen Verw Geschäften
als denen des Verbandes unmittelbar betraut
worden. Eine besondere Bedeutung erhält der
Bezirksrat dadurch, daß er der Wahlkörper für
den Landesrat ist.
3. Der Landesrat seellt sich als eine Wei-
terführung der im Gonvernementsrat (oben §& 1)
Selbstverwaltung (B. Deutsch-Südwestafrika)
—. — ———
enthalten gewesenen Anfänge dar. Die Weiter-
bildung erstreckt sich auf die Konstruktion,
auf die Zuständigkeit und auf die Geschäftsfüh-
rung der Vertretungskörperschaft. Die Vertre-
tung der Bevölkerung ist auf eine breitere
Grundlage gestellt und wird nicht mehr allein
durch Ernennung des Gouverneurs, son-
dern durch Wahlen geschaffen. Wahl-
körper sind die Bezirksräte. In der Zusammen-
setzung der Bezirksräte spiegelt sich die wirtschaft-
liche Eigenart des Bezirkes wieder. Jeder Bezirk
soll einen Vertreter zum Landesrat wählen.
Neben diesen gewählten Vertretern hat der Gou-
verneur das Recht, bis zur gleichen Anzahl seiner-
seits Vertreter in den Landesrat zu entsenden.
Der Gouverneur selbst oder der von ihm beauf-
tragte Beamte ist Vorsitzender des Landesrats.
Wählbar zum Landesrat ist jeder Deutsche, der
das 30. Lebensjahr zurückgelegt hat und minde-
stens zwei Jahre mit Grundeigentum im Schutz-
gebiete angesessen ist, oder seit zwei Jahren einen
selbständigen Beruf im Schutzgebiete ausübt. Die
Ernennung durch den Gouverneur ist an keine
Voraussetzung gebunden. Der Landesrat dient
zur Unterstützung des Gouverneurs bei Wahr-
nehmung der Interessen des Schutzgebietes. Er
hat das Recht, eigene Anträge dem Gou-
verneur zu unterbreiten (was dem Gouverne-
mentsrate formell fehltec). Die jährlichen
Haushaltsplanvorschläge und alle
vom Gouverneur zu erlassenden oder vorzu-
schlagenden Verordnungen allgemeiner
Natur sind ihm vorher zur Beratung vor-
zulegen. Der Landesrat ist also konsultative Kör-
perschaft für alle wesentlichen Maßnahmen der
Schutzgebietsverwaltung. Ueberdies ist der Lan-
desrat zum beschlußfassenden Organ
gemacht worden für alle die Gegenstände, die ihm
durch den RK zur Beschlußfassung überwiesen
werden. Die Geschäftsführung des Landesrats
wird durch eine Geschäftsordnung geregelt. Ge-
schäftsordnungsmäßig kann der Landesrat die
Oeffentlichkeit seiner Verhandlungen beschränkt
oder unbeschränkt einführen. Der Landesrat ist
erstmals im April 1910 zusammengetreten und
seitdem regelmäßig jedes Jahr. Seine Befug-
nisse sind durch Vog des RK v. 26. 6. 13 wesentlich
insofern erweitert worden, als er zum mitbeschlie-
ßenden Organ gemacht wurde in Fragen der
Seuchenbekämpfung, des Wege= und Wasser-
rechts, des Jagdrechts, der Förderung der Farm-
wirtschaft und Viehzucht und auf dem Gebiete
des Arbeiterwesens der Eingeborenen.
3. Ostafrika war das erste Schutzgebiet, in dem
sich Anfänge zu kommunaler Verwaltung zeigten.
I. Durch V des RK v. 29. 3. 01 (KBl 217)
wurden die Wohnplätze sämtlicher Bezirksämter
zu einem das Gebiet des betreffenden Amtes
umfassenden kommunalen Verbande vereinigt.
Im Laufe der folgenden Jahre traten zu diesen ursprüng-
lichen Berbänden noch mehrere andere hinzu (KBl
1903, 105; 1904, 116; 1905, 261; 1007, 281), so daß schließlich
die 14 Verbände Daressalam, Tanga, Pangani, Wilhelmstal,
Moschi, Bagamoyo, Morogoro (Kilossa), Rufidil, Kilwa,
Lindi, Songea, Langenburg, Tabora und Muansa bestanden.
Eine gesetzliche Umgrenzung der Aufgaben bieser
Kommunalkörper gab es zunächst nicht; verschiedene Gouv.=
Verfügungen suchten zu regeln, bis eine RK B v. 17. 9. 06
(KBl 669) grundlegende Normen aufstellte. Die Mittel