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Spielkartenstempel
temberg. Zuständig zur Genehmigungserteilung
ist je nach der Höhe das Bezirksamt, der Landes-
kommissar und der Min Inn. Besonderheiten
gelten nur für die Ausspielung beweglicher Sachen
durch Kegeln oder andere Uebungsspiele, wobei
es auf körperliche Gewandtheit oder Geschicklich-
keit ankommt. Diese bedürfen nur, wenn sie
mehrere Tage dauern oder Preise von mehr als
200 Mk ausgesetzt sind, der Anzeige an das Be-
zirksamt, das sie aus allgemeinen polizeilichen
Gründen verbieten kann (Näheres bes. für das
Preiskegeln vgl. Erl des Min Inn v. 20. 8. 88).
6. In Hesfen verbietet a 236 PolSt GB
v. 30. 10. 55 in der Fassung des G v. 10. 10. 71
das Teilnehmen an einem „Hazardspiel“ sowie das
Dulden solcher Spiele in öffentlichen Lokalen.
Das zum Spiel Ausgesetzte unterliegt der Konfis-
kation. Die zur Ausspielung beweglicher Sachen
erforderliche Erlaubnis ist außer zu mildtätigen
Zwecken nur — eine Reminiszzenz polizeistaatlicher
Versuche, Ziele sozialer Fürsorge zu erfüllen —
zur Verhütung des Bettelns dürftigen, zuverlässi-
en Personen zu erteilen nach Prüfung des Ver-
ksungsplanes für selbstgefertigte, auf andere
Weise nicht leicht zu verwertende Gegenstände
(MinA v. 29. 7. 90). Die Verlosung soll polizeilich
beaufsichtigt, die Verabfolgung der Gewinne ge-
sichert werden. Der Erlaubnis bedarf auch die
öffentliche Veranstaltung von Stoßkegelspiel,
Kugelspiel, Stegwerfen und der sog. Tellerspiele.
Doch soll bei Messen, Jahrmärkten u. dgl. die
Erlaubnis grundsätzlich versagt werden (Bek v.
22. 2. 1819; Min Av, 4. 6. 61, 12. 9. 68, 16. 2.72
und 4. 12. 83).
7. In Elsaß-Lothringen ist die Aus-
spielung geringwertiger Gegenstände auf Jahr-
märkten und bei Gelegenheit von Volksbelusti-
ungen geregelt durch Min V v. 7. 6. 85 (Al 123).
ür den Totalisatorbetrieb bei öffentlichen Pferde-
rennen ist Erlaubnis des Bezirkspräsidenten er-
forderlich (Min V v. 14. 5. 06).
Kiteratur: H. M. Schuster, das Spiel, seine
Entwicklung und Bedeutung im deutschen Rechte, 1878;
Majert, Spiel und Glücksspiel, Diss., Heidelberg 1904;
HSirschfeld, Wettrennen und Rennwetten, Diss., Er.
langen, 1899; Pfänder, die Rennwette, 1905;
Kriegsmann, das Glücksspiel (Valde. Darstell. d. deut-
schen u. ausl. Strafrechts, besond. Teil VI) 1907 S 375 f.
Wolzendorff.
Spielkartenstempel
4 1. Allgemeines (Geschichte). # 2. Reichsrecht.
& 1. Allgemeines (Geschichtliches).
I. Der SpSt, die Spielkartensteuer, ist eine
Auflage auf den Verbrauch von Spielkarten.
Vielfach wird diese Auflage, wenigstens dort,
wo die versteuerten Karten zum Nachweis der
Entrichtung der Abgabe mit einem Stempel-
abdruck versehen werden und wo deshalb die Be-
zeichnung „Spielkartenstempel“ gebräuchlich ist,
wie zumeist die sonstigen Stempelabgaben
Stempelsteuer] unter die Verkehrssteuern
eingereiht; sie ist jedoch richtiger als Ver-
brauchssteuer anzusehen; denn der Ge-
brauch bezw. Verbrauch von Spielkarten, nicht
ein Vorgang im Verkehrsleben, bildet die Grund-
lage der Besteuerung. Da der durch die Auflage
betroffene Verbrauchsgegenstand ein leicht ent-
behrlicher ist und die Steuer außerdem, in einer
gewissen Höhe veranlagt, wünschenswerte poli-
zeiliche Zwecke, die Einschränkung des Spiels, er-
füllen kann, ist sie an sich den empfehlenswertesten
Verbrauchssteuern zuzurechnen. Anderseits aber
würde eine hohe Auflage zu der hier leichter als
bei den sonstigen Verbrauchssteuern möglichen
Hinterziehung reizen, auch zu größerer Ausnutzung
der versteuerten Karten Anlaß geben, so daß die
Abgabe nicht zu hoch gegriffen werden darf, ihre fi-
nanzielle Bedeutung also nicht erheblich werden
kann. Die Form, in der die Abgabe erhoben wird,
ist sehr verschieden, meist durch Kontrolle der
Fabrikation und Einfuhrzoll oder Einfuhrverbot.
Spielkartensteuern finden sich schon seit Ausgang
des 16. Jahrhunderts (Frankreich 1581, zunächst
nur als Ausfuhrabgabe, seit 1583 auch auf den
inneren Verbrauch); sie bestehen gegenwärtig
fast allgemein. «
II. Nach den früheren Zollvereinigungsver-
trägen (v. 22. 3. 33 a 7, 9 usw.) waren Spiel-
karten von dem freien Verkehr unter den Vereins-
staaten ausgeschlossen; im Schluß Prot Nr. 5
zum Vt v. 4. 4. 53 wurde den Staaten, in denen
Verbote und Beschränkungen nicht bestanden,
freigestellt, solche zu erlassen. Der Vt v. 16. 5. 65
hielt diese Verbote und Beschränkungen in a 7
und 9 aufrecht. In dem Vt v. 8. 7. 67 wurde
endlich das Verbot und die Ausnahme vom freien
Verkehr fortgelassen und im Schlußprotokoll be-
stimmt, daß der Wegfall des Verbots die Erhe-
bung einer Stempelabgabe von den aus andern
Vereinsstaaten oder dem Vereinsausland ein-
gehenden Karten seitens der Regierungen nicht
ausschließe und daß bei dem Uebergang in Staa-
ten, in denen solche bestehen, die Uebergangs-
scheinkontrolle stattfinde.
In Preußen war die Fabrikation der Spiel-
karten Monopol. Durch V v. 16. 6. 38 (GS 370)
wurde dieses Monopol aufgehoben; zugleich
wurden besondere Kontrollen für die Fabriken
bezüglich der zu erhebenden Stempelabgabe an-
geordnet. Die Abgabe von Spielkarten war hier-
nach durch den Zollvereinigungs Vt v. 8. 7. 67
als Landesabgabe anerkannt. Sie bestand in
sämtlichen Bundesstaaten — mit Ausnahme von
Baden, Mecklenburg-Strelitz, Lübeck und Elsaß-
Lothringen. .
§2.GelteudedRecht.DurchdasRGbetr.
dcnSpStv.3.7.78(RGVl133)wurdemit
Wirkung v. 1. 1. 79 ab die Spielkartensteuer als
eine in die Reichskasse fließende Steuer für das
ganze Reich einheitlich geregelt. Die Ein-
führung der Reichsabgabe stellte sich sonach für
den weit überwiegenden Teil des Bundesgebiets
nicht als eine neue Steuer, sondern als die Ueber-
tragung einer bestehenden Landessteuer auf das
Reich dar.
1. Als „Spielkarten“ im Sinne dieses Reichs-
gesetzes sind zufolge Beschl des BR v. 5. 7. 82
(R3l 342) „solche Karten anzusehen, mit wel-
chen irgend eines der gewöhnlichen Kartenspiele
gespielt werden kann“. Hiernach wurden durch